Neüa,: KEÄdsr«« B«»i>L.L:er. Oiio
' S«tzr!st!crwng- LutSerstraLr W, L-itAtz»« -»tS
Dei Heidrlb«r?k' Bc-iacht« er)ch«inl « n«U wSchemUch »>-.»
i»Krl vam«Hick u iS RVt Brr P»stb«Mg ^züglich z«
8eft«l!U!«-n nehmen »I» ämter und SrirftkL-« entgegen.
Atz tz!« ^<!j!ur»g «m («ich Lu.'ch höher» 'RexmU
««rhu l!«r. detz^t leeu Ltijvrnch «nk «n:!lvL».guu,.
ÄlsiMM SM
M SSeWLS
Zur 8rMM und Brat'.
ÄsllMWMM
MS NlllMS
V»»*'»en: Di«8 gewÄtnie MMmerriMM wPf«. M>
i gswalteiie Miilimeterrcile >m )exueil LS Pf«, yür kle.i»
Anzeigen: Die 8 gejvÄten« MMimeterjeil« » Pi«. «»> Weda»
boi-.mg Rabatt nach auilicgeiidcm Tarii. Sch-ntz Lei Anzeige»
Annahme- l8 Uhr. Anzeigen - Annahme: Lnlbertzmtze Sih
Tc! «048 - Marttpla» 8, Tel. 88. ZnUungr-nnL SrsMung^
ort: Heidelberg. Auslchlieküchsr KeNchIM«»»: Heidelber»
BMcheMnmo: Heidelberger Benlaitztcr. K-r-K-ude glSS-4
Nr. 198 /1. Jahrgang
Montag, den 21. Dezernder 1S31
-MM»M'WMiiMWWWi»lMMSMWW«HSSWMiMSü«
Freiverkanf 18 Pfg.
ZmmWer Wil
M d« MUe III Ri MM«
S.— Wir haben bisher in unseren Berichten
Über Ns Rotenberger Polizeiaktion vorwiegend
auf dis belustigende Seite dieser — nicht für
uns — blamablen Angelegenheit -abgehoben.
Nach Ser neuesten Wendung, «die der „Fall
Rotenberg" durch den Innenminister Emil
Maier erfahren hat, scheint es an der Zeit,
grundsätzlich zu den Methoden der badische Re-
gierung Stellung zu nehmen.
Drei WMllNWWiten
Am !3. Dezember begann di« großangelegie
Staatsaktion. Gin deutscher «Staatsbürger,
nebenbei «in ehemaliger Hoyer deutscher Diplo-
mat, Pflegte feit Iahren von Zeit zu Zeit poli-
tisch, wirtschaftlich und kulturell interessierte
Menschen seines engeren und weiteren Bekann-
tenkreises zu sich zu laden, um diesen, fern
von jeder politischen Einseitigkeit, eine ruhige
Aussprachemöglichkeit zu geben. Die Mehrzahl
der Eingeladenen gehörten nicht der NSDAP
an, sondern waren Anhänger anderer Parteien
bis zu den -Demokraten, oder überhaupt wicht
politisch gebunden. Zu einer ebensolchen Ver-
anstaltung hatte Exzellenz -von Reichenau auch
am 13. Dezember 38 Frauen und Männer ge-
beten. Seit Jahren waren diese politischen Tee's,
wie es den Grundsätzen der Demokratie ent-
spricht, völlig unbeanstandet geblieben. Erst
dem schwarz-roten Regime mit dem ehemaligen
Heidelberger Holzhofbirektor Emil Maier als
Innenminister, einer Regierung, in der auch der
Volksparteiler Dr. Mattes sitzt, blieb es Vor-
behalten, die verfassungsmäßig garantierte An-
verletzbarkeit der Wohnung' jedes deutschen
Staatsbürgers ohne jeden ausreichenden Grund
zu verletzen. Die Einzelheiten der politischen
Aktion sind in ganz Deutschland durch die Presse
bekannt geworden. Sie endete mit der Be-
schlagnahme einiger politischer Briefe Hinden-
burgs, Hitlers, Eulenburgs und anderer
Politiker!
