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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.44156#0029

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Verlag: Heidelterger Beobachter. Herausgeber: Okto rsetzel.
SchrisüeiUing: Lutherftratze 55, Telephon 4048
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kostet monatlich 2.40 RM. «ei P-stbeM, zuzüglich SS Psg.
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ort: Scidclbcra. Ausschlieblicher Gerichtsstand: Heidelberg.
Boitschertlonto:' Heidelberger Beobachter. Karlsruhe 21SS4.

Nr. 109 /1. Jahrgang

Freitag, den 4. September 1931

Freiverkauf 15 Pfgs

Ans
„Wo das Zentrum schweigt,
da werden die Steine reden!"

Auf dem Nürnberger Katholikentag ist ein
«keiner Unglücks fall passiert, der ein recht
interessantes Schlaglicht auf die Stimmung in-
nerhalb der Zentromsjugend wirft, der aber
gleichzeitig ein drastisches Beispiel ist,
für die Maßnahmen, die gewisse Zentrumsleute
anwenden, um unliebsame katholische Stimmen
zum Schweigen zu bringen.
Die Nachrichtenbüros verbreiteten schon am
bamstag eine Rede, die der Erbprinz Karl
Zu L ö w e nste i n - Wertheim, als Vertreter
der Katholischen Jugend in der Hauptversamm-
lung halten sollte.
Da diese Rede durch die Nachrichtenbüros im
ganzen Reiche verbreitet wurde, muß sie durch
den zuständigen Ausschuß des Katholikentages
genehmigt worden sein.
Wenn wir auch keinen Anlaß haben, in je -
der Hinsicht mit der poinzlichen Rede über-
einzustimmen, so lohnt es sich doch, einige Sähe
wiederzugeben, die bestimmt großen Widerhall
bei allen nationalsozialistischen Katholiken, ja bei
der gesamten katholischen Jugend, finden
werden.
„Aber was nützen die Richtlinien der Bi-
schöfe, wenn die katholische Oeffentlichkeit,
die katholischen Parlamentarierer, die Ober-
bürgermeister und Landräle nicht den Muk
haben, den Muk, den das faschistische Italien

schon lange gesunden hat, den Schamlosig-
keiten in den Presseerzeugnissen, in der soge-
nannten Kunst, im Theater und im Lichlspiel
mit aller Entschiedenheit enlgegenzutreten.
Vielleicht wären sie dann in gewissen libe-
ralen Blättern weniger populär, aber wäre
das so schlimm? Warum hören wir diesen
Ruf nicht, auch wenn er — von rechts
kommt? Warum gibt es hier so wenig Zu-
sammenarbeit mit den christlichen Elementen
im ganzen Staate?" In der Jugend selbst sei
diese Schaffung einer gottgewollten sittlichen
Reinheit schon in vollem Werden. Untrenn-
bar davon sei die tiefe Liebe zum Valerlande.
Du bist erstaunt, lieber Leser? Du siehst schon
die beginnende Einsicht zentrümlicher Kreise?
Weil gefehlt!
Diese Rede sollte gehalten werden, aber
sie wurde nicht gehalten! Fragen wir nach der
Begründung dieses Programmwechsels auf dem
Katholikentag, fo bleibt nur eine Erklärung:
Gewisse Zentrumsherren erhielten von
dem Inhalt der Löwenstein'schen Rede erst ver-
spätet Kenntnis.
Natürlich werden sie ebenso wie unsere Le-
ser gemerkt haben, daß die zitierten Sähe zwar
nicht der katholischen Weltanschauung wider-
sprechen, daß sie aber als
eine kräftige Ohrfeige für das Zentrum

Amerikanische Zahlungen
für beschlagnahmtes deutsches Eigentum durch
Frankreich verhindert.

Newyork, 3. Sept. Wie aus Washing-
ton gemeldet wird, sind nunmehr neun Mil-
lionen Dollar lür beschlagnahmtes deutsches
Eigentum auszahlungsbereik. Unkerstaats-
sekretär Castle erklärte jedoch, daß der fran-
zösische Widerstand, der trotz der Verhand-
lungen des amerikanischen Botschafters
Edge in Paris bisher nicht gebrochen wer-
den konnte, die Auszahlung der Summen
unmöglich macht. 3m übrigen sollen weitere
Neun Millionen Dollar ebenfalls bald aus-
zahlungsbereik sein.
*
Frankreichs neuester Sabotage-Akt.
Newyork, 3. Sept. Mit der Weigerung
Frankreichs, den Vereinigten Staaten die
Auszahlung von neun Millionen und später
weiteren neun Millionen Dollars aus dem
Freigabeabkommen zu gestatten, kann noch
folgendes mitgekeilt werden: In den Ver-
einigten Staaten stehen 18 Dollar-Millionen
Zur Auszahlung an Deutschland zur Verfü-
gung, wovon neun Millionen wiederum von
Deutschland auf Grund des Haager Abkom-
mens an amerikanische Kriegsgeschädigte zu
Zahlen wären, so daß also Deutschland neun
Mill'or.en zu erhalten Hütte. Da jedoch das
Haager Reparationsabkommen die Klausel
enthält, daß Deutschland keine privaten
Kriegsans!, rücke von Gläubigern der Ver-
einigten Staaten befriede en darf, ohne zu-
gleich die Gläubiger anderer Länder zu be-
rücksichtigen, holte die Washingtoner Re-
gierung bei den Unterzeichnern des Haager
Abkommens die Erlaubnis ein, die Auszah-
lung trotz des Hoover-Feierjahres vorneh-

