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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 6/7
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Doege, Heinrich: Das von Quetzische Hochzeitsbüchlein
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Dihle, Helene: Herkunft und Entstehung des Flügelkleides
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0245

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HEFT 6/7

HELENE DIHLE: HERKUNFT UND ENTSTEHUNG DES FLÜGELKLEIDES

213

Facoletten (d. i. Taschentücher) mehr allß in 250 fl.
Meine Kleydung vnd Zuegehör hat gestandten biß
in.‘. 300 fl.
Meines Vffwartters vnd Dienner Klaydung 80 fl.
Der Braut Mägdel oder Vffwartterin hab Ich ge-
schenckht an gelt, Kleider vnd Silbern Gürtel 45 fl.
An Extraordinari geschenkhen vnd Kuppelpelzen
wie mann es deren Orthen neriet, hab Ich außgeben
gewißlich in. 300 fl.
Meiner Lieben Braut hab Ich vor, in, vnd nach der
Hochzeit geschenchhtalß er stlichbey demversprechEin-
hundert Tucaten in ein schwartz Sammet Beutel 300 fl.

Hör ein gülden Halßbandt mit Rubinen . 105 fl.
Vor ein Silbern Flaschen.43 fl.
Vor ein durchbrochene Schalen von Silber 15 fl.

Vor ein Weiß geschmelzte Rosen mit Rubin 17 fl.
Vor ein Weiß geschmelzte Rosen mit
1 Schmarackt ............ 10 fl,
Vor ein Weiß Rösel mit ein Rubin . . . 8 fl.
Vor gallanteri auß Vened: (Galanteriewaren aus
Venedig) . ... . , ...... 10 fl.
Zwo Güldene Ketten so Rossten in . . 300 fl.
Vor ain Kleinodt mit Diamanten vber . 200 fl.
Ein Klinodt wie ein Jagerhorn mit Rubin vnd Di-
amanten in. 40 fl.
Ein Ring mit einer Taffel Rubin wenigst 40 fl.
Ein Ring in Form einer Lilien mit Diamanten 25 fl.
Einen Ring mit einer Rosen von Diamanten
bey.15 fl.
Einen Ring von Diamanten wie ein Herz in 16 fl.
Einen Ring mit einer Taffel vonWeiß Saphir 20 fl.

HERKUNFT UND ENTSTEHUNG DES FLUGELKLEIDES
VON HELENE DIHLE

Mit dem Worte „Flügelkleid“ pflegt meist die
recht unklare Vorstellung eines Kinderkleides oder
noch allgemeiner die eines leichten, luftigen Ge*
wandes verbunden zu werden.
Diese Erklärung muß uns aber von vornherein
anfechtbar erscheinen, wenn wir uns vergegenwärtigen,
daß die Bezeichnung „Flügelkleid“ ungefähr vom
Jahre 1700 an das ganze 18. Jahrhundert hindurch ge*
bräuchlich war, zu einer Zeit also, wo es eine eigent*
liehe Kinderkleidung, d.h. eine dem kindlichen Körper
mit Vorbedacht angemessene und von der der Er*
wachsenen verschiedene Kleidung noch gar nicht gab.
Ebensowenig kann damals, ehe mit der französischen
Revolution die griechische Tracht aufkam, von einer
leichten und luftigen Kinderkleidung gesprochen
werden.
Gehen wir zunächst der sprachlichen Bedeutung
nach, so ergibt sich, daß man früher mit „Flügel“
u. a. die herabhängenden, nicht fest anliegenden Teile
an verschiedenen Kleidungsstücken bezeichnete, daher
die Redensart „jemanden beim Flügel erwischen“.
Ein Flügelkleid muß also ein Kleidungsstück ge*
wesen sein, an dem etwas lose herabhing.
Die Lexika jener Zeit vermögen uns über Aus*
sehen und Bedeutung des Kleides, wenn sie es über*
haupt erwähnen, nur recht ungenügende, über seine
H erkunft aber gar keine Auskunft zu geben. Nur in der
Enzyklopädie von Krünitz — dieser ausgezeichneten
Quelle für kostümgeschichtliche Einzelheiten des
18. Jahrh. — wird das Flügelkleid kurz beschrieben

als „ein Kleid kleiner Kinder, an welchem vom
Rücken zwei breite Streifen wie Flügel herabhängen“.
Diese Beschreibung trifft äußerlich das Richtige.
Eine Reihe von Abbildungen aus jener Zeit lassen
uns keinen Zweifel über den Zweck dieser aus den
Armlöchern oder den Achselnähten hervortretenden
Streifen: man gebrauchte sie, um das Kind beim
Gehenlernen daran zu halten, also als Gängelbänder.
Je weiter wir nun aber im 18. Jahrhundert zurück*
forschen und je mehr wir uns darüber hinaus unter
den Porträts und Bildern des 17. Jahrhunderts um*
sehen, desto häufiger werden wir bemerken, daß
sich diese Streifen nicht nur an dem Anzuge kleiner
Kinder finden, sondern daß auch größere Kinder,
ja sogar Erwachsene sie tragen. Das zeigt uns ganz
deutlich, daß ihre Erfindung nicht aus der Kinder*
stube von fürsorglichen Müttern und Kinderwärte*
rinnen stammen kann, sondern daß es sich um eine
modische Gewandzutat handelt, deren Ursprung
Jahrhunderte zurückliegt.
Wenn die Brüder Grimm ein Flügelkleid als
„leichtes, jugendliches Gewand mit hängenden
Ärmeln“ kennzeichnen, so trifft das zwar für das
18. Jahrhundert, das keine hängenden Ärmel kannte,
nicht zu, sie weisen unserem Forschen damit aber
ungewollt den rechten Weg: denn diese herabhän*
genden Streifen, diese Flügel, sind nichts anderes
als Rudimente von Ärmeln.
Ein kurzer Überblick über die Entwicklung des
Ärmels möge diese Herkunft veranschaulichen.
 
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