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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 2
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Doege, Heinrich: Die Freiherrl. von Lipperheide'sche Kostümbibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0088

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HEINRICH DOEGE, DIE FREIFIERRL. VON LIPPERHEIDE’SCHE KOSTÜMBIBLIOTHEK BAND 9

Bibliothekssäle erinnert, wie wir sie aus Klöstern
des deutschen Südens kennen.
Es bedarf keiner Erwähnung, daß die gesamte
kostümgeschichtliche Literatur, die zusammenfassen»
den Werke sowohl wie die Sammlungen der trachtens
kundlich wertvollen Denkmäler aller Art, wie sie seit
200 Jahren in Frankreich, England, Deutschland Ges
lehrte und antiquarisch interessierte Künstler wie
Montfaucon, Willemin, Strutt, von HefnersAlteneck
und viele andere veröffentlicht haben, in der Biblios
thek lückenlos vereinigt sind. Herr von Lipperheide
war vielmehr in seiner langjährigen Sammelarbeit das
rauf bedacht, vor allem anschauliche zeitgenössische
Dokumente zu vereinen. Besonders wertvoll sind
unter diesen die seit der Mitte des 16. Jahrhunderts
erscheinenden gestochenen und in Holz geschnits
tenen, alten Trachtenbücher, die samt ihren Forts
Setzungen im 17. und 18. Jahrhundert, den Trachtens
büchern einzelner Länder, Städte und Stände in statt»
licher Reihe und ohne wesentliche Lücken hier ver»
treten sind, ergänzt durch wertvolle handschriftliche
und gemalte Trachtenbücher, unter denen der statts
liehe Band, den der Nürnberger Sigmund Heidt
zwischen 1560 und 1580 angelegt hat, an erster Stelle
steht. Daneben sind für die vorhergehende Epoche,
für die diese unmittelbaren Quellen der Trachtens
künde noch nicht fließen, andere mittelbare in
großer Zahl zusammengetragen, für das frühe Mittels
alter namentlich Nachbildungen von Buchmalereien
und anderen Denkmälern. Unter den Quellen für
das 15. Jahrhundert sei besonders hier hervorgehoben
eine mit Miniaturen eines flämischen Künstlers reich
geschmückte Pergamenthandschrift, eine französische
Bearbeitung des unter dem Titel Heilsspiegel bes
kannten Erbauungsbuches aus der Zeit um 1450, ein
koloriertes Exemplar eines der schönsten und ums
fangreichsten sogenannten Blockbücher, einer Apokas
lypse, aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts und
endlich die große Reihe der stattlichen gedruckten
illustrierten Bücher aus der Frühzeit der Gutenbergs
sehen Erfindung, sogenannte Wiegendrucke. Und
auch für die spätere Zeit, da die oben erwähnten uns
mittelbaren Quellen in den Trachtenbüchern und
sonst reichlicher fließen, sind die für die Trachtens
forschung wertvollen illustrierten Bücher der vers
schiedensten Art aus allen Jahrhunderten reich vers
treten. Um nur eine Kostbarkeit dieser Art zu nennen,
sobesitzt die Sammlung ein hervorragendes Exemplar
des berühmten Moreau sFreudenbergschen Monu»
ment du costume aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrs
hunderts. Und neben den Ländern des westeuros
päischen Kulturkreises ist auch der nahe und ferne

Osten nicht vernachlässigt: türkische Trachtenbücher,
islamischspersische und indische Miniaturen, chines
sische und japanische Malereien bieten dem Forscher
ein reiches Studienmaterial.
An diese allgemeinskostümkundlichen Quellens
werke schließen sich weiter unter andern die Werke
an, aus denen wir die besonderen Trachten einzelner
Stände kennen lernen: der Kaiser und Könige, der
Gelehrten, Studenten und Handwerker, der Beamten,
Geistlichen und Soldaten. Namentlichdie umfassende
Sammlung der uniformgeschichtlichen Literatur aller
Länder verdient hervorgehoben zu werden, darunter
Werke wie das berühmte Menzel’sche: die Armee
Friedrichs des Großen und andere, samt der ihr ans
geschlossenen über Waffen und ihre Entwicklung.
Eine andere nicht nur trachtenkundlich, sondern alls
gemein kulturgeschichtlich besonders wertvolle Abs
teilung neben der der besonderen Trachten für eins
zelne Stände bilden die Werke, die Trachten für
besondere Veranlassungen und besondere Zwecke
zeigen. Diese Abteilung enthält die meist sehr statts
liehen und besonders kostbaren Werke über Feste
und Feierlichkeiten aller Art: Feste der fürstlichen
Höfe, Krönungen, Einzüge, Beisetzungen, Hochzeitss
und Tauffeierlichkeiten, Feste der Kirche und Volks*
feste. Sie enthält auch die sonst wenig beachtete und
an anderer Stelle kaum gesammelte Literatur über
Tanzen, Reiten, Fechten, Jagen, Turnen und Sport,
Theater und anderes.
Aus einem andern Gesichtswinkel gesehen, zeigen
die Tracht und ihre zu allen Zeiten vorhandenen Auss
wüchse und Übertreibungen die Satiriker und Karis
katuristen. Auch diese nicht minder aufschlußreichen
Quellen zu studieren, bietet die Sammlung reiches
Material. So gut wie lückenlos besitzt sie auch alle
die Verordnungen und Gesetze, soweit sie gedruckt
vorliegen, durch die Jahrhunderte lang Landes» und
Stadtregierungen vergeblich bemüht waren, vermeint»
liehe Mißbräuche einzuschränken und die Standes»
unterschiede in der Tracht aufrechtzuerhalten. Mit
der wichtigsten Literatur über die technische Her»
Stellung der Kleider: über Zuschneidekunst, Schnei»
derei, Stickereien, Spitzen und anderes schließt dieser
Teil der Sammlung.
Neben alle die angeführten Quellenwerke tritt
eine andere Art mit dem Erscheinen der Modenzeit»
Schriften. Von der ersten 1778 bis 1786 in Paris er»
schienenen Zeitschrift, der Gallerie des modes, und
dem ersten deutschen in Weimar seit 1786 heraus»
gekommenen Modenjournal, dem Journal des Luxus
und der Moden, an besitzt die Sammlung viele Hun»
derte von Bänden dieser Art bis auf die Gegenwart
 
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