men zu können. Sämtliche Unterzeichner
des Haager Abkommens haben diese Er-
laubnis erteilt mit der alleinigen Ausnahme
Frankreichs. Der Pariser Botschafter Edge
hat die Washingtoner Regierung informiert,
er habe wenig Hoffnung, daß Frankreich
noch nachgeben werde. Die Auszahlungen
würden hauptsächlich dem Norddeutschen
Lloyd zugute kommen. Es ist nicht ausge-
schlossen, daß das Washingtoner Schatzamt
trotzdem die Möglichkeit finden wird, die
Ansprüche, und zwar aus einem anderen
Fonds, nach Deutschland gelangen zu lassen,
zumal die Gelder in Deutschland dringend
benötigt werden.
MM llils MimWalW.
Zwei Schwerverletzte.
Esten, 3. Sept. In der Nacht zum Don-
nerstag wurden, wie die Polizeipressestelle
mitteilk, zwei junge Leute von 17 und 19
Jahren schwer verletzt in die städtischen
Krankenanstalten eingeliefert. Sie waren
noch nicht vernehmungsfähig und konnten
nur angeben, daß sie der NSDAP, angehö-
ren und am späten Abend in Essen-West
von unbekannten KPD.-Angehörigen durch
Messerstiche und Schläge schwer verletzt
worden seien. Die polizeilichen Ermittlun-
gen wurden sofort eingeleitet.
Anruhen in Barcelona.
Paris, 3. Sept. Der Generalstreik in
Barcelona dehnt sich auf etwa 300 000 Ar-
beiter aus. Sämtliche Fabriken liegen still

und seine dem Sinn dieser Sätze gänzlich ge-
genteilige Politik empfunden werden
muhten, — wahrscheinlich empfunden werden
sollten!
Was war zu tun?
Auf keinen Fall durste auf dem Ka-
tholikentag auch nur indirekt etwas gegen die
Zenkrumspolitik gesagt werden.
Und tatsächlich: Man drehte das Ding so,
daß schließlich Prinz zu Löwenstein Werkheim
seine Rede nicht auf der Hauptversammlung hal-
ten durfte.
Man verschob sie auf irgend eine kleine
Versammlung, und wenn ihr die Zentrumsblät-
ter durchsetzt, liebe Leser, so werdet ihr die oben
zitierten Sätze kaum finden.
Der wahre Geist der katholischen Jugend
wird durch Zenlrumskerror totgeschwiegen!
Stattdessen brachte die Zenkrumspresse einige
Sähe aus der Löwenstein'schen Rede, die sich —
offensichtlich auf zenlrümlichen Befehl — gegen
den Nationalsozialismus richteten.
Wenn das Zentrum glaubt, den Nationalso-
zialismus mit solchen Methoden von der katho-
lischen Jugend fernhallen zu können, die katho-
lische Jugend weiterhin unter der Zentrums-
fuchtel halten zu können, so irrt es gewaltig.
Täglich nimmt die Zahl der Katholiken
zu, die den Weg zu Adolf Hitler fin-
den. Diese werden reden, trotz Zentrumslerror
und Verfolgung.
Und wenn das Zentrum noch sehr viel länger
schweigt, dann werden die Steine zu reden an-
fangen, die Steine katholischer Gotteshäuser, die
marxistische Bubenhände mit Hammer und Sichel
beschmierten, die Steine, die sahen, wie ein
katholischer Priester von marxistischen Horden
angegriffen und belästigt wurde.
Am Zentrum, und nur am Zentrum
wird es liegen, ob in Deutschland die Kirchen
und Klöster wie in Spanien zerstört und ver-
brannt, die Priester ausgewiesen und die Kirche
und Gott frech verlästert werden.

und die meisten Geschäfte haben aus Furcht
vor Plünderungen geschlossen. Bei Zusam-
menstößen zwischen Streikenden und der
Polizei wurden eine Person getötet und
vier schwer verletzt. Die Behörden haben
Lastwagen gemietet, um die Versorgung der
Bevölkerung mit Lebensmitteln aufrecht zu
erhalten. In einem Dorf bei Barcelona
versuchten die Streikenden die Kirche in
Brand zu stecken. Sie konnten hieran durch
die Bürgergarde gehindert werden.
Steigender Fehlbetrag
im amerikanischen Haushalt.
Washington, 3. Sept. Das amerikanische
Schatzamt teilt mit, daß der Fehlbetrag im
amerikanischen Haushalt für die ersten zwei
Monate des laufenden Finanzjahres sich auf
rund 396 Millionen Dollar (etwa 1,6 Mil-
liarden Mark) beläuft.
Falls die Einnahmen für den Rest des
Finanzjahres im gleichen Jahre zurückgehen
sollten, muß am Schluß des Finanzjahres
mit einem Fehlbetrag von rund 2 Milliar-
den Dollar (über acht Milliarden Mark) ge-
rechnet werden. Für die Beurteilung dieser
Ziffern ist es von Interesse, zu wissen, daß
ich die Einnahmen im amerikanischen Ge-
amthaushalk im Jahre 1930/31 voran-
chlagsmäßig auf 4,2 Milliarden Dollar
rund 17 Milliarden Mark) beziffern.

