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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Literatur
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Vereinsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0053

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HEFT 1

VEREINSNACHRICHTEN

ist nunmehr als Ergänzung davon eine nicht weniger treffliche
Arbeit über den Reitersporn gefolgt. Den Ausgangspunkt
seiner Entwickelung bildet ein bei den Kelten innerhalb der
Spät*, vielleicht sogar schon MitteLLatenezeit (300—125 v. Chr.)
auftretender einfacher Sporn mit dünnem rundstabigen Bügel,
der zunächst nur einen flachen, noch nicht halbkreisförmigen
Bogen bildet, und auf dessen beiden Enden als Halt für den
Befestigungsriemen je ein großer flachgewölbter Knopf von
1—2 cm Durchmesser angebracht ist. Der Stachel ist bei ihnen
ebenso dünn wie der Bügel und wird zur Basis hin kaum
stärker. Noch während der SLT*Zeit entwickelt sich diese
alte Form, die noch innerhalb dieser Periode von den Ger*
manen übernommen wird, weiter und führt zu drei verschie*
denen Typen, deren jeder auf das Gebiet einer bestimmten
Völkergruppe beschränkt bleibt und daher wie die Waffen,
die Fibeln usw. zu einem wichtigen ethnischen Unterschei*
dungsmerkmal wird. Bei den Westgermanen bildet sich der
Stuhlsporn heraus, dessenVorform der am Schlüsse der LT*Zeit
und in der frühesten Kaiserzeit auftretende, aus einem breiten
flachen Eisenbande bestehende Bügelsporn darstellt. Durch
Geradbiegen und Verkürzen des Bügels dieses Bügelsporns
entsteht der frühe Stuhlsporn, dessen Stuhlplatte daher fast
flach und einfach rechteckig ist. Die Stacheln sind meist schlank,
die beiden Zinken liegen infolge Aufgabe der Bügelkrümmung
fast senkrecht nach unten. Im ersten Jahrhundert nach Christi
verbreitern sich nun die Enden der Bügelplatte mehr und
mehr zu zwei selbständigen, beiderseits vom Stachel sitzenden
Flügel; der konische Stachel ist noch wenig hoch (2cm) und
sitzt zunächst noch unmittelbar auf dem Stuhl auf, wird dann
aber später von diesem durch eine Halsabschnürung abgesetzt,
doch bleiben daneben auch noch die Stuhlsporen mit nicht
abgesetztem Stachel weiter bestehen. Beide Gruppen ent*
wickeln sich dann im zweiten und dritten Jahrhundert noch
weiter und namentlich wachsen die bisweilen aus Edelmetall
hergestellten oder mit solchem tauschierten Stuhlsporen mit ab*
gesetztem Stachel zu klassischen Formen aus. Aber noch inner*
halb des dritten Jahrhunderts starben die Stuhlsporen aus
und nur im Nordteil der mittelgermanischen Zone, in Nord*
Schleswig und Dänemark wird er durch eine Lokalform, den
Plattensporn fortgesetzt, bei dem der seitherige flügelartige
Stuhl durch eine zunächst kreisförmige, dann viereckige Platte
ersetzt wird, auf der der konische Stachel unmittelbar aufsitzt.
Damit ist die Entwickelung des Stuhlsporns zu ihrem Aus*
gangspunkt zurückgekehrt.
Erheblich einfacher gestaltet sich die Entwickelung bei den
Ostgermanen, die den alten latenezeitlichen Knopfsporn in
ziemlich reiner Form beibehalten. Etwas stärkere Veränderungen
erleidet nur der Bügel, der eine halbkreisförmige Gestalt und,
um sich dem Fuß enger anzuschmiegen, eine flache Innenseite
VEREINSNA
PROTOKOLL
der außerordentlichen Mitgliederversammlung des
Vereins für historische Waffenkunde zu Berlin
am 5. Dezember 1920.
Die Verhandlung findet statt um 10 Uhr vormittags im Direk*
tionszimmer des Zeughauses zu Berlin. Herr Major Dr. Dreger
eröffnet in Veitretung des I. Vorsitzenden die Versammlung und
begrüßt die Erschienenen. Den von außerhalb gekommenen
Mitgliedern spricht er den besonderen Dank für ihr Kommen

