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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Forrer, Robert: Von bemalter und bezogener Rüstung
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0177

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ZEITSCHRIFT FÜR HISTORISCHE WAFFEN* UND KOSTÜMKUNDE
BAND 9 26. JUNI 1922 HEFT 5

VON BEMALTER UND BEZOGENER RÜSTUNG
VON ROBERT FORRER

Nicht um sie persönlich zu lösen, sondern um zu
ihrer Lösung anzuregen, möchte ich hier auf eine
bisher noch wenig behandelte Frage innerhalb der
Waffengeschichte hinweisen, auf diejenige nach dem
Färben der Rüstungen.
Es ist ja allgemein bekannt, daß man hin und
wieder, und zwar besonders gegen Ausgang der Re*
naissance, die Rüstungen, statt sie blank zu lassen,
gefärbt hat; aber es gilt, der Sache etwas näher zu
treten, das darüber in den üblichen Hausbüchern für
Waffenkunde Gesagte oder auch nicht Gesagte durch
Beibringung von allerhand Materialien zu ergänzen
und so unser Wissen auch nach dieser Seite zu mehren.
Die Frage ist ja auch insofern in ein etwas aktu*
elleres Stadium getreten, als gerade der letzte Krieg
erneut das Bemalen der Waffen in vorher nie
gesehener Verstärkung in die Erscheinung treten ließ.
Man hat auf den Stahlhelm in weitestem Maße zu*
rückgegriffen, ihn aber nirgends wie früher blank ge*
lassen, sondern überall mit einer Schutzfarbe über*
zogen, ihn bemalt, gefärbt, nicht zu vergessen der
Geschütze und Panzerschiffe, die man eben*
falls in allerlei Farben bemalte.
Bei den Geschützen konnte ich folgende drei
Stadien beobachten. Blank zogen keine aus, alle waren
schon mit einer Schutzfarbe versehen, sei es, daß
man das Rohr schon in der Fabrik außen dunkel*
färben in der Metalloberfläche gehalten hatte, sei es,
daß man es mit einer einheitlichen Farbe, grau oder
schwarz, bemalte. — Dann erkannte man, daß dies
nicht genügte, um das Rohr gegen Späherblicke zu
decken. Man half sich stellenweise damit aus — als
zweite aber nur ziemlich kurze Zeit dauernde Stufe des
Mimikry — die Rohre mit Epheu und andern
Blättergewinden zu umziehen. Wiederholt sah
ich solche direkt von der Front kommende Geschütze
den Ort durchziehen. Es waren dies meist Geschütze,
die irgendeine Verwundung erlitten hatten und in die
Reparaturwerkstätten zurück wanderten. Nebst den
vergilbten Blättergewinden trugen sie andere, unab*
sichtlich aufgetragene Spuren, die sie dem Späher*
blick weniger erkennbar machten: Lehmspritzer vom
Schmutz der Straßen und nebenbei auch mancherlei
Rostspuren. — So war die dritte Stufe vorbereitet,

die mehrfarbige Bemalung in Mimikry, bald
in unregelmäßig aufgetragenen Farbflecken, bald in
vorschriftsmäßiger Kubistenmanier aufgemalt. — Der
Eisenhelm hat den gleichen Entwicklungsgang durch*
gemacht, wobei natürlich, wie bei den Geschützen,
die Mittelstufe mehr nur sporadisch in den ersten
Kriegsmonaten auftrat, wenn man sich in ganz be*
sonders ausgesetztem Gelände befand.
Es war vielleicht nicht unnütz, diese drei Entwick*
lungsstufen aus neuester Zeit schriftlich festzustellen.
Auf mich hatten sie bei ihrem ersten Auftreten großen
Eindruck gemacht, denn unwillkürlich dachte ich da*
mals an die geschwärzten Rüstungen der Renaissance
und ich erinnerte mich, wie ich in meiner Jugendzeit
im oft besuchten Züricher Zeughause mit ganz
besonderer Verehrung vor einem ganz mit dunklem
Leder überzogenen Geschützrohr und vor
einer ganz gebläuten Rüstung still zu stehen
pflegte. Diese Rüstung des XVII. Jahrhunderts ist
heute im Waffensaale des Schweizer Landesmuseums
zu Zürich untergebracht und wird wohl auch heute
noch den Züricher Knaben so besonders ins Auge
stechen, wie dies einst bei mir der Fall war.
Auch späterhin und bis heute habe ich für die
geschwärzten Rüstungen, im Gegensatz zu der
Mehrzahl der Sammler, welche die Blankrüstungen
vorziehen, eine gewisse Vorliebe bewahrt, wahrschein*
lieh deshalb, weil in der geschwärzten Rüstung etwas
Zweckmäßiges, Kriegsmäßiges liegt und weil
ja gerade diese Seite, weniger die reichverzierte Prunk*
waffe, allzeit mein besonderes Interesse erregte — daher
auch die Vorliebe für gotische und überhaupt mittel*
alterliche Waffen, im Gegensatz zur sonst mehr ge*
schätzten, reich geätzten oder gar vergoldeten Rüstung
und sonstigen Wehr der Renaissance.
Also das Zweckmäßige ist es, was mir besonders
gefiel, und in der Tat ist die gefärbte Rüstung ganz
ungleich viel zweckmäßiger als die blanke. Die
Blankrüstung lenkt durch ihr Glitzern und Gleißen
schon von fern die Beobachtung auf sich, ist also gut
für Parade, Turnier und Friedenszeit über*
haupt; sie mag auch den Frauen immer besonders gut
ins Auge gestochen haben, ganz besonders natürlich,
wenn ein schmucker Reitersmann darin stak. Aber im

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