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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.44156#0521

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Mr M-UM wl» Sr°U

Nr. 170/1. Jahrgang

Mittwoch, den 18. November 1931

Freiverkauf 15 Pfg.

M MrdiW hetzt hei Briiiiing gegen SA.
ItMkWlllte Lügen her M-Mite-Nsnzen.

Berlin, 17. Noveinber. Die Fuyrer der so-
Zialdemokratischen Reichstagsfraktion, die Ab-
geordneken Wels, Dr. Breitscheid, Dr. Hilser-
ding und Dr. Hertz, wurden am Dienstag Abend
vom Reichskanzler empfangen. Der Besprechung
wohnten Reichswehrminister Groener und der
Preußische Innenminister Severing bei. Nach einer
sozialdemokraköschen parkeioffiziellen Mitteilung
haben die sozialdemokratischen Abgeordneten dem
Reichskanzler „an Hand umfangreichen Mate-
rials den Beweis geführt, daß von führenden
Rationalsozialisten nicht nur zu Gewalttätigkeiten
aufgereizt wird, sondern daß von der Privat-
armee des Herrn Hitler, den SA-Formationen,
auch in zahlreichen Fällen solche Gewalttaten
organisiert begangen werden!" Werde nicht durch
stärkstes aktives Borgehen der Staatsgewalt die-
ser Kulturschande eine Grenze gezogen, iso könne
Man nicht erwarten, daß die Massen des Volkes,
die zur Republik stehen, Vertrauen zur Staats-
gewalt hätten und man müsse begreifen, daß sie
sich zur Selbsthilfe entschlössen. Es werde ferner
eine große Beunruhigung geschaffen, die die Ab-
sicht, die Regierung zu stützen, immer mehr er-
schüttern müsse. Sowohl der Reichskanzler, als
auch der Reichswehrminister, hätten verspro-
chen, alle zur Bekämpfung politischer Ausschrei-
tungen möglichen und aussichtsreichen Schritte zu
Unternehmen. Das vorgebrachke Material soll
vom Reichsinnenministerium geprüft werden.

3m Colbitz und Waldenburg wurden auf
»en Friedhöfen von unseren Kränzen die
Schleifen abgerissen und verbrannl. Wäh-
lend die Verbrecher in Waldenburg noch
ttNmer nicht ermittelt sind, stellte man in
^olditz als Täter Angehörige der Soziali-
stischen Arbeiter-Jugend fest, die nach Ab-
legung eines Geständnisses in das Amtsge-
Kchtsgefängnis eingeliefert wurden.
Polizist erstochen.
Im Wahlkampf ist es in der Nacht zum
Sonntag in Viernheim, Provinz Starken-
burg, zwischen Anhängern der KPD und Polizei
tu einem -schweren Zusammenstoß gekommen. Ein
Volizeibeamker wurde durch einen Stich in das
Herz getötet. Der Täter wurde von einem an-
deren Polizeibeamken durch zwei Schüsse kampf-
unfähig gemacht.
Ar mW LiiMii Ut mm lmseil
Ratzenellenbogen aus der Haft entlassen.
Berlin, 17. Nov. Der frühere General-
direktor der Schultheih-Pahenhofer A.-G.
Mdwig Katzenellenbogen, ist gegen Sicher-
heitsleistung in Höhe oo nIOO OOO Mark am
Dienstag nachmittag aus der Hafk entlassen
Horden. — Woher nimmt der Kahenellen-
-vgen, der doch pleite ist, 100 000 Mark?
sollte er stille Gönner haben? Wir halten
Ase Haftentlassung für einen schweren
Mißgriff.
blaatsanwaltschast verlangt höhere Sicher-
bell für die Haftverschonung Katzenellen-
bogens.
Berlin, 17. Nov. In der Sache Kahen-
^ilenbogens hat die Staatsanwaltschaft 1
?Egen den Beschluß des Untersuchungsrich-
Beschwerde eingelegt, mit dem Ziel,

