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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0046

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30

FACHNOTIZEN

BAND 9

FACHNOTIZEN

Wie die Wiener Lanze des heiligen Mauritius wirklich aus*
sieht. Durch Wilhelm Erbens Studie (Z. HW. K. 8, 367) über die
in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien aufbewahrten Waffen

wurde das geschichtlich merkwürdigste Stück aus diesem kleinen


Lanze des Hl. Mauritius
Wien, K. Schatzkammer

Arsenal um so mehr in den Vordergrund
des Interesses der Freunde alten Gewaffens
gerückt, als Erben betont, daß Boeheim in
seiner „Waffenkunde“ nicht nur die Wiener
mit der Krakauer Lanze des heiligen Mauris
tius verwechselt, sondern auch von der
Wiener Lanze ein gänzlich falsches weil
unvollständiges Bild gibt, und dieses falsche
Bild sich in der Fachliteratur — ich verweise
nur auf Jähns „Entwicklungsgeschichte der
alten Trutzwaffen“, Tafel X, 9 — wie ein
ewiger Fluch forterbt.
Weil die großen Werke über die Kleins
odien in der Wiener Schatzkammer ebenso
wie der so gut wie vergriffene „Führer“
durch diese den meisten Gliedern unserer
Gemeinde unzugänglich sind, so ist es viels
leicht willkommen, wenn ich versuche, das
von Boeheim gegebene offenbar auf eine
Nachlässigkeit des Zeichners, wozu sich ein
Übersehen Boeheims gesellte, zurückzu*
führende falsche Bild hier richtig zu stellen.
Die Zeichnung selbst lehnt sich an ein dem
oben genannten „Führer“ (S. 68) entnoms
menes Bild an. Hinsichtlich der Beschreis
bung verweise ich auf Erbens Aufsatz. Ich
erinnere nur daran, daß der dort erwähnte
geschiente Sprung sich an der vom Bes
schauer rechts gelegenen Hälfte des Speers
eisens befindet, etwas unterhalb des angebs
liehen Nagels vom Kreuze Christi.
Otmar Baron Potier
Aus dem Zeughause der Stadt Brauns
schweig. EinVortrag im Braunschweigischen
Geschichtsverein über das „Tagebuch eines
fürstlichen Reiseapothekers im 17. Jahrs
hundert“ brachte eine kleine Nachricht ans
Licht, die ich den Freunden der historischen
Waffenkunde nicht vorenthaltcn möchte. Es
handelte sich um die in der Landesbibliothek
zuWolfenbüttel unter,.Extravaganten 267,1“

aufbewahrte Handschrift: „Wageners Eigen Reisbeschreibung.
KurtzeVerzeichnungmeinergeringenReise.angefangen annolt>52.“
Wagener war gebürtig aus Holstein. Der Flerzog Ferdinand
Albrecht II. von BraunschweigsBevern hatte ihn kennen und
schätzen gelernt und ihn veranlaßt, ihn auf vorhabenden Reisen

zu begleiten. Wagener kam so weit umher und nutzte die
Gelegenheiten, sein Wissen zu bereichern, gut aus. Im Jahre 1658
war er mit dem Herzoge in Wolfenbüttel, von wo aus er die
benachbarte Stadt Braunschweig besuchte und darüber unter
anderem folgendes aufschrieb:
„Anno 1658 den 21. März, nachdem die Pest ein wenig auf-
gehört, spazierte ich von Wolfenbiittel hinüber nach Braun-
schweig .... IT7r gingen, nachdem wir in der Kirche zu den

