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EINE MITTELALTERLICHE GESCHÜTZKAMMER MIT LADUNG IM BERLINER ZEUGHAUS BAND 9
Der Vergleich mit der Pillauer Kammer ergibt
nun für die überwiegende Mehrzahl zwischen Länge
und Durchmesser des Hohlraums etwa die gleichen
Verhältnisse und zwar: für sämtliche der Gruppe 1,
für sechs von acht der Gruppe 2 und für acht von neun
Pulverladung — modern gesprochen — als
Kartusche dienten, nur daß die Kugel hinten
ins Rohr eingesetzt wurde.
Einen weiteren Beleg für unsere Auffassung liefert
die angezogene Teppichdarstellung, wie der Augen«
Abb. 2. Linker Ausschnitt aus einem flandrischen Caesatteppich von 1459
(Rom, Palazza Doria)
der Gruppe 3. Bei den drei nicht genannten der
Gruppen 2 und 3 (00361, 6783, 6772) blieb der Fall
zweifelhaft. Bei Gruppe 1 kam außer dem Vergleich
als noch schlagenderer Beweispunkt für die gleiche
Ladeart der große Unterschied zwischen Kalibermaß
und Durchmesser der Kammeröffnung hinzu.
Aus diesem Ergebnis läßt sich, will mir
scheinen, mit großer Gewißheit folgern,
Abb. 3. Rohr von einem Kammergeschütz 15. Jahrh.
(Madrid, Artillerie«Mus., Katal.«Nr. 2272)
daß die Kammern der mittelalterlichen
Kammerbüchsen vorwiegend, wenn nicht
ausschließlich lediglich zur Aufnahme der
s) Diese Feststellung verdanken wir einem gütigen Hinweis
von Sr. Exz. Herrn Generalleutnant a. D. Rathgen.
4) Catal. General del Museo de Artilleria 1909 Tom. I.
schein lehrt, wenn man die kleine Kammeröffnung
mit der Größe des Rohrkalibers und den am Boden
liegenden Kugeln vergleicht. Doch hier liegt noch
ein besonderer Fall für das Laden der Kugel vor.
Denn die hintere Rohröffnung ist zur Aufnahme der
Kugel, wie der Augenschein lehrt, gleichfalls zu klein;
sie kann hier nur von vorne ins Rohr eingesetzt
werden. Unser Geschütz stellt also einen
eigenartigen Mischtypus von Vorder«
und Hinterlader dar.8)
Daß die Darstellungkeineswegs ein Phantasie«
gebilde des Teppichwirkers oder seines Vor«
bildes vorstellt, beweist das Vorkommen der
gleichen Konstruktion im Madrider Artillerie«
Museum. Der ausgezeichnete Katalog* * 4) bringt
unter Nr. 3272 (S. 9) die sehr instruktive, hier
wiedergegebene Durchschnittszeichnung eines
Kammerrohres, das am hinteren Ende eine starke
Verengung zeigt (Abb. 3). Es ist ohne weiteres
klar, daß auch hier die Kugel nur von vorne ein«
geführt werden konnte. Wie schon angedeutet, ist
dieser Vorder«HinterIader nicht als Norm anzusehen;
es handelt sich entschieden um eine Ausnahme«
konstruktion, denn sie wird im Madrider Katalog
EINE MITTELALTERLICHE GESCHÜTZKAMMER MIT LADUNG IM BERLINER ZEUGHAUS BAND 9
Der Vergleich mit der Pillauer Kammer ergibt
nun für die überwiegende Mehrzahl zwischen Länge
und Durchmesser des Hohlraums etwa die gleichen
Verhältnisse und zwar: für sämtliche der Gruppe 1,
für sechs von acht der Gruppe 2 und für acht von neun
Pulverladung — modern gesprochen — als
Kartusche dienten, nur daß die Kugel hinten
ins Rohr eingesetzt wurde.
Einen weiteren Beleg für unsere Auffassung liefert
die angezogene Teppichdarstellung, wie der Augen«
Abb. 2. Linker Ausschnitt aus einem flandrischen Caesatteppich von 1459
(Rom, Palazza Doria)
der Gruppe 3. Bei den drei nicht genannten der
Gruppen 2 und 3 (00361, 6783, 6772) blieb der Fall
zweifelhaft. Bei Gruppe 1 kam außer dem Vergleich
als noch schlagenderer Beweispunkt für die gleiche
Ladeart der große Unterschied zwischen Kalibermaß
und Durchmesser der Kammeröffnung hinzu.
Aus diesem Ergebnis läßt sich, will mir
scheinen, mit großer Gewißheit folgern,
Abb. 3. Rohr von einem Kammergeschütz 15. Jahrh.
(Madrid, Artillerie«Mus., Katal.«Nr. 2272)
daß die Kammern der mittelalterlichen
Kammerbüchsen vorwiegend, wenn nicht
ausschließlich lediglich zur Aufnahme der
s) Diese Feststellung verdanken wir einem gütigen Hinweis
von Sr. Exz. Herrn Generalleutnant a. D. Rathgen.
4) Catal. General del Museo de Artilleria 1909 Tom. I.
schein lehrt, wenn man die kleine Kammeröffnung
mit der Größe des Rohrkalibers und den am Boden
liegenden Kugeln vergleicht. Doch hier liegt noch
ein besonderer Fall für das Laden der Kugel vor.
Denn die hintere Rohröffnung ist zur Aufnahme der
Kugel, wie der Augenschein lehrt, gleichfalls zu klein;
sie kann hier nur von vorne ins Rohr eingesetzt
werden. Unser Geschütz stellt also einen
eigenartigen Mischtypus von Vorder«
und Hinterlader dar.8)
Daß die Darstellungkeineswegs ein Phantasie«
gebilde des Teppichwirkers oder seines Vor«
bildes vorstellt, beweist das Vorkommen der
gleichen Konstruktion im Madrider Artillerie«
Museum. Der ausgezeichnete Katalog* * 4) bringt
unter Nr. 3272 (S. 9) die sehr instruktive, hier
wiedergegebene Durchschnittszeichnung eines
Kammerrohres, das am hinteren Ende eine starke
Verengung zeigt (Abb. 3). Es ist ohne weiteres
klar, daß auch hier die Kugel nur von vorne ein«
geführt werden konnte. Wie schon angedeutet, ist
dieser Vorder«HinterIader nicht als Norm anzusehen;
es handelt sich entschieden um eine Ausnahme«
konstruktion, denn sie wird im Madrider Katalog