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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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34

LITERATUR

BAND 9

LITERATUR

A.F.Geßler, Die Entwicklung des Geschützwesens in
der Schweiz von seinen Anfängen bis zum Ende
der Burgunderkriege.
Diese Abhandlung, in den „Mitteilungen der antiquarischen
Gesellschaft in Zürich“, Jahresklasse 1918,1919,1920 erschienen,
ist eine großangelegte, inhaltreiche, urkundlich begründete
Arbeit, die in knapper, lichter Darstellung auf dem Gebiete
der Feuerwaffen in der Schweiz eine sichere Grundlage ge»
schaffen hat für alle weiteren Einzelforschungen. Bei dem
innigen Zusammenhänge aller wirtschaftlichen Beziehungen von
Südwestdeutschland mit der damals großenteils zum Deutschen
Reiche gehörigen Schweiz sind die Ergebnisse von Geßlers
Forschungen auch für die Deutsche Waffengeschichte von be»
sonderem Werte.
Geßler hat es verstanden, die das Geschützwesen betreffen»
den Urkunden der Archive zu erschließen, stellt deren Nach»
richten in sachlich»richtiger Auffassung mit den in den Samm»
lungen der Schweiz noch in reicher Zahl vorhandenen Ge»
schützen der ältesten Zeit in abwägenden Vergleich und kommt
so zu ganz bestimmten Ergebnissen. Seine Arbeitsweise zeigt
sich auch schon äußerlich. In einer ersten Abteilung werden
die schriftlichen Quellen behandelt, das amtliche Material,
Rechnungen, Inventare, Urkunden, dann die Geschiehts»
quellen, die Chroniken. Geßler entwickelt aus ihnen alle
das Geschützwesen betreffenden technischen Fragen, vergleicht
sodann diese Ergebnisse einmal mit den bildlichen Quellen des
15. Jahrhunderts, den Schweizer Bilderchroniken, und dann
besonders eingehend mit den erhaltenen Geschützen des
14. und 15. Jahrhunderts in allen Einzelheiten bezüglich Ge»
brauch und Handhabung, Schußleistung, Schußweiten und
Wirkung. Die Arbeit schließt ab mit einem Vergleiche der
eigenen Forschung über das Aufkommen der Feuerwaffen mit
der ausländischen Orts», Namens» und Sachverzeichnis ermög»
liehen, dem Verfasser in seinen Ausführungen zu folgen, alle
die unzähligen Einzelheiten in Zusammenhang mit diesen zu
bringen. Mit dem Wortlaute der Urkunden, mit den in größter
Zahl gegebenen bildlichen Darstellungen aus der Zeit, den
photographischen Wiedergaben der erhaltenen Geschütze, ist
ein Jeder im Stande, sich ein eigenes Urteil zu bilden, das Ge»
schützwesen von damals in vollem Umfange vor seinen Augen,
unabhängig von dem Verfasser, erstehen zu lassen, dessen Aus»
führungen kritisch zu folgen. Bei einem hundert Jahre um»
fassenden Zeiträume, bei Tausenden von Einzelangaben kann
man dann wohl in nebensächlichen Dingen auch einmal zu
einer abweichenden Auslegung gelangen, aber bei allen Haupt»
und Grundfragen wird wohl auch der strengste Beurteiler ganz
dem von Geßler vertretenen Standpunkte beipflichten müssen.
Es ist hier für die Schweiz durch den Nachweis aller Quellen
ein „Urkundenbuch“ geschaffen, und mehr als das, es sind
nicht nur einzelne Bausteine für die Erkenntnis des Anfanges
der Dinge zusammengetragen, es ist der Bau selber für das
engere Heimatsgebiet in seinen Hauptteilen bereits fertig auf»
geführt. Der enge Rahmen der Zeitschrift zwang — wenn auch
282 Seiten Groß»Quart zur Verfügung gestellt wurden — zu
einer Beschränkung des Umfanges der Veröffentlichung. Möge
eine Buchausführung bald die weitere Verbreitung der Arbeit
ermöglichen und in dieser dann sämtliche auf das Geschütz»
wesen bezüglichen Angaben der Rechenbücher und der