Brüdern gewesen, zuerst in das Zeughaus." (Das Zeughaus der
Stadt war in dem früheren Refectorium der Brüdern*Kirche
eingerichtet.) .... „Auch zeigte man uns ein Rohr von Messing
gemacht, mit zwei Läufen, zweimal daraus zu schiessen, und
hatte die Stadt erstlich noch ein gut Theil neuer Musketen bringen
lassen, die vorn auf dem Lauf ein klein Keulchen, darinnen man
ein wenig Pulver thun könnte, welches man abbrennete. Man
schiesst, die Gegenpartei damit zu verführen, welche alsdann
meint, als wenn er fehlte. Wenn er aber gleich darauf eindringen
will, giebt man Feuer und wird so der Gegenteil betrogen. —
Es hatte ein ehrbarer Rat selbiger Stadt die Anordnung gemacht,
dass, wenn ein Bürger ohne männliche Erben stirbt, sein Feuer-
rohr und Degen ins Zeughaus geben musste, da denn etliche
Tische voll von Röhren lagen von den Bürgern, so in der Pest
gestorben waren . . . .“
Diese letzte Nachricht ist zwar weniger wichtig, ich bringe
sie aber doch, weil sie zeigt, wie „ein ehrbarer Rat“ bemüht
war, eine Art Kontrolle über die Waffen der Bürger zu behalten
und gleichzeitig den Bestand des städtischen Zeughauses zu
vermehren. Sehr bemerkenswert aber erschien nur die Nach*
richt von den Musketen mit den „kleinen Keulchen“ (wohl
verhochdeutscht von Kaule, Kuhle) und wichtig vielleicht
auch zur Beantwortung der Frage Z. H.W. K. 8,349, nach
dem Zwecke jener kleinen Näpfchen oder Pfännchen auf
einigen Falkonettrohren der Veste Coburg. Ob diese kleinen
Pfannen wirklich Anfänge einer Wasserwage vorstellen, ob
ihre Lage bald unmittelbar vor oder hinter einer Art von
Visierkimme von Wichtigkeit für die Zweckerklärung sein
kann, das zu entscheiden, muß ich Berufenem überlassen.
Mir schien es nur denkbar, daß diese Pfännchen auch schon
zu dem gleichen Täuschungszwecke angebracht gewesen sein
könnten, wie später bei unseren Musketen. Herr Oberst von
Lößnitzer lehnt diese Deutung ab, auch aus dem Grunde, weil
bei den Falkonetten das Pfännchen weit hinten liegt, bei den
Musketen aber vorn gesessen haben soll. Meine Annahme
mag ja falsch sein, aber die Nachricht von den Musketen von
1658 möchte ich nicht unterdrücken, denn diese Flinten scheinen
nicht sehr verbreitet und noch weniger erhalten zu sein. Es
will mir auch sehr begreiflich scheinen, daß diese schlaue
Erfindung nicht viel Erfolg und Dauer gehabt hat, denn sie
war doch wertlos, sobald der Gegner den Schlich erkannt hatte.
Darum wäre es wohl denkbar, daß die gleiche Erfindung 150 Jahre
früher schon angewendet, aber wegen Untauglichkeit bald
verlassen und vergessen und doch nach so langer Zeit noch
einmal aufgegriffen wurde. Robert Bohlmann
Steigbügel mit Sporen. Forrer bildet in seinem Werk über
den Steigbügel (Berlin 1896, Taf. 17, Fig. 17) eine Vereinigung von
Steigbügel und Sporen des 17. Jahrhunderts ab. Der Sporn ragt
unter der Sohle nach hinten hinaus. Einen orientalischen Bügel,
dessen Sporn seitlich herausragt, zeigte ich hier (7, 343).
Jüngst sah ich im Nationalmuseum in München ein Paar
reich vergoldete Bügel mit ansitzenden, nach hinten ausragen*
den Sporen, die von Herzog Christoph in Bayern stammen
sollen, also aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. stammen
würden (Saal 21). Auch möchte ich auf eine reichhaltige Samm*
lung zur Entwicklung der Steigbügel aufmerksam machen, die
das Staatliche Museum für Völkerkunde in Hamburg angelegt
hat. F. M. Feldhaus
 
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