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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.44156#0701

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Der!»«: Hrtdeidergei Wcedachrer. H«au»gkder: Otto Wetzel.
Schriftieittmg: LutSerstratz- re), Telephon 4048
Lei Heidelberger Bedbochier erscheint 6 mal wöchentlich und
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88 die Zeitung am Erscheinen (auch durch höhere GetuaU
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ort: Heidelberg. AusschlieUicher Gerichtsstand: Heidelberg.
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Mr. 192 /1. ZahrgKAg

Montag, den 14. Dezember 1931

Freiberkanf 15 Pfg.

FF»
HoPerrat tu Rotexierii?
Wörter 5 Wr-!ee. / PMWe Polizei sm Mm öemht ßtz.... / »riese mn Hiller mö HiMeobllki
WlMkW / Bon HoAerrnt keine Sm / Snarsömkeit im Zeltzea öer Notverorömng!

Der Ruhm der hessischen Polizei, das
„staatsgefährliche" Boxheimer Doku-
ment gefunden zu haben, hat die badi-
schen Kollegen nicht ruhen lassen. Mas
in Hessen gefahrdrohend heraufzog, sollte
das auch nicht im badischen Musterländle
möglich sein? Also sammelte die badische
politische Polizei ihre gesamten streitba-
ren Kräfte, um zu einem großen Schlag
gegen den verhaßten Nationalsozialis-
mus auszuholen.
Die einsam am Berghang liegende
Burg Rotenberg bei Wiesloch war dies-
mal zum Kriegsschauplatz ausersehen.
Dort veranstaltet unser Pg. Gesandter
z. D. v. Reichenau seit Jahren fast jeden
Sonntag literarische kulturpolitische und

Hinaus mit der Zudenpresse!

In jedes
deutsche
gehört der Haus
liei^IderUskeodseliter
Politische Ausspracheabende, zu denen er
Freunde und Bekannte der verschieden-
sten politischen Einstellungen als Gäste
einlädt. Auch gestern fand wiederum
solch eine Unterhaltung statt. Etwa vier-
zig Herren und Damen saßen in anre-
gendem Gespräch beieinander als plötz-
lich eine Stimme ertönte: „Hier Landes-
pvlizeiamk Karlsruhe. Ich bitte Ruhe zu
bewahren und auf den Plätzen sitzen zu
bleiben!" Keiner der Anwesenden konnte
sich erklären, was mit dieser überraschen-
den Maßnahme der politischen Polizei
Überhaupt bezweckt sei. Die ruhige Kon-
versation wurde kraß unterbrochen, die
Gäste von ihrem Gastgeber dem 74jäh-
rigen greisen Parteigenossen von Rei-
chenau getrennt und in einzelne Räume
durch die Polizei hineingedrängt. Dort
Mußten sich alle, gleich ob Männer oder
Frauen, eine hochnotpeinliche körperliche
Untersuchung gefallen lassen. Selbst
private Briefschaften wurden von der
Polizei durchsucht und auch die Mäntel
die in der Borhalle hingen nicht unbe-
achtet gelassen. Das bemerkenswerteste

an dieser polizeilichen Invasion war, daß
die Polizei nicht in der Lage war, dem
Hausherrn den erforderlichen schriftlichen
Befehl ihrer vorgesetzten Behörde vor-
zuzeigen. Wir sind also heute in Deutsch-
land in Folge der Notverordnung und
der fortgesetzten marxistischen Hetze schon
so weit gekommen, daß friedliche Staats-
bürger, die sich bei einer Tasse Tee über
kulturelle, politische und sonstige Fragen
unterhalten, wie die Hochverräter von
der von ihren Steuergeldern bezahlten
Polizei behandelt werden. Parteigenosse
v. Reichenau wurde gezwungen, seine
Schränke und seinen Schreibtisch, zu öff-
nen, worauf die Polizei eine genaue Un-
tersuchung der gesamten Privatkorrespon-
denz vornahm. Eine ganze Reihe von
Schriftstücken wurde beschlagnahmt und
versiegelt. Der 74jährige Greis war über
die unerhörte Behandlung deren Opfer
er ohne schriftlichen Befehl geworden
war, so erregt, daß ein anwesender Arzt
eingreifen mußte, um Weiterungen zu
vermeiden.
Selbstverständlich hat die politische
Polizei nicht das geringste gefunden. Me-
der Waffen noch hochverräterische Do-
kumente waren vorhanden. Anstatt des-
sen beschlagnahmte sie den Briefwechsel
Reichenaus mit Hitler, Eulenburg, an-
deren politischen Persönlichkeiten und
— welche Ironie des Schicksals — auch
Briefe des Reichspräsidenten und Gene-
ralfeldmarschall v. Hindenburg.
Die ganze Aktion der badischen poli-
tischen Polizei, die man zu diesem Zwecke
aus Karlsruhe, Freiburg, Mannheim