Bon zuständiger Reichsstelle ist über die Un-
terredung mit den Sozialdemokraten eine Mit-
teilung nicht ausgegeben worden.
Die Auflösung der SA könnte dem Mord-
reichsbanner so passen. Damit wäre Deutsch-
land den Horden von Reichsbanner und Rot-
front aus-geliefert. Aber die Herrschaften täu-
schen sich. Die SA wird nicht ausgelöst!
Israel für deutsch-sranzös.
„Annäherung".
Die Gattin des neuernannken französischen
Botschafters in Berlin, Frau Lucy Poncet, ist
Jüdin. Sie ist die Tochter des Seidenfabrikanten
Levy aus Lyon und hat, wie das „Israelitische
Familienblaltt" freudestrahlend berichtet, zu Ju-
den in Eüdwestdeukschland, besonders in Frank-
furt a. M. und Worms verwandtschaftliche Be-
ziehungen. Demnach steht der Annäherung zwi-
schen Deutschland und Frankreich, soweit es die
Juden betrifft, wohl nichts mehr im Wege.
Warum auch nicht!!!
*
Blutige Zusammenstöße zwischen Polizei
und Streikenden.
Madrid, 16. Nov. In Andujar kam es
zwischen der Polizei und streikenden Land-
arbeitern, die mit Jagdgewehren, Sensen u.

daß die Leistung einer höheren Sicherheit
als 100 000 Mark für die Verschonung von
der Untersuchungshaft erreicht wird.
Deutschland ist nicht Japan
Vorsitzender des ständigen Internationalen
ständigen Gerichtshofes, der sich gutachtlich über
den Danzig-polnischen Streit wegen des Anlaufs-
und Anfenthalksrechks polnischer Kriegsschiffe im
Danziger Hafen zu äußern hak, ist ein Japaner.
Das ist insofern interessant, alls es sich hier um
deutsche Belange handelt, während sich Japan —
mit Recht — -in seinem Konflikt mit China wegen
der Mandschurei jede fremde Einmischung ver-
bittet. — Aber Deutschland ist nicht Japan!

Zu den gestrigen Stadtverordnetenwah-
len in Gadebusch (Mecklbg.) hatten nur die
Nationalsozialisten, Sozialdemokraten und
Kommunisten eigene Listen ausgestellt, die
bürgerlichen Parteien hatten, um sich einer
vernichtenden Niederlage zu entziehen, auf
eigene Listen verzichtet. Die neue Stadt-
verordnetenversammlung, in der nur Natio-
nalsozialisten und Sozialdemokraten vertre-
ten sein werden, wird eine nationalsozia-
listische Mehrheit von 7:3 cmfweisen.
*
Mm All M FmlkM.
Paris, 17. Nov. In einer Reihe von
Blättern war betont worden, daß der neue
Wahlerfolg der Nationalsozialisten sich un-

