172 Faſtnachtsſpiel und Faſtnachtsſcherz im 15. und 16. Jahrhundert.
ſtändiger erſcheint, ohne übrigens dadurch ſeine komiſche Kraft
einzubüßen.
Werfen wir endlich noch einen kurzen Blick auf die äußere
Seite dieſer dramatiſchen Dichtungen, ſo finden wir zum Teil die
nämlichen Erſcheinungen wie bei den Aufführungen der geiſtlichen
Spiele. Es gab weder ſtehende Bühnen noch Schauſpieler von
Beruf; die Bühne war vielmehr eine improviſierte, und die Spieler
waren Liebhaber. Man maskierte ſich, ſoweit es nötig und mög—
lich war, ſoweit ferner als die Geſetze es erlaubten, und zog nun
in irgend ein bekanntes Bürgerhaus. Hier ſtellte man ſich auf
Bänke und Stühle und forderte die Anweſenden zum Zurücktreten
und zum Schweigen auf. Nun wurde das in der Regel nicht ſehr
umfangreiche Spiel aufgeführt und zum Schluß erhielten die
Spieler etwa Erfriſchungen. War der Inhalt des Stückes ein
ſchmutziger geweſen, ſo bat man im Epilog um Entſchuldigung
dafür, daß man „zu grob geſponnen“ habe, verſprach etwa auch,
das nächſte Jahr wiederzukommen. Sämtliche Rollen, auch die
weiblichen, wurden von Männern, in der Regel wohl von jungen
Männern, geſpielt; unter den Zuhörern hingegen ſcheint das ſchöne
Geſchlecht ebenfalls vertreten geweſen zu ſein. Wäre letzteres nicht
der Fall geweſen, ſo hätte man ſich ſchwerlich ſo regelmäßig ent—
ſchuldigt; außerdem ſetzen einzelne Anſpielungen in Prologen und
Epilogen ganz entſchieden die Anweſenheit von Frauen vorxaus.
Mit dieſem improviſierten Charakter der Aufführungen hängt
nun auch die mangelhafte Technik der Stücke zuſammen. Es waren
eben Improviſationen, welche urſprünglich nicht für den Druck
und die Nachwelt, ſondern lediglich für den Augenblick beſtimmt
waren; ihre Erhaltung dürfte daher in den meiſten Fällen nur
der Gunſt des Zufalls zu verdanken ſein. In den meiſten Stücken
fehlt ferner der Name des Verfaſſers, und nur ausnahmsweiſe
pflegt ſich ein ſolcher zu nennen. Namentlich zwei Nürnberger
Dichter ſind in dieſer Beziehung namhaft zu machen, nämlich
Hans Roſenblut, mit dem Beinamen der Schnepperer, d. h.
der Schwätzer, um 1450, und etwas ſpäter, um 1480, Hans Folz.
Letzterer ſtammte eigentlich aus Worms, lebte aber in Nürnberg
als Barbier und war als ſolcher jedenfalls imſtande, die Ge—
heimniſſe der Nürnberger Bürger zu kennen; er ſoll auch im Beſitz
einer Druckerpreſſe geweſen ſein, und ſeine Stücke ſind in formeller
Hinſicht um ein'weniges beſſer als die Roſenbluts. Trotz aller
dieſer Mängel aber ſind dieſe Dichtungen eine Fundgrube, welche
dem Sprachforſcher wie dem Kulturhiſtoriker ein außerordentlich
reiches Material liefern.
ſtändiger erſcheint, ohne übrigens dadurch ſeine komiſche Kraft
einzubüßen.
Werfen wir endlich noch einen kurzen Blick auf die äußere
Seite dieſer dramatiſchen Dichtungen, ſo finden wir zum Teil die
nämlichen Erſcheinungen wie bei den Aufführungen der geiſtlichen
Spiele. Es gab weder ſtehende Bühnen noch Schauſpieler von
Beruf; die Bühne war vielmehr eine improviſierte, und die Spieler
waren Liebhaber. Man maskierte ſich, ſoweit es nötig und mög—
lich war, ſoweit ferner als die Geſetze es erlaubten, und zog nun
in irgend ein bekanntes Bürgerhaus. Hier ſtellte man ſich auf
Bänke und Stühle und forderte die Anweſenden zum Zurücktreten
und zum Schweigen auf. Nun wurde das in der Regel nicht ſehr
umfangreiche Spiel aufgeführt und zum Schluß erhielten die
Spieler etwa Erfriſchungen. War der Inhalt des Stückes ein
ſchmutziger geweſen, ſo bat man im Epilog um Entſchuldigung
dafür, daß man „zu grob geſponnen“ habe, verſprach etwa auch,
das nächſte Jahr wiederzukommen. Sämtliche Rollen, auch die
weiblichen, wurden von Männern, in der Regel wohl von jungen
Männern, geſpielt; unter den Zuhörern hingegen ſcheint das ſchöne
Geſchlecht ebenfalls vertreten geweſen zu ſein. Wäre letzteres nicht
der Fall geweſen, ſo hätte man ſich ſchwerlich ſo regelmäßig ent—
ſchuldigt; außerdem ſetzen einzelne Anſpielungen in Prologen und
Epilogen ganz entſchieden die Anweſenheit von Frauen vorxaus.
Mit dieſem improviſierten Charakter der Aufführungen hängt
nun auch die mangelhafte Technik der Stücke zuſammen. Es waren
eben Improviſationen, welche urſprünglich nicht für den Druck
und die Nachwelt, ſondern lediglich für den Augenblick beſtimmt
waren; ihre Erhaltung dürfte daher in den meiſten Fällen nur
der Gunſt des Zufalls zu verdanken ſein. In den meiſten Stücken
fehlt ferner der Name des Verfaſſers, und nur ausnahmsweiſe
pflegt ſich ein ſolcher zu nennen. Namentlich zwei Nürnberger
Dichter ſind in dieſer Beziehung namhaft zu machen, nämlich
Hans Roſenblut, mit dem Beinamen der Schnepperer, d. h.
der Schwätzer, um 1450, und etwas ſpäter, um 1480, Hans Folz.
Letzterer ſtammte eigentlich aus Worms, lebte aber in Nürnberg
als Barbier und war als ſolcher jedenfalls imſtande, die Ge—
heimniſſe der Nürnberger Bürger zu kennen; er ſoll auch im Beſitz
einer Druckerpreſſe geweſen ſein, und ſeine Stücke ſind in formeller
Hinſicht um ein'weniges beſſer als die Roſenbluts. Trotz aller
dieſer Mängel aber ſind dieſe Dichtungen eine Fundgrube, welche
dem Sprachforſcher wie dem Kulturhiſtoriker ein außerordentlich
reiches Material liefern.