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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Mützel, Hans: Eine Offiziersuniform des 30jährigen Krieges im Berliner Zeughaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0192

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164

HANS MÜTZEL: EINE OFFIZIERSUNIFORM DES 30JÄHRIGEN KRIEGES

BAND 9

EINE OFFIZIERSUNIFORM DES 30JÄHRIGEN KRIEGES
IM BERLINER ZEUGHAUS
VON HANS MÜTZEL

Zu den Neuerwerbungen des Berliner Zeughauses
gehört ein fünfteiliges soldatisches Lederkostüm aus
der ersten Hälfte des XVII. Jahrh. (Abb. 1), wel*

Abb. 1
Lederuniform 1630—1640
(Zeughaus Berlin)


ches wahrscheinlich von vornherein ein kostümliches
Ganze bildete, bestehend aus einer grobleinenen
Unterweste mit Lederärmeln, einer Lederweste ohne

Ärmel (Abb. 2), einem ärmellosen Kollett (Abb. 3)
und einem Hut. Alle Stücke sind von gelbgrauem
Elenleder und ihre Machart ist so übereinstimmend,
daß auch hieraus auf ihre ursprüngliche Zusammen;
gehörigkeit zu schließen ist. Als Teile eines militäri*
sehen Kostüms gehören diese Stücke in die Waffen;
künde und ins Zeughaus, dem Kostümforscher sind
sie ebenso interessant, weil sie in Bezug auf Schnitt
und Technik dem bürgerlichen Kostüm angehören.
Denn waren schon in der Zeit der starren Eisen*
rüstung die Wechselbeziehungen zwischen den For*
men der bürgerlichen und der ritterlichen Tracht
unverkennbar, um so vielmehr zur Zeit, als man den
Eisenschutz aufgab und die militärische mit der bür*
gerlichen Tracht auch im Material übereinstimmte;
die selbständige Uniform begann sich erst aus den
Zweckformen der bürgerlichen Tracht zu entwickeln.
Noch in der letzten Zeit des dreißigjährigen Krieges
war der Schnitt des bürgerlichen Gewandes so über*
einstimmend mit dem Soldatenrock, daß man im
einzelnen oft nicht sagen kann, welcher von beiden
dem anderen als Vorbild diente. Nicht selten ist in
diesen kriegerischen Zeiten wohl der Militär in der
Mode tonangebend gewesen. So hat die breite Binde,
die besonders in Deutschland und Holland der
Bürger quer um den Leib schlang, zumal wenn er
einer der vielen Schützengesellschaften angehörte,
ihr Vorbild in der Feldbinde, welche ein Abzeichen
der höheren militärischen Chargen war. Sie muß
man sich auch ergänzend zu dem Soldatenkleid des
Zeughauses hinzu denken.
Ganz zweifelsfrei zusammengehörig sind die beiden
Westen. Die ärmellose Lederweste wird ergänzt durch
die gewissermaßen westenlosen Lederärmel; denn
die Lederärmel sind an der Unterweste die Haupt*
Sache, und das Leibchen aus groben Leinen ist nur
das unentbehrliche Verbindungsstück. Durch diese
Trennung behielt man sich die Möglichkeit ab*
wechslungsreicher Zusammenstellungen vor. Das
leinene Leibchen hat vorn Schnürverschluß, wozu
auf jeder Seite zwölf Löcher dienen. Die Vorder*
länge ist 29 cm, die Rückenlänge 35 cm. Die Ärmel
zeigen einen 14 cm langen Schlitz am Handgelenk,
der durch fünf mit Seide und Silberfaden über*
sponnene Knöpfe geschlossen werden kann; eine
 
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