Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

DOI article:
Heide, Gustav: Kurfürstin Adelheid von Bayern
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0331

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kurfürſtin Adelheid von Bayern. S21

Die Beſchäftigung mit den höchſten Staatsaufgaben, denen
ſie ebenſoviel Verſtändnis als Intereſſe entgegenbrachte, hielt
dieſe nämlich durchaus nicht ab, ſich zugleich um die gering—
fügigſten Details des kurfürſtlichen Haushalts zu bekümmern,
deſſen Kontrolle ſie bis auf Küchenangelegenheiten und die Haltung
des Viehes auf ihren Gütern ausdehnte. Dieſe Küchen- und Stall—
promenaden der Kurfürſtin-Witwe verſäumte die kurprinzliche
Schwiegertochter ſelbſtverſtändlich nicht nach Turin zu berichten
und dieſelben im Tone überlegener Ironie zu kommentieren. Der
Biograph Adelheids bemerkt hierzu mit Recht, daß dieſer Tadel
im Gegenteil nur zum Lobe der Kurfürſtin ſpreche, da die
Sorge für häusliche Dinge, wenn mit Würde bethätigt, auch die
höchſtgeſtellten Frauen nur ehre, und wir können ebenſo ſeiner
weiteren, anderwärts geäußerten Meinung nur zuſtimmen, daß
Adelheid das Leben heiterer verlaufen wäre, wenn ſie ſich auf die
Dauer irgend einer Sorge hätte hingeben können, und daß nur
ihre Unthätigkeit ſchuld war, wenn ſo viel Verdruß und Klagen
ihr Daſein verdüſterten.!

Ein Gebiet gab es nun allerdings, auf dem ſie, wenn
man ſie nicht entſchieden davon ferne gehalten hätte, eine
nur allzu eifrige Thätigkeit entfaltet haben würde: die Politik.
Auch darin verleugnete ſie ihre Herkunft nicht; ihre Mutter Chri—
ſtine hatte nach dem Tode Viktor Amadeus' J. mit kräftiger Hand
die Zügel der Regierung geführt, und mit dem Namen der Maria
von Medici, ihrer Großmutter, iſt einer der ereignisreichſten Ab—
ſchnitte der franzöſiſchen Geſchichte verknüpft. Indes, ſolange die
Kurfürſtin-Mutter Maria Anna am Leben und Graf Kurz im
Amte waren, konnte Adelheid, obwohl ſeit 1654 Kurfürſtin, bei
ihren erklärten Sympathien für Frankreich und ihrer Abneigung
gegen die Spanier nicht daran denken, einen Einfluß auf die
Regierung zu gewinnen. Ja, als ſie einmal bei dem Empfang
eines fremden Geſandten eine an ſich harmloſe Aeußerung poli—
tiſcher Natur fallen ließ, hatte das ſogleich ernſtliche Vorſtellungen
ſeitens des Grafen Kurz zur Folge, und auch die Kurfürſtin—
Mutter hielt mit ihrem Tadel nicht zurück. Allein diesmal konnte
es die Kurfürſtin doch nicht über ſich bringen, dem auf ſie ge—
übten Drucke zu gehorchen, weil ſie wohl wußte, daß ihre Gegner
nicht über die Mittel verfügten, um in dieſem Punkte ihren Willen
durchzuſetzen. Daher ſuchte ſie nunmehr um ſo gefliſſentlicher in
geheimen Umtrieben eine Befriedigung ihres Ehrgeizes. Die Ziele,

1Clar. a. a. O. S. 57: l'ozio era per lei ſatale ete.
 
Annotationen