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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Rohde, Alfred: Ein Dolchmesser des 14. Jahrhunderts im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0183

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HEFT 5

ALFRED ROHDE: EIN DOLCHMESSER DES 14. JAHRHUNDERTS

155

EIN DOLCHMESSER DES 14. JAHRHUNDERTS
IM HAMBURGISCHEN MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE
VON ALFRED ROHDE

Es ist noch nicht möglich, eine waffengeschichtliche
Entwicklung des Dolches zu geben, da wir noch nicht
einmal über die Form und zeitliche Abfolge der Haupte
typen Klarheit haben. Die Schwierigkeit liegt darin,
daß das ganze Mittelalter nur das einschneidige Kampf?
messer kennt und mit dem 13. Jahrhundert plötzlich
der Dolch als fertig ausgebildete, für das Abendland
neue Waffe in der ritterlichen Bewaffnung auftritt,
scheinbar durch die Kreuzzüge und den Levante?
handel vom Orient her vermittelt.’) Inwieweit auf
die Dolchgestalt des 14. Jahrhunderts der schottische
Dolch, dessen Griffende meistens durch knollen?
artige Abschlüsse verstärkt wird, eingewirkt hat, muß
ebensosehr noch untersucht werden, wie die Frage,
inwieweit besonders für die Griffbildung das Dolch?
messer die Vorbindung für den zweischneidigen ge?
raden Stoßdolchist. Tatsache ist, daß in Norddeutsch?
land viele Dolche (Beispiele in Hamburg, Lübeck und
anderwärts zum großen Teil Bodenfunde der Gegend)
vertreten sind, die dem schottischenVorbild sehr nahe
kommen.
Bei dieser völligen Unklarheit der Entwicklung und
des Ursprungs müssen wir uns vorerst in der Ge?
schichte des Dolches auf die Abgrenzung von Typen
beschränken, von denen hier eine besonders inter?
essante Gruppe vorgelegt sei.
Für das Hamburgische Museum für Kunst und
Gewerbe wurde kürzlich aus dem Kunsthandel ein
Dolchmesser erworben, das nach Angaben des Vor?
besitzers im Moor bei Bremen gefunden ist. Das ein?
schneidig stark rostzerfressene Messer mit einer ur?
sprünglich noch mit einer Messingeinlage versehen
gewesenen Blutrinne, sitzt in einem Handgriff aus
Walroßzahn (Abb. 1). Der Griff hat unten und oben
als Begrenzung der Handfläche je zwei hervorragende
Köpfe mit weit überhängendem Lockenhaar. Die üb?
rige Griffläche hat die Form eines länglichen Rhombus,
in dessen Mitte beiderseits ein Vierpaß mit einem
männlichen, bartlosen Kopf eingeschnitten ist. Die
Umrahmung und die freien Flächen sind verschie?
dentlich mit eingeschlagenen Punkten verziert. Auf
der oberen Seite des Griffes kommt die Dornver?
längerung der Klinge zum Vorschein, vermutlich ur?
') Vergl. Schwietering, Griffel und Dolch, Z.H.W. K. 7, 190-
2) Geßler, Die ritterliche Bewaffnung von 1381 (Schlacht bei
Sempach), Z. H.W. K. 6, 208.

sprünglich hier eine Öse bildend, zum Anhängen des
Dolchmessers an eine Kette. An der Rüstung des
14. Jahrhunderts trug der Ritter das Schwert links und
den Dolch oder das Dolchmesser zur Erteilung des
Gnadenstoßes oder zur Verteidigung im Nahkampf
an der rechten Seite meist an einer Kette.* 2)
Durch die Fundstelle wird das Hamburger Dolch?
messer nach Norddeutschland verwiesen, auf Nord?
deutschland deutet auch
das Griffmaterial. Wal?
roßzahn war ein belieb?
ter Handelsartikel der
nordischen Länder, ein?
schließlich England, das
nach den Küsten des
Festlandes gebracht
wurde. Mehrfach sind
Dolchgriffe aus Walroß?
zahn hergestellt, das
Museum für Kunst und
Gewerbe besitzt außer
dembeschriebenennoch
ein Messer mit Walroß?
zahngriff, das der Zeit
um 1200 angehört und
aus der Elbe bei Finken?
wärder gebaggertwurde.
Es kann also die Lokali?
sierung ebenso wie die
oberflächliche Datie?
rung aus stilistischen
Gründen, erste Hälfte
des 14. Jahrhunderts, als
feststehend angesehen
werden. Schwieriger ist
es, Analogien zu finden.
Unsere Nachforschun?
gen ergaben die Fest?
Stellung von zunächst wenigstens zwei im Typus
nächstverwandten Stücken.
Die erste Parallele (Abb. 2) ist ein Dolch, der sich
früher im Rathaus zu Coesfeld in Westfalen befand
und 1879 an Bourgeois in Cöln verkauft wurde und
schließlich in die Sammlung des Baron von Roth?
schild in Frankfurt gelangte. Nach einer alten Tra?
dition in Coelsfeld soll der Dolch im 16. Jahrhundert

Abb. 1
Dolchmesser 14. Jahrh.
(Niedersachsen)
 
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