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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Potier, Otmar Baron: Vergiftete Messer
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Weinitz, Franz: Die Büchsenmacherfamilie von der Fecht in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0188

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Stelle, mit, daß man eine Verschwörung der Kom»
munisten entdeckt habe. Uns interessiert aus dem
umfangreichen Schriftstück nur der gegen das Leben
des Oberbefehlshabers des ungarischen Heeres, des
Admirals Nikolaus Horthy de Nagy«Bänya, gerich«
tete Anschlag. Neben dem Revolver, dem Dolch,
sollte auch eine „mit Bakterien vergiftete Nadel“ ver«
wendet werden, welche die Verschwörer dem Ober«
befehlshaber in den Leib stoßen wollten.0) Ein halbes
Jahr später erhielten die Wiener Blätter aus Budapest
folgende Notiz: „. . . Es wurden mehrere Fälle be«
kannt, daß Offiziere der Nationalarmee auf der Elek«
trischen und in den belebtesten Straßen durch bolsche«
wistisch«anarchistische Individuen mit von Tetanus«
gift verunreinigten Dolchen verletzt wurden.“7) Am
7. Juli 1920 brachte das „Neue Wiener Tagblatt“
folgende beschwichtigende Notiz: „.... Oberpolizei«
rat Dr. Derning erklärte: Es liegen Meldungen über
Nadelstichfälle vor. Ich kann aber an den Ernst
dieser Fälle nicht glauben, halte sie vielmehr für be«
deutungslose Bubenstücke... Ein Fall von Vergiftung
konnte bisher nicht festgestellt werden, weil die ge«
stochenen Leute sofort zum Arzt eilten und die Wunde
ausbrennen ließen. Polizeirat Horvath meinte, daß
bisher zehn bis zwölf Fälle angezeigt wurden ... es

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ist nicht unwahrscheinlich, daß es sich überhaupt nur
um gewisse Insektenstiche handelt. Von der Rettungs«
gesellschaft wird berichtet, daß einige Personen tat«
sächlich Nadelstiche aufwiesen, die Anschwellungen
jedoch ohne ernste Folgen blieben. Auch ein Chirurg
äußerte sich dahin, daß es sich um Bubenstücke
handle, wobei die Massenhysterie mitspiele.“ Man
sieht: So viel Befragte, so viele Ansichten, die nur
das eine mit Sicherheit dartun, daß Polizeibeamte,
Rettungsgesellschaft und Chirurg in der kriminali«
stischen Literatur sehr schlecht beschlagen sind.
Die vom Kriminalisten Groß und mir 1899 in diesen
Blättern„am Schreibtisch ausgeklügelte Räuberroman«
tik“, wie ein Kritiker sich damals ausdrückte, ist also
doch, wie die hier angeführten Fälle zeigen, nicht
zu romantisch, um in unserer Zeit des Wiederauf«
erstehens des Streitkolbens, der Handgranate, des
spanischen Reiters, des Stahlhelmes, Harnisches, Schil«
des — ich will nicht verfehlen, hier auf B. Deans präch«
tige vergleichende Studie: Helmets and Body Armorin
Modern Warfare(NewHavenl920)(Z.H.W.K.8,354)
ganz besonders aufmerksam zu machen — nicht ebenso
wieder Wirklichkeit zu werden wie etwa die alten
„Marschierpulver“ sich zu dem konzentrierten Tod in
der Westentasche modernisierten.

FRANZ WEINITZ: DIE BÜCHSENMACHERFAMILIE VON DER FECHT IN BERLIN

DIE BÜCHSENMACHERFAMILIE VON DER FECHT
IN BERLIN
VON FRANZ WEINITZ

Im Schlosse zu Dessau wird eine Pferdeausrüstung
aufbewahrt, über die Fürst Leopold — der alte
Dessauer — sich im Anfänge eines Schriftstückes
vom 15. Juni 1740 in folgenden Worten vernehmen
läßt:
Diese hierbey befindliche Pistolen, Sattel, Scha«
bracke,Pistolen«Kappen und Holfftern nebst einem
Englischen Pferde, welches ich mir habe von etliche
zwantzig dergleichen Pferde auslesen müßen, haben
Sc Königl. Mayt: in Preußen, Friederich Wilhelm den
31 = May 1740 des Morgens um halb 10 Uhr und
also wenig Stunden vor Dero Ableben, mit Vielen
gnädigen Expreffionen mir geschenket. Daher dann
an meine Nachfolger ernstlich befehle, diese Pferde
Equippage, so lange als dieselbe nur immer dauren
will, beständig bey meinem Hause zum immerweh«
renden Andencken dieses Vortrefflichen Königs alhier
zu verwahren ....

Dem Befehle des Fürsten ist bis auf den heutigen
Tag Folge geleistet worden. Zusammen mit dem
Schriftstücke, das im übrigen ausführlich die Herr«
schertugenden und Leistungen Friedrich Wilhelms
preist, werden die genannten Gegenstände — kaum
bekannte Zeugnisse der innigen Freundschaft zwischen
beiden Männern — im Schlosse sorgsam aufbewahrt.
Wenden wir unsere Betrachtung den beiden Pistolen
zu. Man erkennt auf den ersten Blick, daß es sich
um auserlesene Stücke handelt: zwei Steinschloß«
pistolen, die der Reiter rechts und links in den schön«
bestickten Holftern mit sich führt. Die Gesamtlänge
der Pistolen, die sehr gut in der Hand liegen, be«
trägt 49 cm. Der Lauf, lichtes Eisen, ist nicht gezogen.
Die Schäftung besteht aus Nußbaumholz. Kolben«
ende, Bügel usw. sind aus im Feuer vergoldetem Mes«
sing hergestellt. Hier am Kolben verdient der barocke
Zierat wohl Beachtung: Ein die Zähne fletschender,

') Neue Freie Presse Nr. 19875. Wien, 27. Dezember 1919. ’) Neues Wiener Tagblatt Nr. 156, 8. Juni 1920.
 
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