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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 6/7
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Auktionsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0257

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HEFT 6/7

AUKTIONSBERICHTE

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AUKTIONSBERICHTE

Wien. Im April 1906 hatten die Kunsthändler E.Hirschler & Co.
im Verein mit S. Kende die nachgelassene Gemäldes und Kunsts
Sammlung des Prinzen Henri von Bourbon, Grafen von Bardi
versteigert. Waffen waren damals nur wenige darunter. Das
beste Stück, ein mit Silber tauschierter koreanischer Helm,
erwarb das Mitglied unseres Vereines, Herr Konczakowski in
Teschen. Ende Mai 1922 brachte das Versteigerungsamt den
inzwischen durch verschiedene Hände gegangenen Rest der
einst von dem Globetrotter Grafen Bardi in Ostasien zusammen»
gekauften Gegenstände des Kunstgewerbes unter den Hammer.
Der Katalog stützte sich auf die Vorarbeiten Brinckmanns
und Shinkishi Haras und wurde von Direktor E. W. Braun
bearbeitet, dem das für einen Österreicher unverständliche
Versehen unterlief, eine für Albanien, Montenegro geradezu
typische Flintenform (Nr. 191) für tunesisch anzusprechen, was
uns Waffenhistorikern wieder zeigt, wie fremd der Kunst»
gewerbler der Waffe, dem stilvollsten kunstgewerblichen Er»
Zeugnis, gegenüber steht. Auch mehrere nachträglich zur Vers
Steigerung eingebrachte und darum im Katalog nicht angeführte
blanke Waffen in prunkvollster Silbermontierung aus dem
Nachlaß des Erzherzogs Otto waren weder indopersischer noch
turkestanischer, sondern zweifellos südarabischer Herkunft.
Wer O. Kümmels „Kunstgewerbe in Japan“ nicht zur Hand
hatte, der fand sich gewiß auch kaum in dem mit japanischen
Fachausdrücken gespickten Text des Kataloges zurecht. Was
soll auch der Durchschnittssammler mit Ausdrücken wie Tanto,
Schakudo, Fuchi»Kaschira, Takaramono, Schibuischi u. dergl.
anfangen ? Sie werden ihm vermutlich wie gelehrt tuendes, auf
seine Verblüffung berechnetes Rotwälsch erscheinen.
Alle die Säbel und Dolche, die Harnische, die hübschen
Stichblätter, die Griffe zu Beimessern waren ziemlich junge
Nachempfindungen älterer Vorbilder, wenn nicht ganz neue
Schöpfungen. Die ältesten waren aus dem 18. Jahrhundert
datiert und vom Gesichtspunkte des Kunstgewerblers aus
gewiß recht gute, zum Teil den Durchschnitt überragende
Arbeiten. Was ein Kritiker wie O. Kümmel von den Meisters
namen, den Marken auf Erzeugnissen des japanischen Kunst»
gewerbes hält, kann man in Kümmels oben angeführtem Werk
nachlesen (VI, 167-172).
Trotz dieses neuzeitlichen Charakters bewegten sich die
Preise für Stichblätter im Rahmen von 10000—450000 Kronen;
für die Griffe der Säbelmesser wurden bis zu 20000 Kronen,
für Knaufkappen und Griffzwingen bis zu 28000 Kronen be»
zahlt. Bei den Dolchmessern und Säbeln kletterten die Preise
bis zu 120000, 160000, ja 360000 Kronen empor. Ein zwar
modernes, aber wegen seiner schön durchbrochenen Klinge,
was ja nach G. Jacoby (Z. H.W. K. 4, 173) besonders häufig
auch an Pfeilspitzen zu beobachten ist, interessantes Stück
war die Partisane mit ihrem mit Silberblech belegten und
des leichteren Verpackens bei Reisen wegen zusammenschraubs
baren Schaft, die um 85000 Kronen wegging. Für die Har»
nische, denen zum Teil besondere Reisekasten beigegeben
waren, wurden 95000, 125 000, 130000, 180000, ja sogar
350000 Kronen geboten. An den drei in Holz geschnitzten
Statuetten von Samurais kann ich nicht schweigend vorüber»
gehen: Für den Bogner wurden 170000 Kronen bezahlt, während
für das beste Stück der ganzen Sammlung, der Figur eines
von Pfeilschüssen schwer verwundeten Ritters, welcher das

