Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

DOI Heft:
Heft 6/7
DOI Artikel:
Hobohm, Martin: Historische Waffenkunde und Geschichte der Kriegskunst
DOI Artikel:
Klingeberg, Karl: Der Werdegang des deutschen Stahlhelms
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0237

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HEFT 6/7

KARL KLINGEBERG: DER WERDEGANG DES DEUTSCHEN STAHLHELMS

205

Gewehrgabel bedarf es durchaus noch einer eigenen
Untersuchung, um ihre Bedeutung und kriegsmäßige
Verwendung zu umgrenzen; mehr noch einer solchen
über die beiden Arten des Luntenschloßgewehrlaufes
selbst. Bezüglich der Muskete ist schon dies pröble«
matisch, daß sie zweimal als neue reifere Waffe auf«
tritt, bei der Schlacht von Pavia 1525 und bei Albas
Zug nach den Niederlandenl 567. Vielleicht hat ihrVor«
zug in erster Linie in fortschreitend verbesserter Boh«
rung gelegen. Die höheren Kosten solcher Bohrung,
bei der handwerksmäßigen Herstellung des Gewehrs
gewiß recht erheblich, mögen die Ursache gewesen
sein, daß man daneben, und zwar zahlenmäßig stärker,
auch den unvollkommeneren Lauf lange Zeit weiter
verwendet hat, möglicherweise noch über die Epoche
des Luntenschlosses hinaus. Im Meininger Museum
glaube ich solche geringere Läufe erkannt zu haben.
Die hier berührten Gegenstände bringen zum Be«
wußtsein, wie sehr die historische Waffenkunde,
wenn sie die Wünsche der Geschichte der Kriegs«
kunst erfüllen will, zugleich ihre Beziehungen zur
Wirtschaftsgeschichte entwickeln muß. Das
große Thema „Kapitalismus, Industrie und Waffen«
technik“ taucht auf. So Treffliches auf diesem Ge«
biet und auf allen, die hier gestreift wurden, im
einzelnen schon gesagt worden ist, an vielen Stellen
steht doch die notwendige Untersuchung mit dem
vollen Blick auf die methodischen Erforder«
nisse der Geschichte der Kriegskunst noch

aus. Um darauf hinzuweisen, dürften die hier ge«
gebenen wenigen Beispiele schon genügen. Sie lassen
sich leicht vermehren; bietet doch sogar eine so
simple Waffe wie der Spieß noch ein wichtiges
Problem dieser Art: Das Problem, wann, wie und
wo die Renaissance«Infanterie ihn zum Langspieß
verlängert hat. Der Langspieß setzt die völlige Ab«
kehr vom Einzelfechten voraus, für das er zu lang
ist; er fordert den Entschluß, nur im geschlossenen
Schlachthaufen den Sieg zu suchen, im taktischen
Körper. Diese paar Ellen Schaftholz sind ein Symbol
des werdenden Kommißgedankens, des neuzeitlichen
Stiles in der Heeres« und Staatenentwicklung. Gegen
meine Auffassung, der Übergang sei in der Haupt«
Sache erst kurz nach 1494 zu suchen, sind namentlich
Nell und Delbrück aufgetreten. Zur weiteren Klärung
wäre Forschersukkurs von waffenkundlicher Seite
sehr erwünscht.
In den modernen Zeiten exakter Armeeverwaltung
liegen die waffentechnischen Entwicklungen meist
aktenmäßig zutage, und es haben sich zahlreiche
berufsmäßige Bearbeiter dafür gefunden. Aber in
Deutschland sind diese Kräfte nun stark eingeschränkt,
und es liegt durchaus ein großes wissenschaftliches
Bedürfnis vor, daß die privaten Studien zur jüngsten
Waffengeschichte ausgebaut werden. Auch in diesem
Sinne also mögen die Freunde der historischen
Waffenkunde es sich angelegen sein lassen, die Welt«
kriegsforschung fördern zu helfen.

DER WERDEGANG DES DEUTSCHEN STAHLHELMS
VON KARL KLINGEBERG

Nach mehrfachen Versuchen und Herstellung von
Probehelmen wurde im Frühjahr 1916 mit der eigent«
liehen Fabrikation des Stahlhelms begonnen. Der
Erfinder des deutschen Stahlhelms ist Professor
Friedrich Schwerd von der Technischen Hochschule
in Hannover.
Die ersten Helme wurden im Eisenhüttenwerk
Thale am Harz hergestellt, wo auch die einzelnen
Erprobungen stattfanden. Später wurden dann noch
etwa zehn weitere deutsche Firmen mit der Fabri«
kation beauftragt.
Der Stahlhelm besteht aus einem in seiner Material«
Zusammensetzung gut durchprobierten Chromnickel«
stahl, den die Heeresverwaltung von den Stahl«
werken direkt kaufte und an die mit der Ausführung
beauftragten Firmen weiter lieferte.

Damit nun keine ungeeigneten Schmelzungen aus«
gewalzt wurden, fand eine Voruntersuchung einer
jeden Schmelzung statt. Erst dann wurde die einzelne
Schmelzung von der Abnahmekommission zum Aus«
walzen beim Stahlwerk freigegeben. Die einzelnen
Blöcke wurden nun zu Platinen in bestimmten Ab«
messungen, mit Schmelzungsnummer versehen, aus«
gewalzt und an die ausführenden Firmen zum weiteren
Auswalzen zu Blechen versandt.
Jede Platine ergab drei Helme. Die einzelnen
Bleche werden wieder mit der Blocknummer ge«
stempelt, und zwar so, daß der Stempel jedesmal in
die Mitte der Innenseite des fertigen Helmes kommt.
Aus den Blechen werden dann auf Ziehpressen durch
verschiedene Drucke die Helme kalt gepreßt, und zwar
muß der Helm zwischendurch wieder geglüht werden.
 
Annotationen