Tagelanges Schweigen folgte dieser geheim-
nisvollen Polizeiaktion, bis sich schließlich di«
politische Polizei unter dem Druck der öffent-
lichen Meinung entschließen mußtte, einen Be
richt durch die Pressestelle beim badischen
Staatsministerium herausgeben. Diesem Bericht
der politischen Polizei folgte nach zwei weite-
ren Tagen eine amtliche Meldung der badischen
Regierung, — die nicht -etwa über di« „Erfolge"
der polizeilichen Aktion Aufschluß gab, sondern
die Liste der aus Rotenberg zwangsgestellten
Personen darstellte.
Zu diesen beiden amtlichen Meldungen ist -
zu bemerken, daß sie nicht weniger als drei
glatte Unwahrheiten neben anderen Ungenavig-
!! eiten, enthalten.
1. Es äst unwahr, daß, -wie der amtliche Be-
richt sagt, „gleichzeitig mit der Einladung ein
vervielfältigtes politisches Schreiben des Für-
sten Eulenburg-Herlefeld in Liebenberg (Mark)
versandt worden ist."
Wahr -ist, daß dieses Schreiben etwa acht
Tage vorher per Drucksache, und zwar an einen
wesentlich anderen Personenkreis, verschickt
wurde.
2. Ls ist unwahr, daß, wie der amtliche Be-
richt sagt, „den nach Rotenberg Eingeladenen
nahegelegt -worden sei, auch Angehörige mik-
zubr-ingen."
Währ ist, daß die Einladungen an einzelne
Leute persönlich ergingen und daß sie nach
dem in der Presse veröffentlichten Text keine
Aufforderung enthielten, „Angehörige m-it-zu-
b ringen."
3. Es ist unwahr, daß der in der amtlichen
Liste der Eingeladenen erwähnte Professor
a. D. Ganter auf Rotenberg anwesend war.
Wahr ist, daß Ganter nicht dort -war und in
der Presse gegen diese amtliche Unwahrheit
protestiert hak.
Schon bis bisherigen Feststellungen genügen,
um zu beweisen, auf welch unsicheren Füßen
die ganze Rokenberger -Aktion steht. Eine Re-
gierung, die ihre Handlungen gerechtfertigt
wüßte,' hätte es nicht notwendig, amtliche Ver-
lautbarungen herauszugeben, die in drei Punk-
en, davon in zwei wesentlichen, völlig unwahr
sind!
Verletzung tzes AMsgeheilnMes?
M ermrtes Ailsmst» mm 3m»iMn Mn!
Abgesehen von diesen offensichtlichen Un-
wahrheiten, gibt besonders die zweite amtliche
Verlautbarung des badischen Staatsministeri-ums
Anlaß zu einigen ^besonderen Anfragen an den
Herrn Innenminister Emil Maier.
Die Oeffenklichkeit erwartete, nachdem fünf
Tage seit der hochpolitischen Polizeiaktion ver-
strichen waren, Auskunft über ihren Erfolg.
Stattdessen veröffentlichte das Organ der
Staatsregierung. die ,/Karlsruher Zei-
tung". eine Liste der Teilnehmer des politi-
schen Teenachmittags auf Rotenberg, die nach
Lage der Dinge und in Anbetracht ihrer aus-
führlichen Aufmachung nur von der Regierung
oder von ihr untergeordneten Organen heraus-
gegeben worden sein kann.
Wir fragen .zunächst den badischen Innen-
minister Emil Maier: Liegt hier Bruch des
Amtsgeheimnisses seitens eines untergeordneten
Staatsorganes vor, oder ist die Veröffentlichung
der Liste im Einverständnis und mit Billigung
des Staatsminiftermms erfolgt?
Sollte das erster« der Fall sein: Ist der
schuldige Beamte disziplinarisch zur Verant-
wortung gezogen worben?
Im zweiten Falle: Billigt di« badische Re-
gierung die in ihrer Form porkeipolikifch ten-
denziöse Aufmachung der Teilnehmerliste, die
letzten Endes einer Irreführung der Oeffenklich-
keit gleichkommt?
