250 Aus dem Salbuche eines öſterreichiſchen Kloſters.
kommt (II6öl) einmal vor, daß der Geber einer einzelnen Hufe
ſich für dieſelbe das Amt wahrt. Bei Klöſtern, die auf der Etif—
tung eines edlen Geſchlechts beruhen, pflegte dieſes ſich die Erb—
vogtei zu reſervieren, z. B. für Altenburg die Grafen von Poigen
(1144). Dem Vogte lag nach außen die Vertretung der geiſt—
lichen Grundherrſchaft in weltlichen Dingen, gegenüber ihren An—
gehörigen die Rechtspflege ob. Daher fungieren z. B. die Grafen
von Rattelnberg bei Gütererwerbungen oder-Vertauſchungen, wenn-
gleich dies nicht immer ausdrücklich bemerkt wird. Ihre gerichtliche
Thätigkeit tritt in dem Saalbuche natürlich nicht weiter hervor, war
aber für die familia weit wichtiger als jene; denn der Vogt hegte
das Gericht als Stellvertreter des königlichen Grafen, deſſen Thätig—
keit eben das Immunitätsprivilegium ausſchloß, und zwar fanden
den Spruch am „Hofgericht“ bei den beſſer geſtellten Klaſſen der
Herrſchaftsunterthanen, den Vaſallen, Miniſterialen und Zins—
bauern ſtets die Standesgenoſſen des Beklagten. Ueber geringere
Vergehen richteten die Meier (villici, majores). So gewährten
dieſe hofrechtlichen Genoſſenſchaften ihren Angehörigen, der ka—
milia, d. h. dem größten Teile des deutſchen Bauernſtandes, eine
Rechtsſicherheit, wie ſie außerhalb derſelben in dieſer gewaltthätigen
Zeit nicht zu finden war.! Aber dieſe Selbſtverwaltung macht;
ſich nicht nur in der Rechtspflege geltend.
Denn die am höchſten in dieſer Genoſſenſchaft Geſtellten,
die Miniſterialen, gewannen mit den milites zuſammen für ihren
Herrn bald größere Bedeutung nicht nur als ſeine Zeugen bei.
Beurkundungen, ſondern bald auch als Berater bei Geſchäften
aller Art. So beendigt z. B. Biſchof Reginbert von Paſſau einen
Streit mit Göttweih coram kratribus et suis ministerialibus
(138 -1148; ſo beſtätigt Herzog Heinrich II. Jaſomirgott von
Zeſterreich einẽ Schenkung an das Kloſter ebenfalls coram mini-
sterialibus suis, und als um 1120 der Edle Waldo erblos zu
ſterben fürchtet, verfügt er über ſeine Güter und ſeine Eigenleute
zu Gunſten Leopolds III. nur consilio et rogatu fidelium suorum,
qui sibi et rebus suis post eius obitum metuebant, und ſie
zeugen dann gegen ihn, als er ſpäter dieſe Verfügung wieder um—
ſtoßen will. Vollends wo es ſich um die Aufnahme eines neuen
Mitgliedes in die Genoſſenſchaft der Miniſterialen handelt, iſt
ihre Mitwirkung gar nicht zu umgehen. So heißt es in einer
Aufzeichnung aus den Jahren 1157 -1163, daß die Paſſauer
Miniſterialen Dietrichs don Algersbach im Chor des Domes in
Vergl. Nitzſch, Miniſterialität und Bürgertum, S. 82.
kommt (II6öl) einmal vor, daß der Geber einer einzelnen Hufe
ſich für dieſelbe das Amt wahrt. Bei Klöſtern, die auf der Etif—
tung eines edlen Geſchlechts beruhen, pflegte dieſes ſich die Erb—
vogtei zu reſervieren, z. B. für Altenburg die Grafen von Poigen
(1144). Dem Vogte lag nach außen die Vertretung der geiſt—
lichen Grundherrſchaft in weltlichen Dingen, gegenüber ihren An—
gehörigen die Rechtspflege ob. Daher fungieren z. B. die Grafen
von Rattelnberg bei Gütererwerbungen oder-Vertauſchungen, wenn-
gleich dies nicht immer ausdrücklich bemerkt wird. Ihre gerichtliche
Thätigkeit tritt in dem Saalbuche natürlich nicht weiter hervor, war
aber für die familia weit wichtiger als jene; denn der Vogt hegte
das Gericht als Stellvertreter des königlichen Grafen, deſſen Thätig—
keit eben das Immunitätsprivilegium ausſchloß, und zwar fanden
den Spruch am „Hofgericht“ bei den beſſer geſtellten Klaſſen der
Herrſchaftsunterthanen, den Vaſallen, Miniſterialen und Zins—
bauern ſtets die Standesgenoſſen des Beklagten. Ueber geringere
Vergehen richteten die Meier (villici, majores). So gewährten
dieſe hofrechtlichen Genoſſenſchaften ihren Angehörigen, der ka—
milia, d. h. dem größten Teile des deutſchen Bauernſtandes, eine
Rechtsſicherheit, wie ſie außerhalb derſelben in dieſer gewaltthätigen
Zeit nicht zu finden war.! Aber dieſe Selbſtverwaltung macht;
ſich nicht nur in der Rechtspflege geltend.
Denn die am höchſten in dieſer Genoſſenſchaft Geſtellten,
die Miniſterialen, gewannen mit den milites zuſammen für ihren
Herrn bald größere Bedeutung nicht nur als ſeine Zeugen bei.
Beurkundungen, ſondern bald auch als Berater bei Geſchäften
aller Art. So beendigt z. B. Biſchof Reginbert von Paſſau einen
Streit mit Göttweih coram kratribus et suis ministerialibus
(138 -1148; ſo beſtätigt Herzog Heinrich II. Jaſomirgott von
Zeſterreich einẽ Schenkung an das Kloſter ebenfalls coram mini-
sterialibus suis, und als um 1120 der Edle Waldo erblos zu
ſterben fürchtet, verfügt er über ſeine Güter und ſeine Eigenleute
zu Gunſten Leopolds III. nur consilio et rogatu fidelium suorum,
qui sibi et rebus suis post eius obitum metuebant, und ſie
zeugen dann gegen ihn, als er ſpäter dieſe Verfügung wieder um—
ſtoßen will. Vollends wo es ſich um die Aufnahme eines neuen
Mitgliedes in die Genoſſenſchaft der Miniſterialen handelt, iſt
ihre Mitwirkung gar nicht zu umgehen. So heißt es in einer
Aufzeichnung aus den Jahren 1157 -1163, daß die Paſſauer
Miniſterialen Dietrichs don Algersbach im Chor des Domes in
Vergl. Nitzſch, Miniſterialität und Bürgertum, S. 82.