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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 6/7
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Auktionsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0258

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224

AUKTIONSBERICHTE

BAND 9

(1612), wo der Dichter einen seiner Helden fragen läßt: Was
für eine Klinge ist das? Toledo oder Fuchs? — und dafür
zeugen auch die vielen zweifellos englischen Klingen aus
dieser Zeit, die mit dem „Wolf“ gemarkt sind.
Verschiedene Waffensammlungen in England besitzen Klingen
mit der Marke und manchmal auch mit dem Namen des Klemens
Horn, Solingen. Die englischen Inschriften auf ihnen lassen
keine Zweifel darüber, daß sie für den persönlichen Gebrauch
Jakobs I. und der Herren seiner Umgebung angefertigt sind.
Es läßt sich indessen nicht beweisen, daß Horn jemals in
England war. Das gilt aber nicht von vielen seiner Fach*
genossen, und die Namen dreier bekannter Solinger Klingen*
schmiede oder gleichnamiger Familienmitglieder kommen auf
englischen Klingen des frühen 17. Jahrhunderts vor:
IOHAN KINNDT HOVNSLOE oder I. K. HOVNSLOE
ist die Bezeichnung für Johann Kinndt von Hounslow, zwischen
1630 und 1640. Um 1643 wurde der Name englisiert als John
Kennet, wie wir aus einem Briefe des General Waller erfahren.
Ob dies der Johann Kindt oder Keindt ist, der 1620 in
Solingen tätig war? Andere Hounslow*Klingen tragen nur
den Wolf und die Zahl 1636. Die Inschrift:
JOHANNES ■ HOPPIE ■ FECIT • GRENEWICH.
auf einer Rappierklinge in der Faulder*Wareing*Sammlung
gehört zweifellos einem Mitglied der Familie des Johann
Hoppe, Happe oder Heappe, der um 1580 in Solingen ar*
beitete. Zahlreiche Klingen endlich tragen die Inschrift PETER
MVNSTEN ME FECIT LONDON. Der Name eines deutschen
Klingenschmiedes, der indessen nicht aus Solingen stammt,
Caspar Fleisch aus London — CASPAR FLEISCH ME FECIT
LONDINI — begegnete uns auf einem Schwert, das früher in der
Sammlung Seymour Lucas war. Gelegentlich wurde der Name
auch latinisiert als GASPAR CARNIS ME FECIT LONDON,
eine Form, die ein anderes Schwert derselben Sammlung aufweist.
Als man gegen Ende des 17. Jahrhunderts beschloß, um nach
den Kriegen mit Frankreich der wachsenden Nachfrage nach
Klingen zu genügen, eine Gesellschaft zur Errichtung von
Schmieden und Schleifmühlen zu gründen, waren natürlich die
Schmiede von Solingen die ersten dazu. Aus Deutschland kamen
die Arbeiter und die technischen Einrichtungen nach Newcastle,
und um 1685 wurden endlich die Mühlen, wie wir mit ziem*
licher Sicherheit annehmen können, in Shotley Bridge erbaut
Durch einen merkwürdigen Übersetzungsfehler in dem Pfarr*
buch ist das Datum des Beginnes dieser Industrie gewöhnlich
in die Anfangsjahre des Jahrhunderts verlegt worden, und
dieser Irrtum ist in die meisten Fachschriften übergegangen.
Schon wenige Jahre später arbeiteten die Mühlen mit Hoch*
druck. In der London Gazette 25.-28. August 1690 findet sich
die Anzeige eines eben eröffneten Kaufhauses des Isaac Hadley
in New Street bei der Shoe Lane, London City, wonach
Klingen verkauft werden „von der Hand tüchtiger Meister,
die aus Deutschland kommen und in Newcastle ansässig sind“.
Verschiedene alte Häuser in Shotley Bridge tragen oder
trugen bis in unsere Zeit Hinweise auf die nahen Beziehungen
der Stadt zu Deutschland. An einem Hause in der Nähe der
alten Fabrik liest man:
Der Herren segen machet Reich ohn alle Sorg wan du
zughleich in deinem stand Treuw und Flisig Bist und duest
was Dir Befohlen ist 1691.
Eine andere, jetzt zerstörte Inschrift lautet:
Deutschland (ist unser) watterland (s) olingen (i) se die
Stadt Ge (nant [?] Der) Herr Beh (ü) t (deinen Ausgang
und.eingan.