Keine „gute Leiche".
S. — Draußen auf dem Lande haben Be-
erdigungen ein anderes Gesicht als in der Stadt.
Beschließt ein alter Bauer feine Tage, fo kom-
men Familie und Anverwandte, Bekannte und
Freunde, um ihn auf seinem letzten Gang zu
begleiten.
Hinterher finden sich dann alle Trauergäste
im Haufe des Verstorbenen ein, und es gehört
zu den Pflichten der Hinterbliebenen dann kräf-
tig für Essen und Trinken zu sorgen.
Wird diese „Pflicht" aber nicht erwartungs-
gemäß erfüllt, so erzählen die Heimkehrenden
dann:
„Es war keine gute Leiche".
Auch von der Genfer Zollunions-Beerdigung
müssen wir das feskftellen. Nicht, daß uns dieser
Ausgang einer prunkvoll angekündigten außen-
politischen Aktivität überraschte. Wir haben von
dieser Regierung nichts anderes erwartet.
Schrieben wir doch schon am 11. April 31 (Nr.
26):
„Wir haben jedoch begründeten Anlaß
anzunehmen, daß Schober und Curtius weit
mehr in die Fußspuren des „großen Pan-
europäers" Briand treten, als etwa wirklich
Grotzdeutsche Politik zu machen."
Vorausschauend schrieben wir weiter:
„Aus innenpolitischen Popularitäksbedürf-
nis hat man eine politische Schicksalsfrage
des gesamten deutschen Volkes, scheinbar noch
dazu im außenpolitisch ungünstigsten Augen-
blick unnötig strapaziert. Das Endergebnis
wird sein: Prestigeverlust der Regierung
Brüning nach innen und außen".
Die von uns vorausgesehene Entwicklung ist
eingetroffen.
Die Erklärungen der Herren Curtius und
Schober ist von einer derartigen Eindeu
tigkeit, so gänzlich ohne Rücksicht auf
die Gefühle des deutschen Volkes, daß man sich
geradezu schämen möchte, ein Deutscher zu sein,
wenn man sie gelesen hat.
Es ist die glatte hundertprozentige Kapitu-
lation vor Frankreich. Nichts Neues! Wir
haben es nicht anders erwartet.
Von einer anderen Seite her betrachtet,
dürfte man allerdings annehmen, daß Herr Cur-
tius nach diesem — sagen wir — nicht gerade
überzeugenden „Erfolg", seinen sofortigen Rück-
tritt erklärt.
In England, wir wählen dies als Beispiel,
weil das Zentrum stets eine verdrehte und „an-
geschwärzte" englische Parallele aufzeigk, wäre
ein Minister, dessen Außenpolitik derart Schiff-
bruch gelitten hätte, jedenfalls sofort zurück-
getreten. Täte er es nicht von allein, dann
würde ihn das Parlament dazu zwingen.
Schober und Curtius haben definitiv auf die
ganze Zollunion verzichtet! — Man will den
„Gedanken der Zollunion" in größerem Rahmen
zu Erfolg führen, vorausgesetzt daß . . . .!
Die Voraussetzung heißt:
Völlige Kapitulation vor Frankreich. Ver-
zicht auf eigene Außenpolitik.
Die „größere" Zollunion:
Das ist Brianös „Paneuropaplan", deutsch
ausgeürückk, die Anerkennung der fran-
zösischen Hegemonie in Europa.
Wir können — welche Ironie der Geschichte
— eigentlich Frankreich dankbar sein, daß es
sich nicht mit einem verklausulierten Verzicht,
der doch dasselbe bedeutet, aber auf das Prestige
der Herren Curtius und Brüning Rücksicht ge-
nommen hätte, zufrieden gab.
Die Eindeutigkeit und Schonungslosigkeit des
von Briand-Laval durchgesehten Verzichts, wird
auch dem gutgläubigsten Volksgenossen die Er-
folge Curtius-Brüning'scher Außenpolitik sicht-
bar machen.
Der französische Minister Flandin nennt die
Verzichterklärungen „außerordentlich glücklich
formuliert" und hofft, daß die „malaise", die
durch den Zollunionsplan entstanden sei, nun end-
gültig überwunden werden!
Auch wir sind geradezu überwältigt von der
über alle Maßen erfolgreichen Außenpolitik der
schwarz-roten Koalition!
Stimmen wir ein in den neudeutschen Jubel-
gesang:
„Mir sind ja, ach fo glücklich,
so glücklich wie noch nie!"
 
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