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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 3
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Rathgen, Bernhard von: Frankfurter Prunkgeschütze und ihre Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0110

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90

BERNHARD RATHGEN, FRANKFURTER PRUNKGESCHÜTZE UND IHRE MEISTER

BAND 9

Simon, Glockengießer, Bürger zu Frankfurt,
Stiefsohn des Meisters Stephan von Bingen, Glocken*
gießer. Dienstbrief vom 4. Oktober 1522. Verpflich*
tung auf drei Jahre, ein Kleid wie die Diener
(städtische Beamten) Wohnung im Haus bei St. Martha
(Hospital bei der Bornheimer Pforte). Im Felde
6ß Heller mit Kost, 7ß Heller ohne Kost. Wenn zu
Bonames, Goldstein oder anderen
Schlössern in der Bannmeile
43 Heller und Kost. Pulvermachen
oder andere Arbeit, im Sommer
5ß, im Winter 4ß per Tag. Ferner
soll er fleißig mit der Handbüchse
schießen und die Bürger darin
unterrichten. Seit 1525 Bürger
von Frankfurt.
Das dritte Geschütz, das der
Landgraf von Hessen aus der
Sickinger Beute erhielt, war der
„Hahn“ (Bild 9); nach Rommel
11 Schuh lang, schoß dem „Ge*
schützbuch“ gemäß 9 Pfd. Eisen.
Das Rohr besteht aus dem ganz
glatten langen Felde, das durch
eine Reifelung von dem ebenfalls
glatten zylindrischen Bodenstücke
abgesetzt ist, hat eine aus Reifen
gebildete Mundfriese, sowie eine
schwache Bodenfriese. An dem
flach gewellten Boden ist an Stelle
der „Traube“, ohne Halsung, ein
naturalistisch geformter Granat*
apfel angesetzt. Die Schildzapfen
stoßen ohne Scheiben an das Rohr
an. Gegen deren Achse, etwas
zurückgerückt, befinden sich auf
dem Zapfenstück zwei halbkreis*
förmige glatte Henkel von kreis*
förmigem Querschnitt. Als Zierde
trägt die Mundfriese die Inschrift: „Das valt Got“:
das lange Feld zeigt das Sicking’sche Wappen,
aber ohne die drei Granatäpfel auf dem das Zimier
bildenden Schwanenhalse, und zwischen zwei Reifen
die Inschrift:
Ich hais der Han
Im hader bin ich
Forn dran 1522.
Auf der Bodenfriese:
Simon gos mich.
Die beiden 1524 für den Grafen Solms ge*
gossenen Geschütze sind in sich völlig gleichartig,
was Äußeres, Länge und Kaliber betrifft. Sie unter*

Bild II

Der Greif des
Meister Simon


scheiden sich nur durch die Inschriften, die ihnen die
Namen der „Maus“ und des „Zaunschlupfer“
geben (Bild 10). Bei aller Ähnlichkeit der beiden
Rohre ist deutlich erkennbar, daß jedes von ihnen
nach einem besonderen Modelle hergestellt worden
ist. Bei der „Maus“ sind die Buchstaben kleiner, die
Inschrift ist von einer Kartusche eingerahmt, die beim
„Zaunschlupfer“ fehlt. In schlichter Nüchternheit
gleichen sie dem „Hahn“, unterscheiden sich äußer*
lieh von ihm nur dadurch, daß sie ein gerade ab*
geschnittenes Bodenstück haben und an Stelle der
kugeligen Traube einen halbkreisförmigen glatten
Henkel. Das glatte lange Feld zeigt das Wappen und
die Anfangsbuchstaben O.G.K.M.G. des Wahl*
Spruches der Grafen von Solms, die „Maus“ ferner
unter den Wappen die Jahreszahl 1524. Auf dem
Bodenstück stehen die Inschriften :
Die Maus heis ich
Simon zu Frankfort gos mich.
(in einer viereckigen Kartusche)
bezw. ohne eine solche:
Der Zaunschlupfer bin ich
Simon gos mich. 1524.
Die Rohre sind 2,43 m lang. Die Seelenweite be-
trägt 6,9 cm, die Seelenlänge 2,32 m.
Als drittes Geschütz des Meister Simon ist der
„Vogel Greif“ erhalten,12) und zwar im Artillerie*
museum zu Paris (Bild 11). Nach einer im Berliner
Zeughause befindlichen Zeichnung in natürlichem
Maßstabe ist das Rohr 4,685 m lang und hat einen
Mündungsdurchmesser von 28,4 cm. Das Rohr ist ein
Kammergeschütz, die Kammer ist 93 cm lang und
21,5 cm weit. Die auf der Zeichnung abgebildete
Kugel hat einen Durchmesser von 26,15 cm. Das
Äußere des Rohres ist konisch und gleicht einer Säule,
deren Kapitäl von dem aus einem mehrfach profi*
lierten Friesengesimse aufgebauten Kopfe gebildet
wird. Auf dem langen Feld befindet sich (Bild 12),
von Engeln gehalten, das Wappen des Erzbischofs von
Trier, des Herrn von Greifenklau, darüber die Inschrift
„Simon gos mich 1524“, darunter ein Bogenschütze
und ein Speerkämpfer; vor dem Zapfenstück erhebt
sich ein Rundstab; gleich am Anfang des Zapfen*
Stückes sitzen die Schildzapfen ohne Scheiben; an
derselben Stelle oben liegen die Köpfe zweier, die
Henkel des Rohres bildender Delphine; zwischen
Henkel und Bodenfriese ist eine rechteckige Tafel
aufgegossen, die von einem vierfüßigen Greif gekrönt
wird, der von zwei gleichen Kämpfern wie oben,
12) Gohlke: Metallne Riesengeschütze, in Mitteilungen für
die ehemaligen Mitglieder des Feuerwerkspersonals. 15. Jahrg.
1909. — Die Zeichnung des Greif ist ebenda entnommen.
 
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