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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

DOI Heft:
Heft 6/7
DOI Artikel:
Dreger, Max: Ein Degen aus der Sammlung Dreger Berlin-Steglitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0232

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200

MAX DREGER: EIN DEGEN AUS DER SAMMLUNG DREGER, BERLIN*STEGLITZ

BAND 9

Gegensatz zum Gefäß in untadliger Verfassung. Die
Klinge ist eine schmale zweischneidige Degenklinge
von sechseckigem Querschnitt mit einem Absatz von
viereckigen Querschnitt; beiderseits eine schmale Bluts
rinne, die etwa ein Drittel des Blattes und den Absatz
durchzieht. Als Herstellungsort ist wohl mit Be*
stimmtheit Solingen anzunehmen; eine Schmiedemarke
fehlt, in der Blutrinne ist „Antono Pichinino“ einge*
hauen. Alles deutet darauf hin, daß die Klinge noch
die ursprüngliche zu dem Gefäß gehörige ist. Dieses
aus dunkel gebläutem Eisen und über und über, auch
auf den inneren und rückwärtigen Teilen mit reich
geschnittenen Darstellungen bedeckt, gehört zu den
spätesten Beispielen der Spangenkorbgefäße, die be*
reits eine merkliche Rückbildung zu einfacheren
Formen aufweisen. Das Kreuz, mit niedrigem herz*
förmigem Mittelschild und flachen Armenden ist
schwach auf und ab gebogen; der Griffbügel mit
flachem Mittelteil berührt oben den schweren, birn*
förmigen Knauf und sendet unterhalb der Mitte eine
Terzspange zu einem Terzbügel ab, der von den un*
teren Enden der Eselshufe schräg nach oben strebt
und auch einen flachen Mittelteil aufweist. Auf der
Quartseite löst sich eine zweite Spange vom Hieb*
arme des Kreuzes ab, um sich, nach unten in eine
kleine dreieckige Stichplatte übergehend, ebenfalls
mit den unteren Enden der Eselshufe zu verbinden.
Der leicht geschwellte Griff ist mit geflochtenem
dunklem Stahldraht glatt bewickelt; Türkenzöpfe sind
nicht verwendet. Die Scheide, von ziemlich kräftigem,
rundlichem Querschnitt ist mit schwarzem Lackleder
bezogen, oben seitlich geschlitzt, um den Eselshufen
Eintritt zu gewähren und hat einen Scheidenschuh
von einer dem Gefäß genau entsprechenden Aus*
führung. Als Tragevorrichtung befindet sich oben an
der Scheide nur eine wulstartige Verdickung, die ver*
hindern sollte, daß der Degen aus der enggeschnallten
Degentasche herausgleite.
Als Waffe bietet der Degen also nichts besonders Be*
merkenswertes, der Korb macht sogar einen etwas
mageren Eindruck. Der Eisenschnitt steht indessen
in Entwurf und Ausführung auf einer derart künst*
lerischen, die besten Arbeiten des 16. und 17. Jahr*
hunderts überragenden Höhe, daß die Suche nach
dem unbekannten Künstler als Pflicht erscheint. Es
sind mir nun in den öffentlichen Sammlungen Europas
eine Reihe von Degen bekannt geworden, die wohl
alle bestimmt dem gleichen Eisenschneider zuzu*
schreiben sind. Wenn ich den Degen meiner Sammlung
mit Nr. 1 bezeichne, sind es folgende:
Nr. 2 Degen Nr. G. 175 der Armeria Reale
zu Turin, abgebildet im 3. Bande des Albums,

Taf. 139Fig. G. 175, inGestaltung des Spangenkorbes
der Nr. 1 fast gleich, nur der Terzbügel mit einem
Stichblatt ausgefüllt und die Quartspange etwas anders
geformt.
Nr. 3. Degen Nr. 65 aus Schloß Windsor,
abgebildet im Katalog von G. F. Laking, Taf. 10, ohne
Griffbügel und Spangen, der untere Terzbügel mit
einem Stichblatt ausgefüllt; ein kleiner Quartbügel
von viereckiger Form.
Während diese drei Degen sich noch an die Formen
des 16. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 17.Jahr*
hunderts anlehnen, weichen die weiteren Degen be*
reits gänzlich davon ab und bieten Übergänge zu den
Formen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Be*
sonders kennzeichnend für die Gruppe ist, daß jeder
Handschutz unterhalb des Kreuzes fehlt und daß das
Mittelschild des Kreuzes die Form einer langen Hülse
annimmt, die mehrfach am unteren Ende eine Art von
Scheidendeckel besitzt. Ein besonderer Hiebarm des
Kreuzes fehlt meist und wird durch den Griff bügel
ersetzt. Von ihm zweigt sich in der Regel eine Terz*
spange zum Deckarm ab.
4. Degen Nr.805 derWaffensammlungWien,
abgebildet im Album von Boeheim, Bd. II, Taf. 43,
entspricht genau vorstehender Beschreibung.
5. Degen Nr. 69 aus Schloß Windsor, abge*
bildet im Katalog vonG. F. Laking, Taf. 8. entspricht
ebenfalls vorstehender Beschreibung.
6. Degen Nr. 1861 der Leibrüstkammer zu
Stockholm, abgebildet im Album von C. A. Oßbahr,
Bd. I, Taf. 24, Fig. 1, entsprach ebenfalls vorstehender
Beschreibung, war aber zusammengedrückt und zer*
brachen und wurde bei späterer Wiederherstellung
mit dem verkümmerten Terzbügel versehen, den es
jetzt aufweist.
- _ XT 233 2644 j -v i
7. Degen Nr. 187_ • J903 ausdemZeughausezu
K o p e n h a g e n, abgebildet im Führer von 1877 Taf. 12,
Nr. B. 233, weicht von der Beschreibung insofern ab,
als das Kreuz einen Hiebarm besitzt, der sehr kurz,
nach Art eines Eselshufs, nach unten gebogen ist.
Außerdem geht von der Terzseite des Mittelschildes
eine muschelförmige Stichplatte wie bei Hirsch*
fängern ab.
8. Degen Nr. 5694 der Leibrüstkammer zu
Stockholm, abgebildet im Album vom K. A. Oßbahr,
Bd. I, Taf. 26, Fig. 3. Entspricht im wesentlichen der
Beschreibung, hat nur einen Terzbügel statt der Terz*
spange.
Die Knaufe dieser acht Degen, jeder Bügel, jede
Spange und bei Nr. 3 auch der Griff selber sind genau
wie Nr. 1 auf allen Seiten mit Darstellungen in flachem
 
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