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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Köhler, Richard: Der Zug nach Versailles in den Oktobertagen 1789
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0066

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56 Der Zug nach Verſailles in den Oktobertagen 1789.

Geheul ausſtießen. Kleine Abteilungen der Leibgarde patrouillierten
oder ſprengten in vollem Galopp unter Geſchrei und Hohngelächter
der Menge vorüber. Zwei bis drei von den Pariſern mitgebrachte
Kanonen ſtanden auf dem Schloßplatze aufgepflanzt. Diejenigen,
welche dieſelben umgaben, fragten die Paſſanten, ob ſie zur Nalion
gehörten. Antworteten dieſe mit Ja, ſo erzeigten ihnen jene die
Ehre, daß ſie dieſelben die Geſchütze mit zu bewachen nötigten. Auf
dem Schloßplatze waren außer der Leibgarde noch verſchiedene
andere in Verſailles garniſonierende Truppen aufgeſtellt. Man
empfing die Deputation mit Ehren und ließ ſie die Linie paſſieren.
Es koſtete große Mühe, die nachdrängende Menge, welche ſich mit
einzuſchmuggeln ſuchte, hiervon zurückzuhalten. Mittlerweile war
der König, der ſich gerade im Walde von Meudon auf der Jagd
befunden hatte, durch Devoͤſe, einen Edelmaun aus der Dauphiné,
welcher auf die Kunde von dem Anmarſche der Pariſer zu ihm
geeilt war, benachrichtigt worden und nach Verſailles zurückgekehrt,
wo die Pariſer bereits eingetroffen waren.? Die Deputation der
zwölf Weiber wurde zunächſt durch Saint-Prieſt, den Miniſter von
Paris, empfangen und dann beim Könige vorgelaſſen, dem die
Frauen ihre Bitte vortrugen. Der König verſprach ihnen gerührt,
alles Brot in Verſailles ſammeln und e8 ihnen geben zu laſſen.
Die herzliche Weiſe, mit der ſie der gutmütige König empfing,
führte zu lebhaften Rührſzenen unter den Frauen. Unter den
Rufen: „Es lebe der König!“ „Es leben die Herren Leibgardiſten!“
verließen ſie den Saal. Am Schloßgitter angekommen, berichteten
ſie ihren zurückgebliebenen Gefährtinnen über die Antwort des
Königs. Diejenigen unter dieſen, welche meuteriſche Pläne im
Sinne hatten und wohl auch durch Neid beeinflußt waren, fürchteten,
daß der Bericht von der Audienz die anderen Frauen beruhigen
und zur Rückkehr nach Paris veranlaſſen werde, Und beſchuldigten
ſie, da ſie nichts Schriftliches hätten, daß ſie beſtochen ſeien und
die Intereſſen des Volkes verrieten. Von Schmähungen gegen die
Frauendeputation kam es zu Mißhandlungen derſelben. Unter
Vexmittelung eines Gardeoffiziers kehrte dieſelbe wieder in das
Schloß zurück, wo ſie auf ihre Bitten von Saint-Prieſt einen be—
ruhigenden, vom Könige unterzeichneten ſchriftlichen Beſcheid erhielt.

Nach dem in mehreren Memoiren mitgeteilten Expose justicatif Mouniers.
Nach Ferriéres riefen die Abgeordneten Barnave und Mirabeau dem Zuge auf
der Straße zu: „Mut, wackere Pariſer! Es lebe die Freiheit! Fürchtet nichts;
wir gehören zu euch.“

Clermont-Gallerande.

3 Molleville und Riparol. Daß die Deputation übrigens nicht durchweg
 
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