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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 5
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Potier, Otmar Baron: Vergiftete Messer
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0186

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158

DR. OTMAR BARON POTIER: VERGIFTETE MESSER

BAND 9

Besitz befindlich gewesenen Messer (Z.H.W.K. II,
32—33, Abb. 4—6). Der unter 6 abgebildete Nadel«
dolch endlich gehörte einem der ältesten Mitglieder
unseres Vereines an, dem bei Ta«wuan am 31. Juli 1904
gefallenen russischen Generalleutnant Grafen Keller.
Einen geöhrten Streicher bildet Haberlandt (Tafel I)
ab in „Werke der Volkskunst“ (Wien, 1917).
An der Hand von Literaturbelegen, von Fällen
aus dem Erfahrungsschatz des Kriminalisten hatten

hatten ferner darauf verwiesen, daß das nur wenige
Millimeter unter der Spitze der pfriemenartig zu«
geschliffenen Klinge oder der Nadel eingeschnittene
Öhr förmlich dazu einlade, dieses Loch mit einer
Giftpasta auszufüllen und so den mit einem derartig
zugerichteten Messer geführten Stoß zu einem häufig
unfehlbar tötlichen zu machen, wobei wir zunächst
an die Verwendung des von jedermann unschwer zu
beschaffenden Leichengiftes — man braucht ja nur




der Strafrechtslehrer Groß und ich damals zu zeigen
versucht, daß diese nadelartigen Waffen wegen der
Kleinheit der von ihnen erzeugten Wunden bei dem
Mangel einer gewissenhaften Totenbeschau im mo«
dernen Sinn in früherer Zeit ein Übersehen dieser
Wunden leicht ermöglichen, damit aber das Ver«
Schleiern eines Mordes besonders begünstigen. Schon
1893 hatte Groß in seinem grundlegenden „Hand«
buch für Untersuchungsrichter“ (S. 115) gesagt:
„Ebenso möglich und gewiß schon vorgekommen
sind Tötungen durch Stiche mit vergifteten Nadeln,
im Vorübergehen zugefügt und ob ihrer scheinbaren
Geringfügigkeit wenig beachtet.“ Groß und ich

einen Brocken Fleisch verwesen zu lassen — gedacht
hatten.
Als zu romantisch war damals diese Annahme von
mehreren Seiten abgetan worden. Im Leben, dessen
kaleidoskopartige Vielheit jedoch oft die ausschwei«
fendste Einbildungskraft übertrumpft, erstand für
unsere von manchem belächelte „Räuberromantik“
aber der überzeugendste Eideshelfer.
So machte B. Wandolleck4) auf die näpfchen«
artigen, 3 mm tiefen, auf maschinellem Weg gebohr«
ten Giftbehälter aufmerksam, welche sich 15 mm
unterhalb der Spitze der im verflossenen Krieg aller
4) B. Wandolleck, Humane Waffen (Schuß und Waffe IX, 36).
 
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