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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Rohde, Alfred: Ein Dolchmesser des 14. Jahrhunderts im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0184

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156

ALFRED ROHDE: EIN DOLCHMESSER DES 14. JAHRHUNDERTS

BAND 9

sich im Besitz des früheren Richters, späteren Räubers
Kord Kamphues befunden haben, der am 9. De»
zember 1580 in Bevergern hingerichtet worden ist.
Die Tradition mag fromme Sage sein, sicher ist der
Dolch in seinem Griff und in seiner Scheide älter.
Da aber die Scheide nicht in der Mittelachse des
Griffes liegt, werden wir auch hier wohl Ursprünge
lieh ein Dolchmesser vor uns gehabt haben; es ist
nicht ausgeschlossen, daß
dieses Messer dann vielleicht
im 16. Jahrhundert durch
einen zweischneidigen Stoß«
dolch ersetzt worden ist.
Der erste Blick zeigt die
Verwandtschaft des Griffes
mit dem Hamburger Stück.
Als Griffenden zur Begrenz
zung der Handflächen die»
nen wieder Köpfe, von denen
zwei männlich, mit stilisiert»
lockiger Frisur, zwei weib»
lieh, mit verhüllendem Kopf»
tuch sind; an dem Exemplar
der Sammlung Rothschild
laufen die Köpfe in Figuren
aus, von denen die Schultern,
die Arme und Hände fein
modelliert sind. Durch die
Ausbuchtung der Mitte hat
auch hier der ganze Griff
rhombenartige Form; in der
Mitte sitzt eine männliche,
hier bärtige Maske in einer
Rautenumrahmung an Stelle
des Vierpasses beim Ham»
burger Stück. Das Material
des Coesfelder Dolches ist
Elfenbein. Am oberen Ende
des Griffes ist die durchge»
führte Klinge wieder sichtbar, hier ist eine Dreipaß»
öse gebildet, in der durch eine Kette der Dolch zum
Aufhängen eingerichtet war. Der eine Elfenbeinkopf
fehlt. Auch dieser Dolch ist durch seine Jahrhunderte
zurückreichende Provenienz auf Norddeutschland
festgelegt. Westphalen war durch die Handelsbezie»
hungen der Hansa stets aufs engste mit der Nord»
küste verknüpft.
Ein drittes Stück (Abb. 3), das dem Coesfelder
Dolch wieder sehr nahe steht, ist ein Dolch» oder
Messergriff, der sich seit 1867 im Victoria»and»Albert»


Abb. 2
Dolch aus Coesfeld, West»
phalen (Sammlung Roth»
Schild, Frankfurt)

Museum in London befindet. Stilistisch gehört er
wohl an letzte Stelle dieser Reihe. Die Köpfe sind
weiter aus der Griffmasse herausgearbeitet, die Be»
tonung der Mittellinie, die Rautenumrahmung des
bärtigen Kopfes ist straffer durchgeführt. Der Katalog
des Victoria»and»Albert»Museum3) bezeichnet den
Griff als französisch, aber durch die beiden Parallel»
stücke in Frankfurt und Hamburg wird man den
Ursprungsort — eine Provenienz für das Stück kann
wohl nicht angegeben werden — ebenfalls in Nord»

Abb. 3
Dolchgriff
(V. and A. Museum London)


deutschland zu suchen haben, wenn auch der Einfluß
französischer Elfenbeine des beginnenden 14. Jahr»
hunderts ebenso wie bei dem Coesfelder Stück nicht
geleugnet werden kann.
Vcir haben also drei wertvolle Beispiele ein und
desselben Typs von Dolchmessern, die der Zeit
zwischen 1300 und 1350 angehören; es wäre inter»
essant zu erfahren, ob sich diese Gruppe noch ver»
mehren läßt.

s) Ancient and Mediaeval Ivories in the South Kensington
Museum. London 1872. S. 112.
 
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