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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Ilwof, Franz: Zur Geschichte der Taufnamen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0641

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Zur Geſchichte der Taufnamen. 631

neuteſtamentliche und chriſtliche Vornamen hervortritt, ſo daß mit der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts die deutſchen Namen wenn nicht ganz verſchwinden,
ſo doch ungemein ſelten werden.

Als dritter erſchien auf dieſem Felde F. Leiſt in dieſer Zeitſchrift 886
S. 305 -310 und berichtete über ſeine diesfälligen Forſchungen in Franken und
Bayern; auch in dieſen Landen iſt das Ende des 14. Und die erſte Hälfte des
15. Jahrhunderts die Zeit, in welcher ſich die mehr und mehr in Gebrauch
kommenden chriſtlichen Heiligennamen dauernd eingebürgert haben, ſo daß in der
zweiten Hälfte dieſelben bereits weitaus überwiegen.

Thudichum, Wernicke und Leiſt haben aber überſehen oder unerwähnt ge—
laſſen, daß für ein deutſches Land in dieſer Beziehung eine wenn auch nicht er—
ſchöpfende, ſo doch ſehr umfaſſende Unterſuchung vorliegt, und zwar für die
Steiermark in dem Aufſatze „Ueber ſteiermärkiſche Taufnamen“ von Joſeph von
Zahn in den „Mitteilungen des hiſtoriſchen Vereins für Steiermark“ (XIX. Heft
1881 S. 3-56). Die Vergleichung der in dieſem füdöſtlichſten deutſchen Ge—
biete, der Mark gegen Magyaren und Slaven, gewonnenen Reſultate mit jenen,
welche ſich an der Oder, an der obern Donau und am Main ergeben, mag nicht
ganz ohne Intereſſe ſein und es mag daher hier in Kürze darüber Bericht er—
ſtattet werden.

In Steiermark walteten bis ins 13. Jahrhundert die alten germaniſchen
Namen unbedingt vor; im 13. Jahrhundert tritt als erſter Heiligennamen und
zwar bei Prieſtern und Bauern der Name „Johannes“ auf, der auch in der
Wetterau und in Bayern als Vorbote der chriſtlichen Namen erſcheint. „Es iſt.
dies überhaupt ein bedeutſamer Name, der ungemein lange eine hervorragende
Beliebtheit genoß.“ Mit dem 13. und 14. Jahrhundert ſinkt die Zahl der—
deutſchen Taufnamen mehr und mehr. Nur „Konrad“ behauptet ſich und nimmt
an Häufigkeit zu. „Johann“ dringt aus den Kreiſen des Klerus und der Bauern
in jene des Adels. Dieſer Name, ſowie „Georg“ und „Jakob“ bezeichnen die
Tage, an denen die Bodenabgaben entrichtet werden mußten; vielleicht kommen
ſie deshalb auf; der vierte von ihnen, „Michael“, erſcheint aber erſt vereinzelt
mit dem 15. Jahrhundert, wo auch „Joſeph“ und „Maria“, aber noch ſehr ſelten
vorkommen, obwohl ſie hundert und mehr Jahre früher ſchon in Krain und in
Italien ſich zeigen, Maria in Klöſtern, Joſeph früher bei Juden als bei weltlichen
Chriſten. Im 15. Jahrhundert beginnt von Italien her mit dem Humanismus
das Eindringen der antiken Namen wie „Cäſar“. — Bei den Frauen erhalten
ſich die alten deutſchen Namen länger als bei den Männern. Bis zur zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts hat die Zerſetzung des alten deutſchen Namen—
beſtandes, beſonders bei dem männlichen Geſchlechte, in Steiermark gewaltig um
ſich gegriffen. Im 12. Jahrhundert war das Verhältnis der volkstümlichen
Namen zu den fremden wie 50:2 geweſen, im 15. Jahrhundert ſtand es ſchon
wie 5: 4. — „Johannes“ behält die Oberhand, er mag im 15. und 16. Jahr⸗
hundert 30— 40 Prozenten der männlichen Bewohner der Steiermark in der
Taufe beigelegt worden ſein. Eine außerordentliche Buntheit und Mannigfaltig—
keit im Namengeben zeigt ſich endlich im 16. Jahrhundert. Da haben ſich noch
beim Adel die alten germaniſchen Namen Wolf oder Wulfing, Triſtan, Ama—
larich, Walchun erhalten; zahlreich ſind die dem alten Teſtamente entnommenen:
 
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