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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 4
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Rambaldi, Karl von: Waffen mit astrologischen und kabbalistischen Zeichen
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Zu den Tafeln
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0163

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HEFT 4

FACHNOTIZEN

139

II. ALTE TRACHTEN, TAFEL IV.
Degentaschen, Anfang 17. Jahrhundert.
a) Goldstoff, mit Goldschnüren gestickt, Schnallen und Auf;
lagen aus Gold, mit schwarzem Email verziert und mit Tür;
kisen besetzt, die Reiterfiguren bunt emailliert; Futter roter
Samt. Am Haken der Buchstabe C = Christian (II., Kurfürst
von Sachsen, 1591—1611). Zu einem Degen von gleicher Aus»
stattung. Nach dem Inventar der Dresdner Rüstkammer von
1689 I, Churkammer 172, S. 795, trug das Schloß des (nicht
mehr vorhandenen) Leibriemens die Bezeichnung J. G. (Jo;
hann Georg) 1624. Die Garnitur ist demnach wohl ein
Geschenk zwischen Christian und seinem Bruder Johann
Georg im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts.

b) Schwarzer Samt, Auflagen in Gold, bunt emailliert, mit
zahlreichen Brillanten, in Kastenfassung und Perlen verziert.
Zu einem Degen, dessen Griff Gold, schwarz emailliert und
mit Brillanten besetzt ist.
c) Schwarzer Samt, Stickerei in Gold und Silber, Schnallen
und Haken von Eisen, mit Gold tauschiert, Auflagen in
Gold, zum Teil weiß emailliert und mit Rubinen besetzt.
Zu einem Degen, dessen eiserner Griff reich mit Gold tau;
schiert mit Rubinen und Diamanten in goldner, emaillierter
Fassung verziert ist.
Alle drei Degentaschen (im Inv. „gehencke“) wohl süd;
deutsche Arbeiten.
Dresden, Histor. Museum.

FACHNOTIZEN

Schieber an antiken Geschützen. In Bezug auf den Artikel
Z. H.W. K. 8, 315, Anm. 3 u. 9, S. 73 bemerke ich folgendes:
Die Einrichtung von Schieber, Zahnstangen und Sperrklinken
hat sich über 600 Jahre an den griechisch;römischen Geschützen
erhalten, Biton, Heron, Philon, Vitruv und Ammian beschreiben
sie uns gleichmäßig. Ob sie sich anschließend bis zur Ein;
führung der Pulvergeschütze erhalten hat, ist zur Zeit noch
nicht nachweisbar.
Sie als „unsinnig“ zu bezeichnen ist gewagt.
Der Geschütztechniker kennt ihre Bedeutung, für den Nicht;
fachmann wird folgende Erklärung genügen:
Der Schieber ermöglicht es, das Geschoß aufzulegen, ehe
das Geschütz gespannt ist, Verletzungen der Bedienung durch
vorzeitiges Abziehen sind ausgeschlossen. Vor allem aber ist
es möglich, gleichmäßige Schüsse abzugeben. Ist das Geschütz
frisch bespannt, also die Anfangsspannung sehr stark, so braucht
der Schieber nicht so weit zurückgezogen zu werden, um eine
bestimmte Schußweite zu erreichen, als wenn die Spannsehnen
schon durch längeres Schießen schlaff geworden sind. Die Zahn;
Stangen bezw. Zahnkränze und die Sperrklinken halten den
Schieber injeder gewünschten Spannstellung fest. Die Bedienung
hat es dadurch in der Hand, bei stets gleich starkem Anziehen
der Haspelwelle gleiche Schußweiten zu erzielen. Schramm
Auf obige Ausführungen möchte ich bemerken: Wenn Herr
Generalleutnant Schramm sagt, daß sich die Einrichtung des
Gleitstückes bei den griechisch;römischen Geschützen über
600 Jahre erhalten hat, so wäre vielleicht noch hinzuzufügen,
daß uns Geschütze der Antike mit anderer Konstruktion
bisher überhaupt nicht bekannt sind. Hieran ließen
sich nun verschiedene entwicklungsgeschichtliche Hypothesen
knüpfen.
Vorerst sei jedoch bemerkt, daß die Gleitstückkonstruktion
auch noch andere Vorteile außer den oben angeführten auf»
weist. Bei den griechisch;römischen Geschützen liegt die Ab»
zugsvorrichtung frei oben hinter der Pfeilrinne. Würde man
nun das Spannen mit Hilfe der Winde und nur eines Spann»
seiles bewirken, so wäre dieser Abzug recht hinderlich. Man
müßte deswegen entweder zwei Seile nach Art der englischen
Winde anwenden oder zu der Konstruktion mit Gleitstück
greifen. Dies war aber, wohl ebenso wie die Gefahr der
Verletzung der Geschützbedienung, nicht wesentlich. Als
wesentlich muß dagegen wohl die Möglichkeit gelten, das
Gleitstück verschieden weit zurückzuziehen und dadurch die