ZmWruWrkMutlWeit
Ist es schon höchst sonderbar And -ungewöhn-
lich, die Teilnehmer an einer privaten Gesell-
schaft im Skaatsanzeiger, -er „Karlsruher Zei-
tung" zu veröffentlichen, so muß die Einteilung
in verschiedene Stände zusammen mit dem
Kommentar, das das Organ der Regierung
daran knüpft, als eine bewußte Verhetzung und
Irreführung der Oeffenklichkeit bezeichnet
werden.
Die veröffentlichte Liste nebst Kommentar soll
den Eindruck erwecken, als habe es sich bei dem
Rokenberger politischen Tee -um eine Parteiver-
anstaltung der -NSDAP gehandelt. — Am die-
sen Anschein, den das badisch« Gkaaksministe-
r-ium durch di« Veröffentlichung scheinbar nicht
unabsichtlich, erreichen wollte, von vornherein zu
zerstören, stellen wir fest, daß von 41 auf Roten-
berg anwesenden Personen insgesamt 13 Natio-
nalsozialisten waren. Alle übrigen Anwesenden
gehören anderen Parteien an, oder sind poli-
tisch nicht gebunden!
Ferner stellen wir fest, daß Pg. von
Reichenau und seine Frau seit langer Zeit ein-
geschriebene Mitglieder der NSDAP sind,
(übrigens als einzige der auf Rotenberg poli-
zeilich „ermittelten" Adligen), daß aber die Tee-
Einladung reine Privatangelegenheit unseres
Pg. von Reichenau war, mit der die Partei als
solche nichts zu tun hak, ebensowenig, wie sie
jemals auf den Kreis der einzuialdenden Gäste
irgendwelchen Einfluß genommen hak.
Di« verlogene Aufmachung der Teilnehmer-
liste in der Presse, die anführk: „Aus den:
Arbeikerstand ..." versucht nun den Eindruck
zu erwecken, als feien bei dieser „Versammlung
der NSDAP" natürlich keine Arbeiter anwe-
send gewesen. Die Tatsache, daß der Roten-
berger Tee eine reine Privateinlaöung war,
charakterisiert die demagogischen Behauptungen
der schwarz-roten Systempresse zur Genüge. !
Im übrigen haben wir «S nicht notwendig, die
Zugehörigkeit zahlreicher deutscher Arbeiter
zur NSDAP unter Beweis zu stellen. Ei»
Blick in die Massenversammlungen unserer Be-
wegung, das unaufhaltsame Vordringen in den
Betrieben und die schweren Verluste der SPD
sprechen hier eine deutliche Sprache.
Abgesehen davon möchten wir -vor allem an
die „Volkszeitung" die freundliche Anfrage
richten, sie möge einmal feststellen, ob bei den
Saufereien gewisser SPD-Bonzen hei den
Sklareks, oder wenn Genosse Scheidemann „bei
Sekt und schönen Frauen" photographiert
wurde, etwa Arbeiter dabei waren. Im Falle
Rotenberg handelte es sich noch dazu um «in«
ernsthafte geistige Diskussion bei einer Tasse
Tee, -während die als Musterbeispiele erwähn-
ten SPD-Gelage einen entsprechend der Be-
schaffenheit fett und satt gewordener SPD-
Bonzen — weniger geistigen Charakter trugen!
Lo// ms/? /sc/rezr?
Meige mgeu „BerWts im Mrüereitum
zum Hochverrat"
Nachdem das ibadisch Innenministerium sich
fünf Tage lang um di« Bekanntgabe der Er-
folge der Rokenberger Polizeiaktion herum-
gedrückt hatte, offenbar, wie wir mit Sicher-
heit zu wissen glauben, weil eben auf Roten-
berg nichts, aber auch garnichts Hochverräteri-
sches gefunden worden ist, mußte natürlich ein
Weg gefunden werden, der den Herrn Innen-
minister Emil Maier und die ihm unterstellte
politische Polizei vor der peinlichen Pflicht be-
wahrte, offen ihre völlige Niederlage im Falle
Rotenberg zugeben zu müssen.
