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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Bruhn, Wolfgang: Kopf und Hut: Ausstellung der Lipperheideschen Kostümbibliothek
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Zu den Tafeln
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0204

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174

ZU DEN TAFELN - FACHNOTIZEN

BAND 9

Eine besondere abschließende Abteilung bilden die volkstüm*
liehen Kopftrachten von Europa einerseits und Osteuropa und
Asien andrerseits. Ich erwähne kurz Bantzer, Bartels, Bieler, Oluf
Braren, C. L. Jessen, Knaus, Leibi, Strobentz, Zorn, Zuloaga.11)
Unser Gang durch die Ausstellung „Kopf und Hut“ ist
beendet Ich konnte notwendig aus dem großen Material nur

einiges besonders Charakteristische herausgreifen, ebenso wie
die Ausstellung selbst keinen Anspruch auf absolute Volk
ständigkeit macht. Aber der Anregungen für Laien und Kenner
gibt sie die Fülle und zeigt überhaupt, welche überragende
Rolle gerade die Kopftracht in der allgemeinen Kostüm*
geschichte spielt.

ZU DEN TAFELN

I. MEISTERWERKE DER WAFFENSCHMIEDE KUNST.
Tafel V.
a) Armbrust. (Halbe Rüstung) des Kurfürst Johann
Friedrich des Großmütigen von Sachsen. — Die Säule
oben, unten und an den Leisten der Seiten mit Platten von
graviertem Bein belegt, an den Langseiten rechts und links
Einlagen von graviertem Bein. Darstellungen: Links Jagd auf Bär,
Eber, Hirsch, Vogelwild, Falkenjagd, Jäger zu Fuß und zu
Pferd in Zeittracht, lebhaft bewegt. Rechts Orpheus nackt und
bärtig, die Kniegeige spielend, sitzt im Wald unter einem Baum,
um ihn die Tiere, darunter auch Einhorn, Drache und ein
Äffchen, auf einem Esel reitend, das Spiel des Meisters nach*
ahmend. Oben, zwischen Ranken, die pilasterartig aufsteigen,
wie auf Entwürfen Aldegrevers, weibliche Gestalten in Nischen,
Musik und Glaube; auf der Unterseite wieder Jagdszenen, der
hl. Sebastian (unter der Bolzenklammer), Kupido und Venus.
Alles in der Art der Kleinmeister, das Figürliche etwa H. S.
Behams, (S. A. Brinckmann, Die praktische Bedeutung der Orna*
mentstichefürdie deutsche Frührenaissance, S. 41). Eiserner Stift,
umklappbares Flugvisier. Abzugsbügel und Bogen reich geätzt,
letzterer oben mit moresken Ranken, unten mit einer Kompo*
sition in Friesform, das Leichenschießen (Gesta Roman. Cap. 45)
und Auszug Gewappneter ins Feld.
Von einem in Weimar 1813 plündernden Franzosen wurde
das Stück mit einer Winde, die den Namen Johann Friedrichs
trägt, nach Leipzig verkauft, wo es Maximilian Freiherr Speck
von Sternburg, der Gründer der Sammlung in Lützschena, er*
warb, der es 1832 dem Histor. Museum in Dresden schenkte.
Ausgezeichnete Arbeit, von lebendigstem Formgefühl und vor*
züglicher Erhaltung. Um 1540.
(Dresden, Histor. Museum.)
b) Armbrust (Ha 1 be Rüstung). Die Säule bis auf den
Teil der Oberseite über der Nuß ganz mit geätztem Eisen be*
legt: in lockeren Ranken Jagdszenen, Vögel. Auf der Backe
eine besondere Platte mit der stehenden Figur eines Gehar*
nischten, der sich mit der Rechten auf ein Schild mit dem
kursächsischen Wappen stützt; auf der rechten Seite ebenso
die Fortuna auf einer Kugel über das Meer schwebend, das vom
Wind geblähte Segel in ihren Händen, zeigt als Wappenbild
ein Kreuz (Merseburg?). Auch der Bogen trägt auf beiden Seiten

