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Die Gartenkunst — 10.1908

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Heicke: Die neue Anlage in Bad Nauheim, "ein Dokument moderner deutscher Gartenkunst", [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0024

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14

DIE GARTENKUNST.

X. 1

Charakter der Neuanlage sollte vor allem die Wahl
des Pflanzenmaterials sichern. Prächtige Formen-
und Farbeffekte wollte man erzielen dadurch,


daß man das zur Verfügung stehende heimische
und ihm entsprechende fremde Baum- und
Strauch material verwendete und in feinsinniger Be-

rücksichtigung seiner Formen- und Farben-
werte gruppierte. Man wollte Laub- und Nadel-
hölzer durch Horst-, Gruppen- und Einzel-
pflanzung zu einem natürlichen Ganzen komponieren
und den verschiedenart igen Höhenwuchs benutzen,
um überall reizvolle Ausblicke zu schaffen, man wollte,
indem man die Farben in Kontrast setzte, diesen Wald-
park zu einer Quelle des Genusses für Naturfreunde
und Gartenästhetiker machen. Man wollte es ver-
meiden, einen sichaus allem möglichen Ge-
sträuch zusammensetzenden Ziergarten zu schaffen,
wie er einem wohlmeinenden, aber ästhetisch be-
fangenen Philistertum als naturschönheitliches Ideal
vorschwebt, man wollte in richtiger Erkenntnis
der Aufgabe den alten baumreichen, hainartigen Park
mit dem naturwüchsigen Frauenwald durch einen der
Natur möglichst nahekommenden Waldpark verbinden,
der sich dem Landschaftsbild zwanglos ein-
fügen sollte.
Kurz, man wollte im allgemeinen alles das, was auf
den Hauptversammlungen der D. G. f. G., ganz besonders
noch vor kurzem in Mannheim, bei den Verhand-
lungen über Heimatschutz und Landespflege an Grund-
sätzen und Anregungen für die Lösung solcher Auf-
gaben vorgebracht worden ist. Das alles wollte
man.
Was hat man aber getan? Werfen wir zunächst
einen Blick auf den Lageplan, aus dem ersichtlich
ist, daß das durch allmählichen Ankauf im Umfang von
51 Flektaren für den beabsichtigten Park erworbene Ge-
lände in der Hauptsache einen etwa zwölfhundert Meter
langen Streifen bildet und in seiner Breite zwischen
ungefähr 70 und 250 Meter wechselt. Es beginnt da,
wo der alte Park endigt, und zieht sich allmählich von
160 bis zu 250 Meter Höhe ansteigend bis zu dem
Sattel zwischen Eichberg, Johannisberg und Bad Nau-
heimer Stadtwald hinauf, teils eine flache Gelände-
mulde, teils eine ziemlich tiefe eingeschnittene Schlucht
bildend. An vielen Stellen boten sich reizvolle Aus-
blicke über die Stadt Nauheim und ihre an landschaft-
licher Schönheit nicht arme Umgebung. Die angrenzen-
den Ackerflächen ihrerseits stoßen im Norden an die
Waldbestände des Frauenwaldes, im Süden an die des
Johannisberges. Die Verhältnisse könnten also idealer
kaum gedacht werden.
In diese Situation wollte man einen sich zwanglos
dem Landschaftsbilde einfügenden Waldpark hinein-
komponieren! Was hat man getan? Man hat die zur
Verfügung stehenden und, wie schon gesagt worden
ist, bis zu 250 m Breitenausdehnung besitzenden Flächen
ausnahmslos von einem bis zum anderen Rande in
Meterabständen mit Baum und Strauch, ohne auch nur
die kleinste Lücke oder Lichtung zu lassen, gleich-
mäßig vollgepflanzt.
Man wollte den Eindruck eines aus allen möglichen
Ziersträuchern sich zusammensetzenden Parkes ver-
meiden und nahm sich die Schaffung eines Plänter- oder
Fehmelwaldes vor. Was ist geschehen? Es ist alles
 
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