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erhält, während die Außenseite gewölbt, bisweilen auch kantig
ist. Der Stachel ist anfangs meist vierkantg, später konisch
und an den Ansatzstellen öfters verziert. Im zweiten Jahr*
hundert verflacht sich der Bügel wieder, die Schenkel ver*
kürzen sich, werden ganz gestreckt und stoßen in stumpfem
Winkel zusammen; der ziemlich starke konische, an der Basis
von zwei Wülsten begrenzte Stachel nimmt die ganze Bügel*
breite ein. Eine andere Form entsteht dadurch, daß sich in
der verbreiterten Bügelmitte beiderseits vom Stachel eine Quer*
kante entwickelt, die schließlich zu einer eckigen Ausladung
der Bügelmitte führt. Nur eine Abart dieser ostgermanischen
Knopfsporen bilden die am Ende des zweiten Jahrhunderts
auftauchenden ziemlich seltenen Knebelsporen, die an Stelle
der Kugel oder speichenförmiger Knöpfe jener querstehende
Knebel tragen. Noch seltener sind die im dritten Jahrhundert
aufkommenden Hakensporen, bei denen die Knöpfe oder Knebel
durch eine hakenförmige Umbiegung der Bügelenden ersetzt
werden.
Die dritte Entwickelungsreihe bildet der im Wesentlichen
auf die früheren keltischen Länder beschränkte provinzial*
römische Sporn, bei dem an Stelle der Knöpfe der kelto*
germanischen Knopfsporen Ösen treten, die in den verbrei*
terten Bügelenden angebracht werden und die zur Befestigung
der Haltriemen dienen. Aus diesen Ösensporen entwickelt
sich der provinzialrömische Nietsporn, der sich vom Ende
des dritten Jahrhunderts ab nach dem Absterben der beiden
anderen germanischen Sporentypen über das gesamte ger*
manische Gebiet ausbreitet.
Die mit einem sorgfältig ausgewählten Abbildungsmaterial
reich ausgestattete Arbeit zeichnet sich wie die übrigen des
Verfassers durch große Klarheit und strenge Methodik aus.
Die verschiedenen Sporentypen und ihre Abarten sind mit
wenig Worten scharf gekennzeichnet und ihr Alter, soweit
die Fundverhältnisse dies gestatteten, sicher bestimmt, sodaß
die Sporen künftig ein wertvolles Hilfsmittel für die Zeit*
bestimmung neuer Funde bilden werden. In einem Anhänge sind
sämtliche dem Verfasser bekannt gewordene Sporen gruppen*
weise zusammengestellt, und da der Verfasser bei jedem Einzel*
funde eine genaue Angabe über die Begleitfunde bringt, so
bietet sich dem Leser die Möglichkeit, sich selbst ein eigenes
Urteil über die Zeitstellung zu bilden. Zum Schluß ist noch
eine Bildertafel hinzugefügt, auf der man mit einem einzigen
Blick, auch ohne daß es eines erläuternden Textes bedarf,
die Entwickelung der drei Hauptformen aus den alten kelto*
germanischen Knopfsporen übersehen kann. Wir beglück*
wünschen den Verfasser zu seinem gediegenen Werke und
hoffen, daß er die Forscher auf dem Gebiete der germanischen
Altertumskunde bald mit einem neuen Werk erfreuen werde.
G. Wilke
CHRICHTEN
aus. Ebenso bittet er den anwesenden Custos des Zeughauses
Herrn Dr. Post, an den Direktor Herrn Dr. Binder für Über*
lassung des Zimmers den Dank zu übermitteln.
Die Prüfung ergibt, daß die Einberufung vorschrifts*
mäßig erfolgte.
Essinderschienen: 18 Mitglieder persönlich, darunter von
Vorstandsmitgliedern die Herren Dreger, Funck, Haenel, Mi*
chelly, Rose und Sterzel. Von Pflegern die Herren Bohlmann
und Weinitz (siehe Anwesenheitsliste).
 
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