tiefe Ätzungen, Ranken mit Blättern im Stile Aldegrevers. Ver*
ankerung vergoldet, Bindung schwarz*gelb. —• Auf der zuge*
hörigen Winde die Jahreszahl 1579; doch weist das Stück seiner
Ornamentik nach in die Mitte des 16. Jahrhunderts.
(Dresden, Histor. Museum.)
II. ALTE TRACHTEN. TAFEL V.
Kappe mit Nackenschirm. Italienisch, 15. Jahr*
hundert 2. Hälfte. — Karmoisinrote Seide mit eingewebtem
hellem Blattornament, besetzt und eingefaßt von Goldschnüren.
Höhe 11 cm. Gefunden 1852 im Gemäuer vom Palazzo Venezia
in Rom. — Unter der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
zum Turban oder ähnlichen Gebilden um den Kopf gewundenen
Kragenkapuze ist beim Manne häufig der tief in den Nacken
reichende Rand einer Kappe zu beobachten. Das Aufkommen
dieser fezartigen Kopfbedeckung steht anscheinend in ursäch*
lichem Zusammenhang mit dem gleichzeitigen kurzen Haar*
schnitt, der im Norden (Frankreich und die Niederlande) häufig
bis zum Ausrasieren des Nackens getrieben wird (vergl. Z. H.
W. K. 9, S. 20). Denn die der priesterlichen Calotte verwandte
und vielleicht ihr nachgebildete Kappe soll offenbar den ent*
blößten, des schützenden Kapuzenkragens beraubten Nacken
decken. (Vergl. S. 171 ff.)
Um 1450 stößt die Kappe den Turban ab und wird, zugleich
an Höhe zunehmend, zum selbständigen, in dieser Zeit das
ganze Abendland beherrschenden Kopfbedeckung. Der Rand
verläuft von jetzt ab im allgemeinen gerade, nicht selten in
mannigfaltigster Form umgekrempt. Seit etwa 1470 beginnt die
Kappe sich wieder zu verflachen und wird gegen Ende des
Jahrhunderts vom Barett verdrängt.
Die hier zum erstenmal veröffentlichte Kappe der Sammlung
Figdor ist der einzige erhaltene Repräsentant dieser Kopfbe*
kleidung, u. W. überhaupt die älteste erhaltene profane Kopf*
bedeckung und daher von ungewöhnlichem kostümlichem
Interesse. Der Nackenschirm, den man sich beim Tragen steiler
herabhängend zu denken hat, als es die Abbildung zeigt, deutet
noch auf die beschriebene ursprüngliche Gestalt, die Höhe weist
indessen auf die reifste Zeit von etwa 1450—1470. Der Fundort
der Kappe läßt keinen Zweifel über die italienische Herkunft,
ihr kostbarer Stoff deutet auf einen vornehmen Träger.
(Wien, Sammlung Figdor.)

FACHNOTIZEN

Eine Geschützrichtwinde um 1600. An die von R. Ceder*
ström Z. H.W. K. 5,258 f. publizierte Fachnotiz „Dürers Kanonen*
winde“ anschließend, sei hier eine in der Waffensammlung des
Kunsthistorischen Museums in Wien befindliche Geschützricht*
winde vorgeführt. (Inv. N. 466.)
n) An der letzten Wand kann man sich erfreuen an den Originalaquarellen,
die der Maler Max Tilke mit feinstem Farbensinn und erstaunlicher Sachkenntnis

Dieses Stück (Abb. 1 u. 2) läßt in der Außenansicht einen
quadratischen, aus Eisenplatten zusammengesetzten Kasten
(90 x 90 x 25 mm), der auf der Vorderseite ein Zifferblatt mit
Zeiger und eine co förmig geschwungene Kurbel zeigt, eine seit*
lieh durch den Kasten geführte Zahnstange mit schwach konkav
in Asien, Afrika und in Museen nach den Kostümen selbst aufgenommen hat.
Besonders schön erscheinen mir die Aufnahmen aus dem Kaukasus.
 
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