HEFT 3
BERNHARD RATHGEN, FRANKFURTER PRUNKGESCHÜTZE UND IHRE MEISTER
95
Inschriften bezeugten Köpfe des Titus — über und
unter der Traube, des Antonius — rechts und links
von ihr. Als Traube ist eine Kugel auf verhält*
nismäßig schlankem Halse an den Boden des Rohres
angesetzt. Auch diese
Kugel ist verziert, durch
vier flach in diese ein*
gelassene, Kriegerköpfe
zeigende Medaillons.
So hat Gobel durch
reichlichen Zierat an den
für den Beschauer wich*
tigsten Stellen, an der
Mündung und an dem
Boden, bei weisem Maß*
halten auf der langen
Mitte des Rohres, es ver*
standen, ohne jede Über*
ladung dem Geschütze
eine prächtige Form zu
geben; er hat sich auch
darin als ein echter Künst*
Ier erwiesen. — Dem
Künstler Conrad Gobel
weist in sehr gründlicher Untersuchung der Prälat
Friedrich Schneider23) nach, daß er als Vorbilder für
den reichen Bildschmuck der beiden von ihm gegos*
senen Glocken auf St. Stephan zu Mainz von 1544 und
Augsburger Arbeiten aussprechen zu sollen, sind jetzt
von berufener Seite als eigene Schöpfungen dem
Meister Gobel zugeschrieben. Mehrere Kunstgüsse
des Mainzer Domes entstammen wahrscheinlich
Göbels Werkstatt. Nach*
gewiesen ist als Göbels
Schöpfung die Platte vom
Sarg des Kardinal Al*
brecht von Brandenburg,
deren photographische
Wiedergabe der Direk*
tion des Kunstgewerbe*
museums in Berlin zu
verdanken ist, ebenso
wie die sachliche Erläute*
rung über deren Bild*
schmuck. Dieses kleine,
nur 37cm breite und 23 cm
hohe Kunstwerk zeigt
eine meisterhafte Beherr*
schung der Schrift zur
monumentalen Füllung
der Platte (Bild 17). Seine
schönen Delphine ver*
wendet der Büchsengießer viermal als Zierat, viermal
das Medusenhaupt. Dieses Medaillon ist bei genau
gleicher Größe mit demselben Modell geformt wie das
Medusenhaupt auf dem Zierbande des Geschützes in
Bild 16
Conrad Gobel 1538
Bild 17
Sargplatte des Kardinal Albrecht von Brandenburg
(Vorderseite)
1545 italienische Bergkristallintaglien des Giovanni
Bernardi da Castel Bolognese und des Belli von Pesaro
benutzt habe. Zwei feine Reliefs der Geißelung
und der Verspottung, die Schneider glaubte als
2°) Friedrich Schneider: Conrat Gobel, Gießer zu Frank*
furt um die Mitte des 16. Jahrhunderts, in Archiv für Frank*
furter Geschichte und Kunst. Neue Folge VI. 1877.
Bild 18
Sargplatte des Kardinal Albrecht von Brandenburg
(Rückseite)
Braunfels. Alles ist schlicht und einfach in vollendeter
Harmonie. Die Grablegung ist der Abguß einer Pia*
kette von Moderno (Bild 18), das Reliefbild des Kar*
dinals Albrecht ist nach einer zeitgenössischenMedaille
abgegossen, deren Urheber verschieden gedeutet wird.
Schneider schloß seinen Aufsatz mit dem Be*
dauern über das Fehlen weiterer Belege von Göbels
BERNHARD RATHGEN, FRANKFURTER PRUNKGESCHÜTZE UND IHRE MEISTER
95
Inschriften bezeugten Köpfe des Titus — über und
unter der Traube, des Antonius — rechts und links
von ihr. Als Traube ist eine Kugel auf verhält*
nismäßig schlankem Halse an den Boden des Rohres
angesetzt. Auch diese
Kugel ist verziert, durch
vier flach in diese ein*
gelassene, Kriegerköpfe
zeigende Medaillons.
So hat Gobel durch
reichlichen Zierat an den
für den Beschauer wich*
tigsten Stellen, an der
Mündung und an dem
Boden, bei weisem Maß*
halten auf der langen
Mitte des Rohres, es ver*
standen, ohne jede Über*
ladung dem Geschütze
eine prächtige Form zu
geben; er hat sich auch
darin als ein echter Künst*
Ier erwiesen. — Dem
Künstler Conrad Gobel
weist in sehr gründlicher Untersuchung der Prälat
Friedrich Schneider23) nach, daß er als Vorbilder für
den reichen Bildschmuck der beiden von ihm gegos*
senen Glocken auf St. Stephan zu Mainz von 1544 und
Augsburger Arbeiten aussprechen zu sollen, sind jetzt
von berufener Seite als eigene Schöpfungen dem
Meister Gobel zugeschrieben. Mehrere Kunstgüsse
des Mainzer Domes entstammen wahrscheinlich
Göbels Werkstatt. Nach*
gewiesen ist als Göbels
Schöpfung die Platte vom
Sarg des Kardinal Al*
brecht von Brandenburg,
deren photographische
Wiedergabe der Direk*
tion des Kunstgewerbe*
museums in Berlin zu
verdanken ist, ebenso
wie die sachliche Erläute*
rung über deren Bild*
schmuck. Dieses kleine,
nur 37cm breite und 23 cm
hohe Kunstwerk zeigt
eine meisterhafte Beherr*
schung der Schrift zur
monumentalen Füllung
der Platte (Bild 17). Seine
schönen Delphine ver*
wendet der Büchsengießer viermal als Zierat, viermal
das Medusenhaupt. Dieses Medaillon ist bei genau
gleicher Größe mit demselben Modell geformt wie das
Medusenhaupt auf dem Zierbande des Geschützes in
Bild 16
Conrad Gobel 1538
Bild 17
Sargplatte des Kardinal Albrecht von Brandenburg
(Vorderseite)
1545 italienische Bergkristallintaglien des Giovanni
Bernardi da Castel Bolognese und des Belli von Pesaro
benutzt habe. Zwei feine Reliefs der Geißelung
und der Verspottung, die Schneider glaubte als
2°) Friedrich Schneider: Conrat Gobel, Gießer zu Frank*
furt um die Mitte des 16. Jahrhunderts, in Archiv für Frank*
furter Geschichte und Kunst. Neue Folge VI. 1877.
Bild 18
Sargplatte des Kardinal Albrecht von Brandenburg
(Rückseite)
Braunfels. Alles ist schlicht und einfach in vollendeter
Harmonie. Die Grablegung ist der Abguß einer Pia*
kette von Moderno (Bild 18), das Reliefbild des Kar*
dinals Albrecht ist nach einer zeitgenössischenMedaille
abgegossen, deren Urheber verschieden gedeutet wird.
Schneider schloß seinen Aufsatz mit dem Be*
dauern über das Fehlen weiterer Belege von Göbels