Messern bewaffnet waren und die Bürger-
meisterei stürmen wollten, zu blutigen Zu-
sammenstößen. Dabei wurde ein Polizist
getötet und zahlreiche Streikende verletzt
*
Skraßenkampf zwischen Erwerbslosen und
Polizei in London.
London, 17. Nov. Am Dienstag kam es
im Londoner Stadtteil Shoreditch zu einem
außerordentlich schweren Zusammenstoß zwi-
schen Erwerbslosen und Polizei, in deren
Verlauf ein Polizist und drei Demonstranten
schwer und eine größere Anzahl leichter ve--
leht wurde. Die Erwerbslosen waren vor
die Zahlstelle gezogen, um sie zu stürmen.
Da die Türen verschlosseen waren, warfen
sie mit Steinen und zertrümmerten die
Fenster, so daß bei einem weiteren Angriff
die Polizei mit dem Gummiknüppel vorge-
hen mußte. Der Kampf dauerte über eine
Stunde.
Die platzende SPD.
Im Zusammenhang mit der in Oppau
(Pfalz) neu gegründeten Sozialistischen Ar-
beiterpartei haben nach Meldung des
„Führer" in den letzten drei Wochen mehr
als 100 Sozialdemokraten ihren Austritt
aus der SPD und ihren Eintritt in die NS-
DAP erklärt. Diese Tatsache hat in den
politischen Kreisen der Pfalz großes Auf-
sehen erregt. Bei den Sozialdemokraten
herrscht größte Bestürzung, da in der ge-
samten Pfalz die Austritte aus der SPD
ungeheure Ausmaße annehmen. So traten
vor einigen Tagen aus der Neustadter Orts-
gruppe der SPD im Anschluß an eine Mit-
gliederversammlung 40 Mann aus der Par-
tei aus, die sich zum Teil der NSDAP an-
schlossen.
Poungopfer.
Schleswig, 17. Nov. Ein hiesiger Ge-
schäftsmann hat aus Verzweiflung über
seins schwere wirtschaftliche Lage seine
Frau, seine drei Kinder und sich selbst ver-
giftet. Die Frau und die Kinder sind be-
reits gestorben. Der Mann kämpft mit dem
Tode.

bedingt auch auf die Reichsregierung und
dis Stellung des Kabinetts Brüning aus-
wirken werde, und daß aus diesem Grunde
die deutsch-französischen Verhandlungen un-
ter sehr ungünstigen Bedingungen stattfän-
den. Die „Agence Economique et Finan-
ciers" betont demgegenüber, daß der Auf-
stieg der deutschen Rechten den Verhand-
lungen niemals hinderlich sein könne. Es
wäre im Gegenteil zu begrüßen, wenn die
neuen, mit Deutschland zu treffenden Abma-
chungen von einer Regierung unterzeichnet
würden, in der die Nationalsozialisten ver-
treten wären. Die Lösung der zwischen
Deutschland und Frankreich schwebenden
Probleme könne jedenfalls durch die Betei-
ligung der Opposition an der Regierung nur
gefördert werden.

Sie schänden unsere Toten.

58,3 WM MStMMl! NtimWllWW

Sik« der N5IW. In MMlh.

