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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rose, Walther: Der Topfhelm von Stein in Krain
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0146

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122

WALTHER ROSE: DER TOPFHELM VON STEIN IN KRAIN

BAND 9

DER TOPFHELM VON STEIN IN KRAIN
VON WALTHER ROSE

In dem interessanten Aufsatze über den Topfhelm
von Küßnach im Schweizerischen Landesmuseum in
Zürich (Z.H.W.K. 9, 22) kommt Dr. Geßler zu
dem Resultat, daß außer diesem, nach dem beiges
brachten Geschichtsmaterial dem zweiten Viertel des
14. Jahrhunderts zuzuschreibenden Stücke, andere
sicher authentische Topfhelme, die durch ihre Kon»
struktion als wirkliche Kriegswaffen erwiesen werden
und die dem von Küßnach entsprächen — die söge*
nannten Prunk« und Grabhelme dieser Art scheiden
somit aus1) — vor der zweiten Hälfte des 14. Jahr*
hunderts nirgends bekannt seien. Von den sonst
noch erhaltenen echten Kriegshelmen aber, die
frühestens in den Beginn des dritten Viertels des
14. Jahrhunderts zu setzen wären, kamen ent*
sprechend der Darstellung von Sir Guy Francis
Laking2) nur fünf Exemplare in Betracht, nämlich
die Helme des Prinzen Eduard von Wales, des
„Schwarzen Prinzen“, gest. 1376, und des Sir Richard
Pembridge, gest. 1375, ferner der in der 1399 zer*
störten Burg Tannenberg ausgegrabene und der in
der Traun bei Linz gefundene Topfhelm, beide der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angehörig, sowie
endlich der bekannte Pranckher*Helm vom dritten
Viertel des 14. Jahrhunderts.
Im Anschluß an diese Ausführungen kann die
Zahl der nachgewiesenen echten Kriegshelme noch
durch das Exemplar der Sammlung Sr. Exzellenz des
Grafen Hans Wilczek in Burg Kreuzenstein (Nieder*
’) Zu diesen von Dr. G eß 1 e r a. a. O. S. 26 Anm. 6 genannten
Prunk* und Grabhelmen gehört auch das wohlerhaltene Exem*
plar der ehemaligen Sammlung des Grafen Alfred Szirmay, ver*
öffentlicht in dem Werke von Dr. Johann v. Szendrei: „Un*
garische kriegsgeschichtliche Denkmäler in der Milleniums*
Landesausstellung“ (Budapest 1896, S. 253), sowie zu Nr. 34 des
späteren AuktionskatalogesdieserSamm lung bei E.HirschlerACo.
in Wien, vom 23. April 1901.
Ebenso ist hiezu auch der sehr ähnliche, aus sechs schmiede*
eisernen Platten zusammengesetzte große Topfhelm im Berliner
Zeughause zu zählen. (Früherer Führer durch die Ruhmeshalle
und die Sammlungen, 1900, 1903, 1910, Helmgestell Nr. 16.
Abgebildet Z. H.W. K. 5, 35 zum Aufsatz von Dr. Fortunat
v. Schubert*Soldern: „Der mittelalterliche Helm und seine
Entwicklung“).
Für den Charakter dieser beiden Stücke als Zeremonialhelme
spricht insbesondere auch das Fehlen des bei einem jeden echten
Kriegshelm vorhandenen kleinen kreuzförmigen Loches am
Unterrande, zum Durchziehen des Knebels der Befestigungs*
kette, da die bei beiden Helmen in der Mitte der rechten bezw.
linken Vorderwand angebrachte große kreuzförmige Durch*

Österreich) vervollständigt werden, das bereits in
Z.H.W.K. 6, 44, jedoch ohne nähere Beschreibung,
zur Abbildung gelangt ist. Die hier erneut beige*
gebenen zwei Abbildungen dieses Stückes in ver«
größertem Maßstabe lassen die Details der Vorder*
und Seitenwände deutlich erkennen.
Dieser Helm wurde 1911 zu Stein in Krain ge*
funden und noch in demselben Jahre von Sr. Exz.
Herrn Grafen Wilczek für seine berühmte Sammlung
in Kreuzenstein erworben. Wenn auch, was die histo*
rische Provenienz des Stückes, insbesondere die Zu*
Schreibung desselben an eine bestimmte Persönlich*
keit betrifft, die eingehendsten archivalischen For*
schungen bis jetzt noch zu keinem sicheren Resultat
geführt haben,3) so läßt doch die nicht allzuweit ent*
fernte Lage des Fundortes von Cilli in Steiermark
die Vermutung nicht ungerechtfertigt erscheinen, daß
die im 14. Jahrhundert durch ihre zahlreichen kriege*
rischen Taten bekannten Grafen von Cilli ihre Fehden
auch bis in die nähere Umgebung von Stein aus*
gedehnt haben dürften, und daß bei einer solchen
Gelegenheit diese nur einem Vornehmen zugehörige
ritterliche Kopfbedeckung verloren gegangen ist.
Da es sich im vorliegenden Falle um einen Fund
im fließenden Wasser handelt, so erklärt sich trotz
des durch starken Rost mehr oder minder angegriffenen
Eisens der immerhin noch gute Erhaltungszustand,
was bei einem Funde in stehendem Gewässer und
der damit stets verbundenen größeren Zersetzung
brechung in ihrer dekorativen Stilisierung zu diesem Zwecke
völlig ungeeignet ist, und daher im Verein mit den dieser Deko*
ration beigegebenen kleinen runden Löchern lediglich als Luft*
geber in Betracht kommen könnte.
Die Verwendung derartiger Zeremonialstücke als Funeral*
helme bei Begräbnissen zeigt u. a. eine, allerdings erst von 1441
stammende Abbildung des Codex 998 der Bibliothek des Ger*
manischen Museums. Hier wird die von zwei Dienern auf den
Schultern getragene Bahre des verstorbenen Herrn von einem
Stechhelme mit Zimier, zwei gekreuzte Bärentatzen darstellend,
gekrönt (siehe Demmin: Die Kriegswaffen, 4. Aufl. Leipzig 1893;
Abbildung S. 498).
2) A Record of European Armour and Arms through seven
Centuries, by Sir Guy Francis Laking, Bert. C. B., M.V. O.,
F. S. A. Late Keeper ofthe Kings Armoury, with an introduction
by the Baron de Cosson, F. S. A. Vol. I. London, Bell and Sons.
Ltd. 1920.
8) Nach der überaus liebenswürdigen Auskunftdes Archivars
Sr. Exz. des Grafen Wilczek, Herrn Dr. Goldmann in Wien,
dem für seine große Mühewaltung hiermit der verbindlichste
Dank ausgedrückt sei.
 
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