Man behielt also einige Schriftstücke, deren
Inhalt uns genau bekannt ist, zurück, stellte
die übrigen, insbesondere den o-einlicherweise
-beschlagnahmten Hindenburqbrief unserem Pg.
von Reichenau wieder zu. Die zurückbehalkenen
Briefe übergab man, soweit die amtliche Ver-
lautbarung zutreffen sollte, mit einer Anzeige
wegen „Verdachtes Der Vorbereitung zum Hoch-
verrat" dem Oberreichsanwalt in Leipzig. Auf-
atmend bemerkt der amtliche Bericht: „Nach
dem jetzigen Stand des Verfahrens kann wei-
tere Auskunft über das Ergebnis der bisherigen
polizeilichen Erhebungen nicht gegeben werden."
Wir stellen schon heute in genauer Kennt-
nis der Sachlage fest, daß es dem Herrn Innen-
minister Emil Maier bei seiner Hochverrats-
anzeige in erster Linie und wahrscheinlich) über-
haupt nur auf diesen Satz angekommen ist. Das
„schwebende Verfahren" gibt Herrn Maier und
der politischen Polizei di« Möglichkeit, weiter
über den Mißerfolg der Rolenberger Aktion —
zu schweigen! Wenn jedoch unser ehemaliger
Heidelberger Mitbürger, der Herr jetzig« In-
nenminister Maier annehmen sollte, es werde
inzwischen „Gras über die Spuren der Polizei
in Rotenberg wachsen", so gestatten wir uns,
ihn schon heute freundlichst darauf aufmerksam
zu machen, daß eine solche Spekulation falsch
wäre. Wir werden keinesfalls Ruhe geben, bis
dieser Fall, der wie kaum ein anderer die
Rechtsunsicherheik in Deutschland — soweit ein
Staatsbürger Nationalsozialist ist, oder sonst
Mein in die SA.
zum schwarz-roten System in Opposition steht —
illustriert, vor der deutschen Öffentlichkeit klar-
gelegt, und entsprechend gewertet worden ist!
Eisige vergnügte Stnndeo
Die beschlagnahmten Akten werden also
nunmehr bald dem Herrn Oberreichsauwaik vor-
liegen. Wahrscheinlich wird er bei der Durch-
sicht der „hochverräterischen Dokumente" «in
kleines Lächeln nicht unterdrücken können. —
Er wird, so nehmen wir an, einig« vergnügt«
Stunden haben. Wahrscheinlich wird er z-'u dem
gleichen Ergebnis kommen, zu dem, wie wir an-
n-ehmen, auch die politische Polizei und andere
Stellen gekommen sind, nämlich, daß bei dem
beschlagnahmten Briefwechsel von „Vorbereitung
zum Hochverrat" überhaupt nicht gesprochen
werden kann!
Zur Erleichterung der Untersuchung hat Pg.
von Reichenau, die ihm zurückgegebenen Doku-
mente, darunter den Hinöen-burgbrief, und fer-
ner fämkliche Listen der bisher auf Rotenberg
zu politischen Tee's Eigeladenen dem Herrn
Oberreichsamvait zugestellt. Nötigenfalls werden
wir diese Einlad-ungslisten im „Heidelberger Be-
obachter" veröffentlichen. Die in den amtlichen
Berichten verbreiteten Unwahrheiten sollen of-
fensichtlich dazu dienen, das Eingreifen der poli-
tischen Polizei erklärlicher zu machen. Diesen
Versuch an einem untauglichen Objekt nageln
wir heute schon fest, und wir versprechen dem
Herrn Innenminister Emil Maier, daß wir auf
restlose Klarlegung des „Rokenberger Hochver-
rats" dringen werden, selbst auf die Gefahr hin,
daß der „Heidelberger Beobachter" zur Wah-
rung des Weihnach'stfriedens verkoken werden
sollte. Wenn s. Zk. der Müller von Sanssouci
fein Recht fand, als er erklärte: „Es gibt noch
ein preußisches Kammergericht", so hoffen wir,
daß es in Deutschland noch eine Stelle gibt, di«
Recht spricht, indem wir sagen: „Es gibt noch
ein Reichsgericht in Deutschland!" Dieses Reichs-
gericht aber untersteht nicht, wie die badisch« po-
litische Polizei dem Innenminister nnd ehe-
maligen Holzhofbirektor und Stadkrak Emil
Maier!