MWeSoMmWkW.
Zum SO. Jahrestag einer kaiserlichen Botschaft.
Von Ha bub r and.
Durch die kaiserliche Botschaft vom 17. No-
vember 1881 wurde die Sozialversicherungsgesetz-
gebung des Deutschen Reiches eingeleiket. Auf-
grund dieser Botschaft wurden später die Kran-
kenversicherung (1883), die Unfallversicherung
<1884) und die Invalidenversicherung (1889) ge-
schaffen, die — nach mannigfacher Umgestaltung
— seit dem 19. Juli 1911 i-n der Reichsversicher-
ungsordnung (ADO.) zusammengefaßk sind. Im
gleichen Jahre trat als selbständiger Zweig neben
die RVO. das Versicherungsgeseh für Angestellte
<20. Dezember 1911). Rach vielfachen Verän-
derungen wunden beide Gesetze, die RVO. und
das Angestellken-verficherungsgesetz im Jahre 1924
neu bekannkgemachk. Das Aeichskna-p-pschafts-
gesetz vom 23. Juni 1923 wurde am 1. Juli 1926
neu bekanntgemacht, und die Arbeitslosenver-
sicherung (Gesetz über Arbeitsvermittlung und Ar-
beitslosenversicherung, AVAV-G.) trat am 16.
Juli 1927 in Kraft. Zu erwähnen ist in die-
sem Zusammenhang das ReichSverforgungsgesetz
(RVG.), das zwar nicht zur Sozialversicherung
gehört,, aber mancherlei Beziehungen dazu hat.
Im ReichSversorgungsgelsetz, das die Nationalver-
sammlung im Jahre 1920 schuf, und das inzwi-
schen wiederholt abgeändert wurde, sind zahl-
reiche Erfahrungen der Sozialversicherung ver-
wertet. Es regelt die Versorgung der früheren
Angehörigen der deutschen Wehrmacht und ihrer
Hinterbliebenen. Es hak seinen Vorläufer in dem
seit dem 19. Jahrhundert bestehenden Militär-
pensions-geseh <187l).
Das Jahr 1930 und 1931 brachte nun unter
der überaus „sozialen" Herrschaft des Zentrums-
reichskanzlers Brüning, der sich bis zum heutigen
Tag des Vertrauens der noch „sozialeren" So-
zialdemokratie erfreut, mancherlei bedenkliche
Aenderungen in der Sozialversicherung: den 50-
Pse-nnig^Krankenschein, Sie Arzneischeingebühr,
den z. T. rigorosen Abbau der Kriegsrenken, i-n
der Arbeitslosenversicherung Beitragserhöhungen
und Leistüngssenkungen. Und gerade -in diesen
Tagen lesen wir unter der völlig irreführenden
Ueberschrifk: „Reform der Sozialversicherung",
daß die Regierung einen Abbau der Leistungen
der Sozialversicherung vorsehe. Wahrlich ein
würdiges Begehen der kaiserlichen Botschaft
durch -die „soziale" Republik! Zugleich sollen die
etwa 1100 Versicherungsämker (bei den Kreis-
und Stadtverwaltungen) abgebaut werden. Wir
Nationalsozialisten haben nie bestritten, daß eine
Blähung in dem Verwolkungs-apparat der So-
zial-versicherung eingekreten ist, zugunsten großen-
teils von Parteibüchbeamken. Aber die Wirksam-
keit des Abbaus der Versicherungsämter mag je-
dermann daran erkennen, daß die Qberverficher-
ungsämker (bei den Regierungspräsidenten) ihre
Ausgaben übernehmen sollen. Erforderlichenfalls
könnten diese Zweigstellen unterhalten! Womit
also, im Wesentlichen, alles beim alten bliebe. Be-
ruhigend mag auf manchen wirken, daß an eine
Außerkraftsetzung eines ganzen Versicherungs-
Meiges (gemeint ist die Arbeitslosenversicherung)
nicht gedacht werde. „Die Hand soll verdorren,
die den Versailler Vertrag unkerischreibk." Meinte
Scheidemann. Der Vertrag wurde unterschrie-
ben. Die Hand des Sozialdemokraten Hermann
Müller und des Zentrumsmannes Bell verdorrte
nicht. Und Finanzminister Dietrich legte in Hei-
delberg vor dem 14. September 1930 seine Hand
dafür ins Feuer, daß er eine weitere Sonder-
belastung der Beamten Nicht mitmache. Seitdem
ging ein I-ahr ins Land, und wir überlassen den
Beamten das Urteil. Im Hinblick auf die Mög-
lichkeit einer Außerkraftsetzung der Arbeitslosen-
versicherung läßt sich wohl sagen, daß die Regier-
ung die Enttäuschung der Arbeiterschaft zu sehr
doch nicht steigern darf. Die Sozialdemokratie
würde zwbr mitmachen, aber die Arbeiterschaft
nicht. Denn unter dem Einfluß der Verkündi-
gung des deutschen -Sozialismus Adolf Hitlers
wäre eine derartige Maßnahme das Ende von
Weimar und Versailles. — „An eine Zusammen-
legung von 'verschiedenartigen Versicherungen
wird nicht gedacht", heißt es in Zeitungsberich-
ten weiter. Soweit damit gesagt werden soll,
daß die Versicherungszweige, die nächstens zu-
sammenbrechen, nicht eine letzte, aber auch nicht
tragfähige Stütze durch die Einbeziehung der An-
gestellkenversich'erung, die vorläufig, dank nicht-
 
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