Spannung zu regulieren. Zur Erläuterung der Tatsache, daß
solche Erkenntnisse nur durch wirklich praktische Erfahrungen
zu gewinnen sind, möge übrigens dienen, daß ich vor der neuer;
lichenDarlegung meiner Ansicht über die Gleitstückkonstruktion
mehrfach mit Waffenhistorikern und Technikern Rücksprache
genommen habe. Keiner von diesen kam auf den von Herrn
Generalleutnant Schramm dargelegten besonderen Vorteil.
Daß aber eine hohe Entwicklung des Armbrustgeschütz;
wesens auch ohne die Gleitstückkonstruktion stattfinden kann,
zeigt uns der chinesische Kulturkreis. Bei keiner der dort vor;
kommenden Armbrust; und Geschütztypen ist diese Gleit;
Stückkonstruktion vorhanden. Wie die Armbrustgeschütze des
islamischen Kulturkreises beschaffen waren, ist derzeit noch
nicht zu entscheiden.
Hinsichtlich der Stellung der antiken Geschütze in einer
Entwicklungsgeschichte der Armbrustwaffe handelt es sich
jedoch gar nicht darum, ob die Konstruktion mit Gleitstücke
gewisse Vorteile bietet, sondern ob diese Konstruktion eben
der Vorteile wegen bei den Geschützen eingeführt oder vom
Bauchspanner übernommen wurde. Ich habe nun in Band 9
S. 73 gesagt, daß die Gleitkonstruktion bei der Entwicklung
des Geschützes aus dem Bauchspanner übernommen und dann
beibehalten worden sein muß. Die Entwicklung vom Bauch;
Spanner zum Armbrustgeschütz führt ja auch schon Heron an.
Die Ansicht wird also wohl aufrecht erhalten bleiben können.
Hinsichtlich der Vorläufer der griechisch;römischen Arm;
brustgeschütze, die ursprünglich jedenfalls ohne Gleitkonstruk»
tion ausgeführt wurden, sei noch auf die von dem assyrischen
Herrscher Sanherib (705—651 v. Chr.) erwähnten „Großen
Fliegen“ *) hingewiesen, mit denen man bei Belagerungen die
Mauern bearbeitete. Die merkwürdige Bezeichnung „Fliegen“
mag vielleicht auf eine Waffe in Armbrustform hindeuten.
Hugo Th. Horwitz
Widersprüche sind immer mit Freuden zu begrüßen, denn
sie dienen dazu, Klarheit zu schaffen.
Das Geschütz der Antike, das keinen Schieber hat, ist der
griechische [xova-p-aiv, von den Römern unter dem Namen onager
übernommen.
Der Ausdruck Situarpa, den Heron zunächst für den Schieber
des Bauchgewehrs verwendet, ist wie 8iu>or-r]p von 3ta»fl4a>, hier
') Cuneiform texts from Babylonian tablets etc. in the British Museum
XXVI. IV, 79.
 
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