Inventare gänzlich unverkürzt in vollem Wortlaute
bringen. Nur dann ist es möglich, allen Zusammenhängen auch
in fremden Orten nachzugehen: es ist das gewissermaßen eine
historische Verpflichtung, der sich niemand in ähnlichen Lagen
entziehen darf. Auch läßt es sich zur Erforschung des Tat»
sächlichen nicht vermeiden, auf die jetzt noch nicht berück»
sichtigten Geldverhältnisse einzugehen. Der Goldgulden hatte
einen internationalen stets ungefähr gleichbleibenden Wert. Die
Landesmünze läßt sich fast immer mit leidlicher Sicherheit auf
den Gulden zurückführen. Dieser kann dann sehr wohl bei
allen Rechnungen als Maß zur Feststellung von Anzahlen»
Maßen und Gewichten der Büchsen, der Geschoße, der Pulver»
mengen oder der für das Pulver beschafften Bestandteile dienen.
Damit werden weitgehende Vergleichsmöglichkeiten geschaffen.
Von Geßler ist die Trennung des Geschützwesens wie Feld»
und Belagerungs»Geschütz durchgeführt worden, trotz des viel»
fachen Ineinandergehens dieser Geschützarten Die Handfeuers
waffe ist ganz ausgesondert. Es wäre aber sehr erwünscht, diese
Beschränkung fallen zu lassen und die Untersuchung auf das
doch eine sachliche Einheit bildende Gesamtgebiet der Feuer»
waffe überhaupt zu erstrecken.
DieFeuerwaffe kam verhältnismäßig spät nach der Schweiz,
nach Basel vor 1371, wohl kaum vor 1361, Bern vor 1377,
Luzern vor 1383, nicht vor 1354, Zürich vor 1386, Biel vor
1390 und Zug vor 1405. — Das „Wann“ ist nicht festzustellen,
ebensowenig wie das in den umliegenden Ländern auch nur
mit annähernder Sicherheit möglich ist. Die älteste Nachricht
ist aus Basel mit 1371 erhalten, doch tritt sie ebenso wie die
jeweiligen Angaben bei den übrigen Orten in einer Form auf,
die mit Sicherheit auf ein schon früheres Vorkommen deutet.
Die Stadtrepubliken von damals, die jetzt zur „Schweiz“ zu»
sammengeschlossen sind, gehörten großenteils zum Deutschen
Reiche. Sie blieben auf lange Zeit von Deutschland beeinflußt,
standen in regem Handelsverkehr mit den großen Handelsorten
Süd Westdeutschlands, vor allem mit Straßburg, mit Nürnberg,
mit Rottweil, dem Sitze des Reichsgerichtes. Von Nürnberg
kauften Basel und Bern fertige Geschütze, aus diesen Städten
holte man sich die Büchsenmeister. Das Ortsverzeichnis erläutert
schon auf einen Blick diese Verhältnisse, ebenso das Namens»
Verzeichnis. Von den genannten etwa 150 Büchsenmeistern sind
21 Fremdländer — 5 scheinbare Burgunder kommen nicht in
Betracht, denn bei ihnen handelt es sich um Deutsche in
burgundischen Diensten —, von diesen 21 stammt 1 aus den
Niederlanden, die übrigen 20 sind Deutsche, darunter 12 Schwa»
ben und 3 Elsässer. — Also aller äußere Einfluß kam von
Deutschland, irgend eine Befruchtung der Schweiz durch Frank»
reich, Burgund, Italien, von romanischen Ländern hat nicht
stattgefunden. Der italienische — Venediger — Salpeterhandel
nahm seinen Weg zu dem Rheintale, der Welthandelsstraße,
zwar über die Schweiz, aber auf die Entwickelung der Feuer»
waffe hat hier Italien keinen Einfluß ausgeübt, konnte das
auch kaum, da Italien, trotz seiner frühen Nachrichten über das
dortige Vorhandensein der Feuerwaffe, in deren Ausbildung
weit hinter Deutschland zurück stand. Das Wurffeuer aus dem
Feuerrohr, dem „mörsal“, ist in der Schweiz mit dem Jahre 1405
weit früher als wie bisher für Deutschland und alle anderen
Länder nachgewiesen. Es kommt dieses Geschütz, vereint mit
dem „bölcr“, der blide mit dem beweglichen Gegengewicht
 
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