und Heidelberg zusammengezogen hatte,
war ein Reinsall allererster Güte. An-
gesichts dieses außerordentlich sonder-
baren Verhaltens der badischen politi-
schen Polizei, noch dazu ohne schriftlichen
Befehl in die Wohnung eines deutschen
Staatsbürgers einzudringen, ist im Inter-
esse der Öffentlichkeit zu fragen, ob die
badische Staatsregierung einen derar-
tigen Mißbrauch auf Kosten der Steuer-
zahler billigt? Zwei Autos mit zehn bis
zwölf Beamten hielten sich schon Nach-
mittags um 2 Uhr in der Umgegend von
Rotenberg auf. Erst nachmittags um 4
Uhr erfolgte der ungebetene polizeiliche
Besuch. Scheinbar verfügt die badische
Polizei über überflüssige Reichtümer, um
derartige sinn- und zwecklose Spazier-
fahrten zu finanzieren. Wenn dies der
Fall sein sollte, so hielten wir es für an-
gebrachter wenn der KPD. in Mannheim
und Karlsruhe etwas mehr auf die Fin-
ger gesehen würde. Dort wäre das Geld
gewiß besser angewendet, anstatt wie ge-
stern, friedliche Staatsbürger beim Tee
zu stören. Scheinbar ist das Vorgehen
der politischen Polizei die erste Auswir-
kung der Brüningschen Notverordnung
zur Sicherung des Weihnachtsfriedens.
Wir sind uns darüber klar, daß in der
Zukunft derartige Maßnahmen noch zu-
nehmen werden, denn die Regierungen
scheinen durch das unaufhaltbare An-
wachsen des Nationalsozialimus so ner-
vös geworden zu sein, daß sie selbst hin-
ter einer friedlichen Teegesellschaft schon
Hochverräter wittern.
Merkwürdigerweise suchte die Poli-

zei unter den Gästen den Heidelberger
Staatsrechtler und Demokraten (viel-
leicht inzwischen schon Sozialdemokraten)
Professor Anschütz. Sollte der vielleicht
auch unter dem Verdacht des Hochver-
rats stehen? Ferner schien die Polizei
irgend ein sagenhaftes Dokument zu su-
chen, von dessen Vorhandensein weder
dem Hausherrn noch irgendeinem Gast
etwas bekannt war. Parteigenosse von
Reichenau wird sich ebenso wie die an-
wesenden Gäste über die Invasion der
politischen Polizei beschweren und von
den maßgebenden Stellen Aufklärung
fordern. Wir hoffen, daß diese Auf-
klärung in genügendem Maße der Öf-
fentlichkeit gegeben wird. Die Betrof-
fenen werden dafür sorgen, daß diese
neudeutsche Polizeimethode auch an höch-
ster Stelle des Reiches, beim Reichsprä-
sidenten v. Hindenburg zur Kenntnis ge-
bracht wird. Es scheint dringend not-
wendig, daß baldigst darüber Klarheit
geschaffen wird, ob wir noch in einem
Staate leben, der die Rechtssicherheit
seiner Staatsbürger auch gegenüber der
politischen Polizei gewährleistet. In je-
dem Fall scheint es notwendig, darauf
hinzuweisen, daß in einer Zeit, wo dem
einzelnen Staatsbürger durch fortgesetzte
Notverordnungen beinahe das Hemd vom
Leibe gezogen wird, auch die Polizei sich
größerer Sparsamkeit befleißigt und
achtsam mit Steuergroschen umgeht, die
die Allgemeinheit nur noch unter Mühe
aufbringt, Autospazierfahrten mit Tee-
besuchen scheinen hierzu nicht der richtige
Weg zu sein!

„Deutschland den Deutschen!"
Eine von Brüning unterdrückte Rundfunkrede Adolf Hitlers.

Aus Einladung von Hearst sollte Mols Hit-
ler in der Nacht vom Freitag aus Samstag eine
Rede vor der amerikanischen Oefsentlichkeik
halten, die mittels Fernsprecher bis England
und von da durch drahtlose Telephonie auf den
amerikanischen Rundfunk mit sämtlichen Sen-
dern der Vereinigten Staaten Kanadas und
Mexikos übertragen werden sollte. Die Regie-
rung Brüning hat im letzten Augenblick die Wie-
dergabe dieser Rede verhindert. Die anglo-
amerikanische Presse hak trotzdem die beabsich-
tigt gewesene Rede ihren Lesern unterbreitet.
Die Rede, deren Text vereinbarungsgemäß fest-
gelegt worden war, und aus deutsch rind englisch

durchgegeben werden sollte, hat folgenden
Wortlaut:
„Ich möchte zuerst Mister Hearst für die mir
gebotene Gelegenheit, durch die Hearst-Presse
und die Columbia-Rundfunkgesellscha-fk dem ame-
rikanischen Volk eins kurze Darstellung von
Weg, Sinn und Zweck der nationalsozialistischen
Bewegung in Deutschland zu geben, meinen
Dank aussprechen.
Die nationalsozialistische Bewegung ist heule
die grötzke politische Partei Deutschlands.
Im Jahre 1919, wenige Monate nach Been-
digung des Weltkrieges, gründeten ein paar

Männer und ich einen kleinen politischen Ver-
ein, der zunächst nur sieben Köpfe umfaßte. —
Unter uns befand sich kein prominenter Name,
der im politischen Leben bisher irgendeine Roste
gespielt hatte.
Ein Jahr später betrug die Mitgliederzahl
64 Männer und Frauen, wieder ein Jahr spä-
ter 3 070. Ein Jahr später 7 006, 1923 erreicht«
die Partei rund 30 600 Mitglieder.
Nach -einer kurzen Periode der Verfol-
gungen und Bedrückungen trat sie erneut unter
meiner Führung ins Leben und zählte schon
1927 über 70 000 Mitglieder, 1930 aber sechs-
 
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