' S«tzr!st!crwng- LutSerstraLr W, L-itAtz»« -»tS
Dei Heidrlb«r?k' Bc-iacht« er)ch«inl « n«U wSchemUch »>-.»
i»Krl vam«Hick u iS RVt Brr P»stb«Mg ^züglich z«
8eft«l!U!«-n nehmen »I» ämter und SrirftkL-« entgegen.
Atz tz!« ^<!j!ur»g «m («ich Lu.'ch höher» 'RexmU
««rhu l!«r. detz^t leeu Ltijvrnch «nk «n:!lvL».guu,.
ÄlsiMM SM
M SSeWLS
Zur 8rMM und Brat'.
ÄsllMWMM
MS NlllMS
V»»*'»en: Di«8 gewÄtnie MMmerriMM wPf«. M>
i gswalteiie Miilimeterrcile >m )exueil LS Pf«, yür kle.i»
Anzeigen: Die 8 gejvÄten« MMimeterjeil« » Pi«. «»> Weda»
boi-.mg Rabatt nach auilicgeiidcm Tarii. Sch-ntz Lei Anzeige»
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Tc! «048 - Marttpla» 8, Tel. 88. ZnUungr-nnL SrsMung^
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BMcheMnmo: Heidelberger Benlaitztcr. K-r-K-ude glSS-4
Nr. 198 /1. Jahrgang
Montag, den 21. Dezernder 1S31
-MM»M'WMiiMWWWi»lMMSMWW«HSSWMiMSü«
Freiverkanf 18 Pfg.
ZmmWer Wil
M d« MUe III Ri MM«
S.— Wir haben bisher in unseren Berichten
Über Ns Rotenberger Polizeiaktion vorwiegend
auf dis belustigende Seite dieser — nicht für
uns — blamablen Angelegenheit -abgehoben.
Nach Ser neuesten Wendung, «die der „Fall
Rotenberg" durch den Innenminister Emil
Maier erfahren hat, scheint es an der Zeit,
grundsätzlich zu den Methoden der badische Re-
gierung Stellung zu nehmen.
Drei WMllNWWiten
Am !3. Dezember begann di« großangelegie
Staatsaktion. Gin deutscher «Staatsbürger,
nebenbei «in ehemaliger Hoyer deutscher Diplo-
mat, Pflegte feit Iahren von Zeit zu Zeit poli-
tisch, wirtschaftlich und kulturell interessierte
Menschen seines engeren und weiteren Bekann-
tenkreises zu sich zu laden, um diesen, fern
von jeder politischen Einseitigkeit, eine ruhige
Aussprachemöglichkeit zu geben. Die Mehrzahl
der Eingeladenen gehörten nicht der NSDAP
an, sondern waren Anhänger anderer Parteien
bis zu den -Demokraten, oder überhaupt wicht
politisch gebunden. Zu einer ebensolchen Ver-
anstaltung hatte Exzellenz -von Reichenau auch
am 13. Dezember 38 Frauen und Männer ge-
beten. Seit Jahren waren diese politischen Tee's,
wie es den Grundsätzen der Demokratie ent-
spricht, völlig unbeanstandet geblieben. Erst
dem schwarz-roten Regime mit dem ehemaligen
Heidelberger Holzhofbirektor Emil Maier als
Innenminister, einer Regierung, in der auch der
Volksparteiler Dr. Mattes sitzt, blieb es Vor-
behalten, die verfassungsmäßig garantierte An-
verletzbarkeit der Wohnung' jedes deutschen
Staatsbürgers ohne jeden ausreichenden Grund
zu verletzen. Die Einzelheiten der politischen
Aktion sind in ganz Deutschland durch die Presse
bekannt geworden. Sie endete mit der Be-
schlagnahme einiger politischer Briefe Hinden-
burgs, Hitlers, Eulenburgs und anderer
Politiker!