Alle Klingen aus dieser Periode haben die gleiche Form
und alle tragen die Worte „SHOTLEY“ auf der einen und
BRIDG auf der andern Seite mit der Wolfsmarke:


einige auch die Jahrzahl 1697.
Nach dem Frieden von Ryswyck 1697 begann die Industrie
zu verfallen und die Fabrik schloß im Jahre 1702, um freilich
im Jahre darauf, nach dem Wiederausbruch des Krieges mit
Frankreich, unter der gleichen Leitung die Arbeit wieder auf«
zunehmen. Die Schmiede leitete Herman Mohll, f 1716, die
Schleifmühle Robert Oley oder Ouley, wohl ein Mitglied
der Familie Ollig oder Olig aus Solingen, während ein ge*
wisser Vooz den Handel mit Deutschland beaufsichtigte. Andere
bekannte Namen aus diesem Kreise waren Henry Hooper,
die Bertrams, Mohlis Nachkommen, die unter dem Namen
Mole tätig waren, William und Nicholas Oley, die im 18. Jahr*
hundert das Geschäft leiteten, und Christopher Oley, der
letzte Chef im Jahre 1828. 1832 war die Industrie gänzlich
erloschen.
Von den geschichtlichen Exkursen kehren wir zu besonders
beachtlichen Stücken der Sammlung zurück.
Die ganzen und halben Harnische waren meist ziemlich
minderwertig, zurechtgemacht und in schlechtem Zustand.
Einzig und allein der geätzte und vergoldete Harnisch (195)
nahm eine besondere Rolle ein. Nach einer Familienüber*
lieferung, der wir mit Vorsicht folgen, war er ein Geschenk
Philipps II. von Spanien an einen Vorfahren des Earl of Craven.
Der 2. Earl of Craven trug ihn bei dem Turnier von Eglinton
1839, der verstorbene Earl bei dem Triumphzug der Königin
Elisabeth zu Earls Court vor wenigen Jahren, bei welcher
Gelegenheit er neu beledert, ausgebessert, vergoldet und mit
dem Bart und den Handschuhen versehen wurde. Das Stück,
wie es sich heute darstellt, mit Ausnahme des Helms, ist ein
ganzer italienischer Harnisch von ca. 1580 mit halben Bein*
schienen, aber ohne Panzerschuhe; der Helm deutsch, aus
derselben Zeit (1800 Guineas).
Nr. 46 war eine bemerkenswert schöne Hentze mit Finger*
Schluß, deutsch um 1560 (irrtümlich italienisch genannt),
blank, mit vergoldeten Ätzrändern, in der Art des Peter von
Speier, zwischen verschlungenen Blattranken Störche und Tier*
köpfe (220 Guineas). Der schöne deutsche Rücken (Nr. 51),
ca. 1550, mit drei senkrechten Ätzstreifen, worin Karyatiden,
Eulen und monströse Figuren, in der Mitte Judith mit dem
Haupte des Holofernes, brachte 200 Guineas. Nr. 90, 92 und 93
waren Fälschungen mit unglaublichen Beschreibungen. 90 eine
geätzte „Tartsche für das Realgestech“, 92 eine „Achsel*
Verstärkung“ und Panzergellecht, 93 ein Rundschild mit einem
Pistolenlauf in der Mitte, angeblich einer der achtzig „Gönne
shields“, die 1580 für Heinrich VIII. angefertigt wurden. Mit
Ausnahme von Teilen des Luntenschlosses und von dem Lauf
selbst, der von einer Pistole etwa um 1800 stammte, war der
ganze Schild moderne Arbeit, weiches Walzeisen, mit gewöhn*
liehen Schrauben auf einer Holzplatte befestigt, die mit billigem
roten Tuch bezogen war. Trotzdem erzielte er 480 Guineas.
Nr. 108, ein gutes Paar Schulterdecken, von einem in England
unbekannten Typ; das französische Wort scheint „moignons“
zu sein, auf deutsch „Spangröls“. Deutsch, um 1550, getrieben
und mit einem Blattornament geätzt, in der Art Konrad
 
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