Haupt seines Gegners anstarrt, ein Schnitzwerk von tragischester
Realistik im Ausdruck, unter dem angehaltenen Atem der
Kauflustigen 1090 000 Kronen geboten wurden. Um eine richtige
Beurteilung der angeführten Preise zu ermöglichen, zu denen
ein Zuschlag von 20 v. H. hinzuzurechnen ist, erwähne ich,
daß am 29. Mai in Wien für eine deutsche Mark fast 40 öster»
reichische Kronen bezahlt werden mußten, die Krone in Zürich
mit 0,05 Franken „bewertet“ worden war, in Wien das Kilo
Brotmehl 1100 Kronen kostete. Otmar Baron Potier
London. Die Waffensammlung der Gräfin Cornelia Craven,
die am 26. und 27. April bei Christie versteigert wurde, bot
in der Mehrzahl nur Stücke von geringer Qualität und
schlechter Erhaltung. Bedeutung erhielt sie für Sammler und
Händler erst dadurch, daß einige wirklich ausgezeichnete
Stücke darunter waren und daß den Kern der Sammlung die
Waffen bildeten, die im 17. Jahrhundert zur Ausstattung des
Hofes Wilhelms, des ersten Grafen Craven, des Freundes der
Königin Elisabeth von Böhmen, gedient hatten, und die bis in die
Gegenwart im Schloß des Grafen, Combe Abbey, bei Coventry,
aufbewahrt waren. Während die Pembroke»Auktion kürzlich
die Bewaffnung der schweren royalistischen Reiterei und der
„Pikemen“ (Pikeniere) im Bürgerkrieg gut beleuchtet hatte,
zeichnete sich diese Auktion durch die Zahl der Tranche»
harnische aus derselben Zeit aus und durch Teile der Be»
waffnung der leichten Reiterei aus einer späteren Periode. Der
einzige vollständige Harnisch, der zuverlässig zu dieser originalen
Ausstattung gehörte, war Nr. 8, ein schwarzer Dreiviertel»
harnisch, englische oder holländische Arbeit, um 1640 (un-
richtig beschrieben als Zeit Karls II.) in sehr schlechtem Zu»
stand. Er wurde für 24 Guineas verkauft. Die Trancheharnische
(sapping armours) bestanden aus schweren Brust» und Rückens
stücken im Stil der bekannten englischen Typen, Mitte 17. Jahr»
hundert, dazu englische Eisenhauben mit dreiteiligem Gitter»
visier und Schulterstützen („pots“) von außerordentlicher
Schwere. Diese brachten je etwa 5,5 Guineas. Dazu kam eine
schwere Offiziers»Tranchehaube, die deutlich an die Eisenhüte
des 15. Jahrhunderts erinnerte (Nr. 108), englisch, um 1640,
Preis 18 Guineas.
Die Ausstattung der leichten Reiterei bestand aus den oben»
genannten Eisenhauben, schwarzen Kürassen und Schwertern
mit gegossenen Messinggriffen und leichten zweischneidigen
gebogenen Klingen, meist Erzeugnissen der Solinger Klingen»
schmiede von Shotley Bridge in Durham, 20 Meilen süd»
östlich von Newcastle, um 1690, mit der Wolfsmarke. Diese
Garnituren müssen um 1680—1690 angefertigt worden sein.
Klingenschmiede aus Solingen und sonst aus Deutschland
waren bekanntlich in der ganzen ersten Hälfte des 17. Jahr»
hunderts rund um London ansässig und tätig. In den Dramen
aus der Zeit der Königin Elisabeth und des Königs Jakobi,
wird stets der Ausdruck „Fuchs“ für ein Raufschwert gebraucht,
ein Beweis dafür, wie viel Klingen mit der Wolfsmarke von
Solingen aus Deutschland eingeführt wurden. So bezeichnete
Klingen wurden tatsächlich bei uns hergestellt, um dem
dauernden Wunsch nach den guten, breiten, schneidigen
Klingen von anerkannter Vorzüglichkeit zu entsprechen, die
bei den Engländern so beliebt waren, denen, wie George
Silver, die neuartigen Toledoklingen „nur gut für den Hieb“
verhaßt waren. Das wissen wir aus Websters „Weißem Teufel“
 
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