Tagelanges Schweigen folgte dieser geheim-
nisvollen Polizeiaktion, bis sich schließlich di«
politische Polizei unter dem Druck der öffent-
lichen Meinung entschließen mußtte, einen Be
richt durch die Pressestelle beim badischen
Staatsministerium herausgeben. Diesem Bericht
der politischen Polizei folgte nach zwei weite-
ren Tagen eine amtliche Meldung der badischen
Regierung, — die nicht -etwa über di« „Erfolge"
der polizeilichen Aktion Aufschluß gab, sondern
die Liste der aus Rotenberg zwangsgestellten
Personen darstellte.
Zu diesen beiden amtlichen Meldungen ist -
zu bemerken, daß sie nicht weniger als drei
glatte Unwahrheiten neben anderen Ungenavig-
!! eiten, enthalten.
1. Es äst unwahr, daß, -wie der amtliche Be-
richt sagt, „gleichzeitig mit der Einladung ein
vervielfältigtes politisches Schreiben des Für-
sten Eulenburg-Herlefeld in Liebenberg (Mark)
versandt worden ist."
Wahr -ist, daß dieses Schreiben etwa acht
Tage vorher per Drucksache, und zwar an einen
wesentlich anderen Personenkreis, verschickt
wurde.
2. Ls ist unwahr, daß, wie der amtliche Be-
richt sagt, „den nach Rotenberg Eingeladenen
nahegelegt -worden sei, auch Angehörige mik-
zubr-ingen."
Währ ist, daß die Einladungen an einzelne
Leute persönlich ergingen und daß sie nach
dem in der Presse veröffentlichten Text keine
Aufforderung enthielten, „Angehörige m-it-zu-
b ringen."
3. Es ist unwahr, daß der in der amtlichen
Liste der Eingeladenen erwähnte Professor
a. D. Ganter auf Rotenberg anwesend war.
Wahr ist, daß Ganter nicht dort -war und in
der Presse gegen diese amtliche Unwahrheit
protestiert hak.
Schon bis bisherigen Feststellungen genügen,
um zu beweisen, auf welch unsicheren Füßen
die ganze Rokenberger -Aktion steht. Eine Re-
gierung, die ihre Handlungen gerechtfertigt
wüßte,' hätte es nicht notwendig, amtliche Ver-
lautbarungen herauszugeben, die in drei Punk-
en, davon in zwei wesentlichen, völlig unwahr
sind!
Verletzung tzes AMsgeheilnMes?
M ermrtes Ailsmst» mm 3m»iMn Mn!
Abgesehen von diesen offensichtlichen Un-
wahrheiten, gibt besonders die zweite amtliche
Verlautbarung des badischen Staatsministeri-ums
Anlaß zu einigen ^besonderen Anfragen an den
Herrn Innenminister Emil Maier.
Die Oeffenklichkeit erwartete, nachdem fünf
Tage seit der hochpolitischen Polizeiaktion ver-
strichen waren, Auskunft über ihren Erfolg.
Stattdessen veröffentlichte das Organ der
Staatsregierung. die ,/Karlsruher Zei-
tung". eine Liste der Teilnehmer des politi-
schen Teenachmittags auf Rotenberg, die nach
Lage der Dinge und in Anbetracht ihrer aus-
führlichen Aufmachung nur von der Regierung
oder von ihr untergeordneten Organen heraus-
gegeben worden sein kann.
Wir fragen .zunächst den badischen Innen-
minister Emil Maier: Liegt hier Bruch des
Amtsgeheimnisses seitens eines untergeordneten
Staatsorganes vor, oder ist die Veröffentlichung
der Liste im Einverständnis und mit Billigung
des Staatsminiftermms erfolgt?
Sollte das erster« der Fall sein: Ist der
schuldige Beamte disziplinarisch zur Verant-
wortung gezogen worben?
Im zweiten Falle: Billigt di« badische Re-
gierung die in ihrer Form porkeipolikifch ten-
denziöse Aufmachung der Teilnehmerliste, die
letzten Endes einer Irreführung der Oeffenklich-
keit gleichkommt?
