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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

DOI Heft:
Heft 6/7
DOI Artikel:
Dreger, Max: Ein Degen aus der Sammlung Dreger Berlin-Steglitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0233

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HEFT 6/7

MAX DREGER: EIN DEGEN AUS DER SAMMLUNG DREGER, BERLIN»STEGLITZ

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aber sehr ausdrucksvollem Relief bedeckt. Das Eisen
ist gebläut, auch grau oder schwarz, der Hintergrund
bei Nr. 5 und 8 vergoldet, bei Nr. 3 sind Einzelheiten
der Figuren mit Gold verziert. Die weniger ins Auge
fallenden dünnen Teile sind von Ranken mit Blättern
und Früchten, meist Granatäpfeln, umgeben; die
breiteren Flächen prangen mit einzelnen oder mit
Gruppen von Menschen, die meisterhaft in den Raum
gesetzt, gut entworfen und ebenso feinfühlig in den
harten Werkstoff geschnitten sind. Meist sind diese
Darstellungen von Kartuschen umgeben, die beson«
ders kennzeichnend für den Meister sind und eine
gewisse zeitliche Entwicklung, ähnlich der von mir
gewählten Reihenfolge vermuten lassen. Am ruhigsten
wirken die Kartuschen von Nr. 1 und 2, die den Ein«
druck machen, als ob kostbarer schwerer Samt oder
feuchtes Leder in weiche Falten gelegt sei; einzelne
dieser Kartuschen gehen unten in Fratzen über.
Die Darstellungen sind der griechischen Götter« und
Heldensage oder dem alten Testament entnommen;
nur Nr. 8, die auch in Bezug auf die Ausführung des
Schnitts etwas abseits der anderen steht, zeigt einen
Jäger in der Tracht von 1660 mit Flinte, einen Hirsch
und ein Eichhörnchen.
Die auf der Tafel sichtbare Terzseite von N r. 1
zeigt das Parisurteil, Pluton, Poseidon, die Elemente
Erde und Luft, Zeus in einem von zwei Putten gehalte«
nen Rahmen und links, dicht neben der linken Putte in
starker Verkürzung Herakles mit Kerberos. Auf der
Rückseite sind der Kampf um die Waffen Achills,
Apollon, Kronos, die beiden anderen Elemente Feuer
und Wasser und Ares dargestellt, während auf dem
Scheidenschuh noch Hermes auftritt.
N r.2 trägt neben Zeus, Kronos- und den vier Eie«
menten Taten Simsons,
N r. 3 die Geschichte Davids nebst Verkörperungen
von Zeit und Ruhm,
N r. 4 Heraklestaten, die drei Horen und einen
weiblichen Kopf,
N r. 5 ebenfalls zwei Heraklestaten, Aphrodite,
Athene und Parisurteil,
N r. 6 Herakles mit Kentauren, Parisurteil, die
drei Horen und einen weiblichen Kopf,
Nr. 7 Zeus, Poseidon, Ares, Aphrodite mit Eros,
Apollon und zwei Heraklestaten,
N r. 8 neben dem oben erwähnten Jäger noch Arion
unter den Tieren und mehrere Putten.
Einzelne Vorwürfe wiederholen sich also, sind aber
stets in anderer Auffassung gegeben, so daß es den
Eindruck macht, als ob der Künstler von Vorlagen
anderer ziemlich unabhängig und sein eigener Zeichner
gewesen sei. Auch ist es mir, was freilich nicht allzu«

viel sagen will, nicht gelungen, in den hiesigen Samm«
lungen Vorbilder für eine der Gruppen aufzustöbern.
Auf keinem der Degengefäße findet sich eine An«
deutung über die Persönlichkeit des Künstlers, auch
in keiner der fürstlichen Sammlungen eine bestimmte
Nachricht über den ursprünglichen Erwerb. Was als
Überlieferung gilt, ist unwahrscheinlich. Auch die
Klingen lassen selbst da, wo sie Inschriften tragen,
keine Rückschlüsse zu, da es sehr wahrscheinlich ist,
daß die meisten erst später eingestoßen sind; die«
jenigen die möglicherweise ursprünglich zugehören,
deuten auf Solingen (Nr. 3 mit der Marke von Clemens
Horn). Dabei werden die Degen in diesen Samm«
lungen zu den größten Kostbarkeiten gerechnet, waren
früher selbstverständlich Cellini zugeschrieben, und
Männer wie Angelucci, Boeheim, Laking singen in
den betreffenden Katalogen die größten Loblieder
auf sie. Der einzige geschichtliche aber leider noch
unbenutzbare Hinweis findet sich auf dem Stichblatt
von Nr. 2 in Turin. Hier ist nämlich unter einer
Krone, umgeben von zwei Palmzweigen ein sehrver«
zwicktes, bis jetzt unentziffertes Monogramm ausge«
schnitten, dessen Buchstaben ich abweichend von
Angelucci, alphabetisch geordnet wie folgt lese:
CEHOPSTV i. Aber mache mal Einer etwas aus
diesen neun ganz wild ineinander verschränkten
Zeichen! Auch die Krone ist schwierig zu deuten;
das Einzige, was man von ihr mit einiger Bestimmt«
heit sagen kann, ist, daß sie deutsch, vielleicht die
eines Hoch« und Deutschmeisters ist. Sie besteht
aus dem Reif mit sieben Zinken, die je eine Perle
auf der Spitze tragen, und aus zwei mit Perlen be«
setzten Bügeln, überragt von einem Reichsapfel mit
Tatzenkreuz. In ihr eine volle Mütze mit gezacktem
Hermelinstulp, dessen sechs Zacken in den Zwischen«
räumen der sieben Zinken erscheinen.
Es bleiben also nur innere Gründe für eine Schluß«
folgerung: Zunächst kann, wie anfangs ausgeführt,
die Zeitspanne, in der die Degengefäße entstanden
sind, aus ihrer Form selber ziemlich genau auf 1640
bis 1675 begrenzt werden. Ferner kann man ebenfalls
aus der Form schließen, daß wenigstens die Degen
Nr. 4 bis 8 wahrscheinlich in Norddeutschland, keines«
falls im Auslande gefertigt sind. Von tüchtigen Eisen«
schneidern, die hier um die angegebene Zeit wirkten,
könnte vielleicht Gottfried Leygebe in Frage kommen,
der von 1656 bis 1667 in Nürnberg und von da bis
1682 in Berlin tätig war. Von seinen, in großer Zahl
gefertigten, eisengeschnittenen Degengefäßen konnte
die Mitwelt nicht Rühmens genug machen, und es
ist kaum anzunehmen, daß sie alle, die mehrfach
als Fürstengeschenke gedient haben, verschollen sein

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