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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Forrer, Robert: Von bemalter und bezogener Rüstung
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0182

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ROBERT FORRER: VON BEMALTER UND BEZOGENER RÜSTUNG

BAND 9

und die meistenWaffenVersteigerungskataloge. Wahr*
scheinlich war auch die geätzte und 1531 datierte säch*
sische Rüstung der Sammlung Zschille, Katalog Forrer
162, Taf. 66,67, in den Feldern ehedem schwarz bemalt.
Als seltene Ausnahmen erscheinen nach der Mitte
des XVI. Jahrhunderts, in der Hauptsache aber gegen
Ende desselben, die gebläut en Har nis ehe. Bläuung
ist um diese Zeit ja auch an Schrank*Türbändern und
Schloßgerichten viel beliebt. Eines der ältesten und
besten Beispiele bietet Diener*Schönberg in
seinen „Waffen der Wartburg“ 1912 in dem gebläuten
und mit vergoldeten Ätzbordüren verzierten nieder*
deutschen Prunkharnisch der Zeit um 1560, Fig. 77,
Taf. 36 (der eigentlich aus Resten zweier gebläuter
Harnische zusammengesetzt ist, da Helm und Ach*
sein von einem andern, gleich schönen gebläuten
Harnisch stammen). Ein weiteres frühes Beispiel
ist der italienische Prunkharnisch des Don Juan
d’Austria von ca. 1575, in Boeheims Album I, Ta*
fei XXXI, Fig. 2. Die Felder sind rötlich leuchtend
gebläut, die Bordüren vergoldet, geätzt und gepunzt
und mit kleinen Goldperlen eingefaßt. Auch der zu
dieser Prunkrüstung par excellence gehörende Schild
trägt gebläuten Grund und ist im übrigen ebenso de*
koriert. — Ungefähr gleichaltrig (Boeheim setzt sogar
1560, doch ist das vielleicht etwas zu früh) ist der
gleichfalls gebläute und mit geätzten Bordüren ver*
zierte Harnisch des Stefan Bathory in derselben Samm*
lung (Boeheim I, Taf. XXIII, Fig. 1). Eine gebläute
Brust mit Rücken, nach unten dreifach geschient und
gleichfalls zwischen 1570 und 1580 zu setzen, habe ich
im Katalog Zschille unter Fig. 163, auf Taf. 66 und 67
abgebildet. Einen gebläuten Reiterharnisch der Spät*
zeit, aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts,
bieten Diener*Schoenbergs Wartburgwaffen 93,
Tafel 143. Eine gebläute Rüstung mit vergoldeten
Zierknöpfen des Züricher Zeughauses und jetzt im
dortigen Nationalmuseum habe ich bereits eingangs
erwähnt.
In der Zeit zwischen 1600 und 1650 verschwinden
dann auch die geätzten Bänder von den Rüstungen
immer mehr und herrscht nun die Schwa rzrüstung
fast unumschränkt. Ein sehr schönes Beispiel, wie
jene Bänder verschwanden, veranschaulicht die Hef*
nersche Reiterrüstung Nr. 7 seines Waffenkatalogs,
wo die Bänder trotz der breiten Rüstfläche zu ganz
schmalen Linien zusammengeschrumpft sind. In den
gleichaltrigen Rüstungen Gimbel „Tafeln zur Ent*
wicklungsgeschichte“ Fig. 1, Taf. VII und Diener*

Schoenberg „Wartburg“ Taf. 40, 44, ist dann auch
der letzte Rest einer weißen Bordüre der schwarzen
Farbe gewichen.6) Natürlich sind auch die Helme
dieser Zeit zumeist voll geschwärzt7) und gar mancher,
der heute mit seiner blanken Weiße protzt, verdankt
diese nur nachträglicher Entfärbung. Man erkennt
diese oft noch an dem rauhen Untergrund oder, wenn
dieser nachpoliert worden ist, an derartigen Spuren in
der Nähe der Kanten und Rinnen (vergl. z. B. Waffen*
sammlungskatalog Gimbel, Fig. 53, 77 und 79).
Dabei darf aber natürlich nicht vergessen werden,
daß vielleicht schon in alter Zeit gelegentlich kriege*
rischer Unternehmungen Schwärzungen eingetreten
sein können, die man in Friedenszeiten wieder ent*
fernt hat — etwa den modernen Uniformen vergleich*
bar, die im Kriege ja auch gewissen Vereinfachungen
und Veränderungen unterliegen.
Den Abschluß stellen innerhalb dieser geschwärzten
Harnische die sogen. Tranchee = Rüstungen dar,
wie sie in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts
zum Begehen der Trancheen üblich wurden und es
bis weit in das XVIII. Jahrhundert hinein, allerdings
unter immer größerer Vereinfachung von Panzer und
Helm, blieben. Vielfach wurden diese Tranchee*
arbeiten und Begehungen nur bei Nacht ausgeführt,
und so war es ein allererstes Gebot der Vorsicht, die
diesen Handlungen dienenden Rüstungen restlos zu
schwärzen. Di en er* Schoenberg hat das Verdienst,
diese bei den Sammlern wenig beliebten und aller*
dings recht unschönen Harnische in seinen „Waffen
der Wartburg“ in guten Typen und guten Abbil*
düngen vorgeführt zu haben (ebenda Taf. 45 und
auch zum Teil Taf. 46).
Für das XVI. und XVII. Jahrhundert mögen die
oben angezogenen Beispiele, die sich noch beliebig ver*
mehren ließen, genügen. Aber für das XV. Jahrhundert
gilt es weitere Beispiele an Originalen und von Ge*
mälden, Miniaturen etc. beizubringen — nicht zu ver*
gessen die italienischen Cassoni des Quattrocento,
die so oft reich gerüstete Kriegergestalten zur Darstel*
lung bringen. Noch mehr aber als die samtbezogene
Prunkrüstung werden uns die lederbezogenen und
die bemalten Helme und Rüstkleider der eigentlichen
Kampfrüstungen und der minder bemittelten Fuß*
kämpfer der Gotik anziehen.
6) Vergl. ferner GimbeLKatalog Fig. 13 Taf. VI.
’) Beispiele Gimbel „Tafeln“ Helme Fig. 1, 10, 11, 12, 13,
14, 15 Taf. VII. DienersSchoenberg „Wartburg“ Fig. 243, 247,
Taf. 50.
 
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