ZmWruWrkMutlWeit
Ist es schon höchst sonderbar And -ungewöhn-
lich, die Teilnehmer an einer privaten Gesell-
schaft im Skaatsanzeiger, -er „Karlsruher Zei-
tung" zu veröffentlichen, so muß die Einteilung
in verschiedene Stände zusammen mit dem
Kommentar, das das Organ der Regierung
daran knüpft, als eine bewußte Verhetzung und
Irreführung der Oeffenklichkeit bezeichnet
werden.
Die veröffentlichte Liste nebst Kommentar soll
den Eindruck erwecken, als habe es sich bei dem
Rokenberger politischen Tee -um eine Parteiver-
anstaltung der -NSDAP gehandelt. — Am die-
sen Anschein, den das badisch« Gkaaksministe-
r-ium durch di« Veröffentlichung scheinbar nicht
unabsichtlich, erreichen wollte, von vornherein zu
zerstören, stellen wir fest, daß von 41 auf Roten-
berg anwesenden Personen insgesamt 13 Natio-
nalsozialisten waren. Alle übrigen Anwesenden
gehören anderen Parteien an, oder sind poli-
tisch nicht gebunden!
Ferner stellen wir fest, daß Pg. von
Reichenau und seine Frau seit langer Zeit ein-
geschriebene Mitglieder der NSDAP sind,
(übrigens als einzige der auf Rotenberg poli-
zeilich „ermittelten" Adligen), daß aber die Tee-
Einladung reine Privatangelegenheit unseres
Pg. von Reichenau war, mit der die Partei als
solche nichts zu tun hak, ebensowenig, wie sie
jemals auf den Kreis der einzuialdenden Gäste
irgendwelchen Einfluß genommen hak.
Di« verlogene Aufmachung der Teilnehmer-
liste in der Presse, die anführk: „Aus den:
Arbeikerstand ..." versucht nun den Eindruck
zu erwecken, als feien bei dieser „Versammlung
der NSDAP" natürlich keine Arbeiter anwe-
send gewesen. Die Tatsache, daß der Roten-
berger Tee eine reine Privateinlaöung war,
charakterisiert die demagogischen Behauptungen
der schwarz-roten Systempresse zur Genüge. !
Im übrigen haben wir «S nicht notwendig, die
Zugehörigkeit zahlreicher deutscher Arbeiter
zur NSDAP unter Beweis zu stellen. Ei»
Blick in die Massenversammlungen unserer Be-
wegung, das unaufhaltsame Vordringen in den
Betrieben und die schweren Verluste der SPD
sprechen hier eine deutliche Sprache.
Abgesehen davon möchten wir -vor allem an
die „Volkszeitung" die freundliche Anfrage
richten, sie möge einmal feststellen, ob bei den
Saufereien gewisser SPD-Bonzen hei den
Sklareks, oder wenn Genosse Scheidemann „bei
Sekt und schönen Frauen" photographiert
wurde, etwa Arbeiter dabei waren. Im Falle
Rotenberg handelte es sich noch dazu um «in«
ernsthafte geistige Diskussion bei einer Tasse
Tee, -während die als Musterbeispiele erwähn-
ten SPD-Gelage einen entsprechend der Be-
schaffenheit fett und satt gewordener SPD-
Bonzen — weniger geistigen Charakter trugen!
Lo// ms/? /sc/rezr?
Meige mgeu „BerWts im Mrüereitum
zum Hochverrat"
Nachdem das ibadisch Innenministerium sich
fünf Tage lang um di« Bekanntgabe der Er-
folge der Rokenberger Polizeiaktion herum-
gedrückt hatte, offenbar, wie wir mit Sicher-
heit zu wissen glauben, weil eben auf Roten-
berg nichts, aber auch garnichts Hochverräteri-
sches gefunden worden ist, mußte natürlich ein
Weg gefunden werden, der den Herrn Innen-
minister Emil Maier und die ihm unterstellte
politische Polizei vor der peinlichen Pflicht be-
wahrte, offen ihre völlige Niederlage im Falle
Rotenberg zugeben zu müssen.
