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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Rhazen, E.: Die Reformversuche der Regierung Ludwigs XVI, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0695

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Die Reformverſuche der Regierung Ludwigs XVI. 685

der Macht naheſtehenden Privilegierten gleichfalls frei zu machen
gewußt. Der Klerus ging ganz frei aus, Adel und Magiſtrate,
die Beamten der einzelnen Departements hatten ſich um das Jahr
1750 ſchon zu 800/o entlaſtet, während der vermögensloſe Menſch,
der Aſchenmann, der Sammler von Glasſcherben ꝛc. in Paris
31 Frank Kopfſteuer zu zahlen hatten, ſobald ihnen überhaupt
ein Obdach nachgewieſen werden konnte. Dasſelbe Spiel wieder—
holt ſich, als 1755 der controleur général Machault eine Ver—
mögensſteuer einzuführen ſtrebt, die ſich für jeden gleich auf 50j9
des jährlichen Einkommens erſtrecken ſollte. Adel, Klerus und
Magiſtrate wälzen ſich auch hier die Hauptlaſt ab, der Klerus
kaufte ſich durch einen „don gratuit“ los, zu welchem er Anleihen
macht, deren Zinſen dann ſpäter die Krone zahlt und deſſen be—
ſtimmungsmäßige Raten nicht einmal mit Sicherheit eingingen,
ſo daß die geiſtlichen Herren bei der genannten Zinſenvergütung
noch Geſchäfte machten. Geiſpiel das Jahr 1787 — 1788, wo der
Klerus ebenſo wie pro 1789 die fällige Rate verweigert.) Es bedarf
wohl keiner Erwähnung, daß bei der „vingtiéme“ genannten
Steuer dieſelben Ungleichheiten und Mängel wie bei allen übrigen
Laſten zu Tage traten, auf deren Repartition der Adel irgend
einen Einfluß gewinnen konnte. Der Frondienſt für die Krone
(Wegebauten, corvées royales) fiel ebenſo wie die Koſten für die
Unterhaltung der Provinzialmiliz den unteren Klaſſen zur Laſt,
denen außerdem die corvée seigneuriale aufgebürdet war. Des—
gleichen fiel der Hauptdruck der Verbrauchsſteuern (droits d'aide),
deren Ertrag auf 3800 Millionen angegeben wird und an welchen
allerdings auch die Privilegierten teil hatten, auf die große
Menge. Fügt man hinzu, daß die indirekten Steuern verpachtet
waren, daß vor allem die ſchändliche Willkür in den Salzpreiſen,
wie ſie ſich in den ſechs durch Mautlinien geſchiedenen Abteilungen
Frankreichs fanden, eine Quälerei tollſter Art war, bedenkt man,
daß es, nach Malesherbes' Denkſchrift, in Frankreich kein Recht
gegenüber den Generalpächtern gab, daß mittels beſonderer Patente
Hofleute, Croupiers, an den Ueberſchüſſen der Steuerpächter An—
teil nahmen, daß ſich der Staat, weil er von den Pächtern Vor—
ſchüſſe annahm, ſelbſt die Hände band, die Stellen in den Kontroll—
und Steuerhöfen verkauft waren, die Finanzverwaltung meiſt zu
Gunſten der Generalpächter entſchied, daß circa 50 000 Beamte
die Steuererhebung beſorgten, in jede Wohnung eindringen durften
und für entdeckte Kontraventionen eine Praͤmie erhielten, daß
bei den direkten Steuern Heberollen nicht auslagen, bei den in—
direkten der Pächter der höchſte Geſetzgeber in Sachen ſeines eigenen
 
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