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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 2
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Doege, Heinrich: Die Freiherrl. von Lipperheide'sche Kostümbibliothek
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Zu den Tafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0089

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HEFT 2

ZU DEN TAFELN

71

herab. Namentlich die ältesten, künstlerisch noch
so hochstehenden Modenzeitschriften, das Entzücken
der Sammler — ich nenne nur die bekanntesten: das
Magasin des modes, die Gallery of fashion, das
Journal des dames et des modes, das Pariser sowohl
wie das Frankfurter, das Repository of arts, die Wiener
Zeitschrift, Les Modes mit den entzückenden Kupfern
eines Gavarni und viele andere — sie alle besitzt
die Bibliothek in vollständigen oder nur wenig lücken*
haften Reihen. Eine Ergänzung zu den Modenzeit*
Schriften des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts
bilden die zierlichen Almanache und Kalender. Denn
auch sie bringen vielfach die neuesten Moden, so
der Gothaische Hofkalender, der Göttinger Taschen*
kalender und andere in sauber gestochenen Kupfern
von Chodowieckis Hand. Von ihnen besitzt die
Sammlung fast 1000 Bändchen.
Bücher, Almanache und Zeitschriften verzeichnet
ein ausführlicher beschreibender, reich illustrierter
Katalog in zwei Bänden, der vom Begründer
der Sammlung nur in kleiner Auflage hergestellt
und zumeist verschenkt, in den wenigen seiner*
zeit in den Handel gekommenen Exemplaren
längst vergriffen und von Sammlern sehr geschätzt
und begehrt ist.
Den in seinem großen Umfang und seinerVielseitig*
keit kurz geschilderten reichen Schatz von Büchern
und Zeitschriften ergänzt eine Sammlung von vielen
Tausenden von Einzelblättern: Holzschnitte, Kupfer*
stiche, Steindrucke, Handzeichnungen, meist ko*
stümlich interessante Bildnisse, aber auch zahl*
reiche, kulturgeschichtlich wertvolle Darstellungen,
entsprechend den oben aufgeführten Abteilungen

der Bibliothek. Hier war es der jetzigen Verwaltung —
leichter als bei den reichen Beständen der Bücher —
noch vielfach möglich, das vorhandene Studien*
material systematisch zu ergänzen und zu vergrößern,
namentlich durch photographische Aufnahmen nach
Bildnissen, Bildwerken und anderem, die vor
40 und 50 Jahren, als Herr von Lipperheide
sammelte, noch nicht in dem reichen Maße vor*
lagen. Die modernen Reproduktionsverfahren boten
dabei den alten Techniken gegenüber vielfach
den für die Trachtenforschung unschätzbaren Vor-
zug der Farbigkeit.
In der koloristischen Ergänzung zu dem in den
Büchern, Stichen usw. vorhandenen Studienmaterial
liegt auch der Hauptwert der zu der Sammlung ge*
hörigen mehr als 300 Ölgemälde und ebenso vielen
Miniaturen. Es sind zumeist Bildnisse des 16., 17.,
18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, nicht Werke
der großen und berühmten Bildnismaler, denen über
der darzustellenden Persönlichkeit Kostümtreue meist
wenig gilt, sondern die gewissenhaften, bis in die
Einzelheiten des Kostüms getreuen Bilder jener meist
namenlosen, handwerksmäßig tüchtigen Berufspor*
trätisten, wie sie bis zur Erfindung der Photographie
in den wohlhabenden Kreisen tätig waren. Aber ge*
rade für die Zwecke der Kostümkunde sind diese
in den Einzelheiten meist so getreuen Bildnisse
mittlerer Qualität ein willkommenes Studienmaterial.
So, wie sie sind, fügen sich diese Bildnisse trefflich
der ganzen Sammlung ein, durch die sich ihr Be*
gründer und Stifter ein bleibendes Denkmal gesetzt
und den Dank aller an der Trachtenkunde inter*
essierten Kreise für alle Zeiten gesichert hat.

ZU DEN TAFELN

I. MEISTERWERKE DER WAFFENSCHMIEDEKUNST
Tafel II
A) Venezianisches Prunkschwert. Um 1510—1520.
Griff aus Eisen, graviert und vergoldet, der Knauf in der bei den
Ohrendolchen (daga alla stradiotta) üblichen Form, das Gehilze
aus Horn, die Schienen mit Silberfiligran belegt. Die dach*
förmige Klinge trägt an ihrem oberen Teil eine vergoldete Gra*
vierung: allegorische Gestalten in architektonischer Umgebung,
im Stil der Gravierungen der Ochsenzungen (Cinquedeas); sie
zeigt noch die ursprüngliche Politur. Die Dekoration beweist
den orientalischen Einschlag in der ornamentalen Formgebung
der venezianischen Hochrenaissance.
(Früher in der Sammlung Louis Carrand, seit 1894 mit der
Sammlung C. Reßman im R. Museo Nazionale Bargello [Palazzo
del Potesta] zu Florenz)

B) Französisches Prunkschwert. Um 1550. Griff aus
Eisen geätzt und vergoldet, auf der Parierstange und dem Dau*
menring die Inschrift: POVR NOTRE: BON : AMY: NICO*
L AVS: DE CO VILLE. Auf der leichtgekrümmten Klinge
Ätzungen: rechts Judith mit dem Haupte des Holofernes,
links kriegerische Szenen, Auszug aus einer Stadt, Lagerleben
und Ähnliches, an der Spitze, in zwei Streifen, ornamentale
Ranken und Hunde auf der Jagd nach einem Eber. Der Grund
der Ätzungen ist vergoldet. Geschenk König Heinrichs II. von
Frankreich (1547—1559) an seinen Hofnarren Nicolas de Coville.
Zu dem Schwerte ist die Scheide erhalten, deren Beschläge das
Wappen des Königs, die drei Halbmonde, und die Lilie von
Frankreich zeigt.
(Florenz, R. Museo Nazionale, Sammlung Reßman)
 
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