Man behielt also einige Schriftstücke, deren
Inhalt uns genau bekannt ist, zurück, stellte
die übrigen, insbesondere den o-einlicherweise
-beschlagnahmten Hindenburqbrief unserem Pg.
von Reichenau wieder zu. Die zurückbehalkenen
Briefe übergab man, soweit die amtliche Ver-
lautbarung zutreffen sollte, mit einer Anzeige
wegen „Verdachtes Der Vorbereitung zum Hoch-
verrat" dem Oberreichsanwalt in Leipzig. Auf-
atmend bemerkt der amtliche Bericht: „Nach
dem jetzigen Stand des Verfahrens kann wei-
tere Auskunft über das Ergebnis der bisherigen
polizeilichen Erhebungen nicht gegeben werden."
Wir stellen schon heute in genauer Kennt-
nis der Sachlage fest, daß es dem Herrn Innen-
minister Emil Maier bei seiner Hochverrats-
anzeige in erster Linie und wahrscheinlich) über-
haupt nur auf diesen Satz angekommen ist. Das
„schwebende Verfahren" gibt Herrn Maier und
der politischen Polizei di« Möglichkeit, weiter
über den Mißerfolg der Rolenberger Aktion —
zu schweigen! Wenn jedoch unser ehemaliger
Heidelberger Mitbürger, der Herr jetzig« In-
nenminister Maier annehmen sollte, es werde
inzwischen „Gras über die Spuren der Polizei
in Rotenberg wachsen", so gestatten wir uns,
ihn schon heute freundlichst darauf aufmerksam
zu machen, daß eine solche Spekulation falsch
wäre. Wir werden keinesfalls Ruhe geben, bis
dieser Fall, der wie kaum ein anderer die
Rechtsunsicherheik in Deutschland — soweit ein
Staatsbürger Nationalsozialist ist, oder sonst
Mein in die SA.
zum schwarz-roten System in Opposition steht —
illustriert, vor der deutschen Öffentlichkeit klar-
gelegt, und entsprechend gewertet worden ist!
Eisige vergnügte Stnndeo
Die beschlagnahmten Akten werden also
nunmehr bald dem Herrn Oberreichsauwaik vor-
liegen. Wahrscheinlich wird er bei der Durch-
sicht der „hochverräterischen Dokumente" «in
kleines Lächeln nicht unterdrücken können. —
Er wird, so nehmen wir an, einig« vergnügt«
Stunden haben. Wahrscheinlich wird er z-'u dem
gleichen Ergebnis kommen, zu dem, wie wir an-
n-ehmen, auch die politische Polizei und andere
Stellen gekommen sind, nämlich, daß bei dem
beschlagnahmten Briefwechsel von „Vorbereitung
zum Hochverrat" überhaupt nicht gesprochen
werden kann!
Zur Erleichterung der Untersuchung hat Pg.
von Reichenau, die ihm zurückgegebenen Doku-
mente, darunter den Hinöen-burgbrief, und fer-
ner fämkliche Listen der bisher auf Rotenberg
zu politischen Tee's Eigeladenen dem Herrn
Oberreichsamvait zugestellt. Nötigenfalls werden
wir diese Einlad-ungslisten im „Heidelberger Be-
obachter" veröffentlichen. Die in den amtlichen
Berichten verbreiteten Unwahrheiten sollen of-
fensichtlich dazu dienen, das Eingreifen der poli-
tischen Polizei erklärlicher zu machen. Diesen
Versuch an einem untauglichen Objekt nageln
wir heute schon fest, und wir versprechen dem
Herrn Innenminister Emil Maier, daß wir auf
restlose Klarlegung des „Rokenberger Hochver-
rats" dringen werden, selbst auf die Gefahr hin,
daß der „Heidelberger Beobachter" zur Wah-
rung des Weihnach'stfriedens verkoken werden
sollte. Wenn s. Zk. der Müller von Sanssouci
fein Recht fand, als er erklärte: „Es gibt noch
ein preußisches Kammergericht", so hoffen wir,
daß es in Deutschland noch eine Stelle gibt, di«
Recht spricht, indem wir sagen: „Es gibt noch
ein Reichsgericht in Deutschland!" Dieses Reichs-
gericht aber untersteht nicht, wie die badisch« po-
litische Polizei dem Innenminister nnd ehe-
maligen Holzhofbirektor und Stadkrak Emil
Maier!