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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 6/7
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Reimer, Paul: Nochmals die älteren Hinterladungsgeschütze
DOI Artikel:
Dreger, Max: Ein Degen aus der Sammlung Dreger Berlin-Steglitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0231

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HEFT 6/7

MAX DREGER: EIN DEGEN AUS DER SAMMLUNG DREGER, BERLIN«STEGLITZ

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ersten Stockwerk aber ging unmittelbar vom Ein«
gang her eine Treppe geradeaus abwärts, die gewöhn«
lieh durch eine Falltüre bedeckt war. Die Geschütz«
rohre und Lafettenteile wurden nun außen am Turme
hochgezogen und durch die Falltüre in das erste
Stockwerk hinabgebracht. Von da wurden sie durch
Öffungen in den Gewölbescheiteln an ihren Standort
emporgewunden. Derartige Geschütztürme (Bastions«
türme, Bollwerke) finden sich an fast allen Burgen
in meist gleicher Ausführung, bloß in sehr verschie«
denen Größen, in ganz besonders achtunggebietenden
Abmessungen in der alten Stadtbefestigung von Gos«
lar, wo die Geschützstände jetzt als Stuben dienen.
Ich habe mir diese Abschweifung nicht versagen
wollen, ist doch das Studium des Gebrauchs der
Waffe auch ein Teil der Waffenkunde.
Es ist immer sehr dankenswert, wenn bildliche
Darstellungen in möglichster Naturtreue wieder«
gegeben werden, wie Dr. Post dies in seinem an«
gezogenen Aufsatz mit zwei Ausschnitten eines
Wandteppichs von 1459 getan hat. So kann jeder
Beschauer herauslesen, was er zu erkennen glaubt.
In diesem Falle ist es erstaunlich, wie genau der
Zeichner des Teppichs die wichtigsten Einzelheiten
des Ladens und Abfeuerns eines Geschützes seiner
Zeit beobachtet und richtig dargestellt hat. Man muß
doch annehmen, daß dieser Teppichkünstler in Ar«
tilleriesachen Laie war, und darf daher wohl den
Schluß ziehen, daß der Umgang mit Geschützen zu
jener Zeit auch fernstehende Kreise interessierte, wie
ja damals jedes Handwerk mehr öffentlich betrieben
und daher wenigstens von Ansehen so etwas wie
Allgemeingut wurde — was unserer Zeit leider sehr
fehlt. Die Darstellung beider Bilder ist in der Per«
spektive stark verkürzt. Auf dem ersten liegt nämlich
die hochklappbare Blende dicht vor der Mündung
des Geschützes, hinderte also an der Einführung
der Kugel von vorne, während der Raum zwischen
Rohr und Widerlager zu kurz ist, um die Kammer

dazwischen zu klemmen. Wenn man der Zeichnung
trauen darf, so ist bei dem dargestellten Geschütz
auf die Liderung besonderer Wert gelegt. Der Flug
hat hinten eine Höhlung, in die ein Rohrstutzen
hineinragt. In diesen scheint der dünne Hals der
Kammer zu passen, deren breiter vorderer Rand dann
jene Höhlung zudeckt. Auch wenn man diese nicht
mit einem abdichtenden Stoff ausgefüllt denkt, wird
so das Durchschlagen von Stichflammen verhindert
worden sein. Die zweite Kammer, die gerade ge«
laden wird, zeigt den dünnen Hals und den breiten
Rand nicht. Es kann wohl sein, daß der Zeichner
auf die hier nicht nötige Wiederholung keinen Wert
gelegt hat. Das Bild zeigt aber noch etwas ganz
Seltenes. Rechts auf dem Widerlager steht ein Krug,
aus dem Flammen zu spielen scheinen. Ich denke
mir darin die glühenden Kohlen, an denen die auf
der Erde liegende Lunte entzündet werden sollte.
Das zweite Bild zeigt das Geschütz beim Feuern;
aus der Mündung und dem Zündloch, das der breit«
beinig stehende Mann mit der dicken Lunte berührt,
schlagen Flammen. Grund genug, daß der Mann
sich die Hand vor das Gesicht hält. Ich kann hier
Dr. Post nicht beipflichten, wenn er meint, daß
der Strick, den ich als Lunte ansehe, dazu dient,
die Kammer fest zu halten. Wenn die zwei Reihen
eingeschlagener Pfähle dazu nicht ausreichen, dann
kann der Mann die Kammer auch nicht halten, noch
dazu nur mit einer Hand. Daß die Lunte nicht mit
einem Stock geführt wird, ist allerdings auffällig,
indessen erscheint sie mir bei ihrer Dicke steif genug,
um auch ohne Stock auf das Zündloch gebracht zu
werden. Daß die Raucherscheinung auf dem Bilde
ganz vernachlässigt ist, erklärt sich daraus, daß die
Hauptmenge der festen Verbrennungsprodukte des
ungekörnten Pulvers als Schlacke in der Kammer
zurückblieb und nicht als Rauch mitgerissen wurde.
(Vgl. Z.H.W.K. 2, 400 über die Erscheinung des
Schusses.)

EIN DEGEN AUS DER SAMMLUNG DREGER
BERLINsSTEGLITZ
VON MAX DREGER

Das auf Tafel VI abgebildete Degengefäß gehört zu
einem Degen, den ich aus der Sammlung Lanna er«
worben habe. Es befand sich in einem sehr vernach«
lässigten Zustande. Nicht nur waren, wie auch sonst
so häufig, alle Feinheiten des Eisenschnitts durch ver«
härtetes Öl verdeckt, sondern es waren die Bügel und

Spangen mit Gewalt von allen Seiten flach zusammen
gedrückt und die Kreuzarme fast rechtwinklig nach
unten gebogen. Nur annähernd ist es mir gelungen,
ihm die ursprüngliche schön geschwungene Form
zurückzugeben, ohne den zarten Einzelteilen zu
schaden. Die Klingen und die Scheide waren im

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