Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44156#0206

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 2

Samstag, den 3. Oktober 1931.

1. Zahrg. /Nr. 13t

Sozialdemokratie uvd -gleichzeitig unter Seren
Druck ein Abrücken von dem Aktionsprogramm
der Wirtschaft. Brüning hat den Sozialdemo-
kraten erklärt, daß die in diesem Programm
enthaltenen Grundsätze nicht das Programm
der Reichsregierung darstellen. Somit hak er
wieder einmal Stellung zu Gunsten der Kompro-
mißpolitik mit der Sozialdemokratie gegen die
Forderungen der Wirkschafksverbände genom-
men. Die SPD wird nun, mit diesem neuen
Zugeständnis in der Tasche, versuchen, ihre Par-
teigenossen im Lande zu beruhigen und zu über-
zeugen, daß die „Tolerievungspolitik nach wie
vor das Richtige" ist. Der Reichskanzler hat einst
und immer wieder der SPD den kleinen Finger
gegeben, sie hak die ganze Hand genommen und
wird Zugeständnis auf Zugeständnis erpressen.
Nur wenn sich die Opposition inerhalb der SPD
im Laufe der nächsten 8 Tage so stark vermehrt,
daß der Parkeivorstand das Kabinett Brüning
fallen lassen -muß, käme es am 13. Oktober zu
dessen Sturz. Wir glauben aber, daß die Er-
eignisse schon zu weit vorgeschritten sind und die
SPD schließlich, will sie sich nicht völlig auf-
geben, in Opposition zur fetzigen Reichsregierung
treten muß. Herr Brüning glaubt nicht ohne
die Sozialdemokratie regieren können. Das
weiß die SPD und danach mischt sie -ihre Karten.
Doch -auch die Mikke-lparteien -fangen an-, >a>us-
zubegehren und von ihm abzurücken. Dies
gilt i-n erster Linie von der Deutschen Bolkspar-
kei unter Führung des tatkräftigen Dingeldey,
der langsam Brüning den Rücken kehrt, nachdem
sie bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen hat
erkennen müssen, daß -ihre Anhänger nicht mehr
hinter ihr stehen, wenn die Reichsregierung sich
nicht endlich von -der Sozialdemokratie -loslöst.
Bereits sich deutlicher abhebend erkennt man in
der Deutschen Bolksparkei die Tendenz, ans die
Bildung einer sogenannten „nationalen Regie-
rung" -auf breiter Grundlage hinz-uarbeiken, ü. h.
was diese Parole -darunter versteht, die schließ-
lich auch für ein Zusammengehen mit der SPD
zu haben sein -wird.
Ausführungen -des neuen Bor-sitzenden der
Landvo-l-kpartei v. Hauenschild-Tscheidk, in denen
dieser der Presse gegenüber Forderungen stellte,
die -sie denen der Nationalen Opposition entnom-
men -hak, sind vor-läusig nur -als theoretische und
akademische zu bewerten. Das Vertrauen zu
dieser Partei ist im Landvolk längst d-äh-in, denn


Eine umfangreiche
Antwort
vom

CrzWosM Freiburg
ist eingekroffen. Wir veröffentlichen sie in einer
der nächsten Ausgaben.


sie hak sich niemals zu dem Entschluß aufge-
rafft, ihre Forderungen auch in die Tat umzu-
fetzen, was doch nur -möglich wäre, -wenn sie sich
geschlossen der Rationalen Opposition anschließen

MMMW vm MI.S.M 31,r»H.ziliMWWli

Wie der Reichsbankausweis mittei-lt, ist die
Deckung der -deutschen Noten von 40,1 Prozent
auf 31,2 Prozent z-urückge-gangen. Dieser rapide
Abfall -der Golddeckung im Laufe einer Woche
legt die Frage nahe, wann -die Reichsregier-ung
endlich den Zeitpunkt für gekommen hält, dem
englischen Beispiel folgend, aus den -Goldstandard
zu verzichten. Das Verhalten der Re-ichsre-gie-
rung in Fragen der Währungspolitik ist gerade-
zu unverständlich. Will man mit enksscheide-nde-n
Schritten so -lange warten, bis die deutsche
Wirtschaft — -auch -durch eine verfehlte Wäh-
rungspolitik völlig auf den Hun-d gekommen ist?

Ilm die Verlängerung der Amtsdauer
des Reichspräsidenten.
Berlin, 2. Oktober. Ein Berliner Mittags-
blakt -ergeht sich in Mukmaßu-n-gen über den

Verbleib Hin-deüburgs auf dem Posten des
Reichspräsidenten über die eigentliche Amtszeit
hinaus. Die Meldung des Berliner M-itta-gs-
blakkes müsse schon deshalb als Kombination be-
zeichnet werden, so wird an zuständiger Stelle
erklärt, weil eine Willensäußerung des Reichs-
präsidenten hierzu noch nicht vorliegt, — und
wir meinen, weil nicht der Wille des Herrn von
Hindenburg, -sondern -die Verfassung hier ent-
scheidet. Nach der -gibt es -keine Verlängerung
feiner Amtszeit.
Verkehrsrückgang bei der Reichsbahn.
Mannheim. 3m Monat August d. 3s. wur-
den am Mannheimer -Hauptbahn-Hof rund 177 000
Fahrkarten verkauft -gegenüber 219 000 -im -glei-
chen Monat des Vorjahres. Auch im Monk-a
3uli blieb der -diesjährige Kartenverkauf gegen-
über dem des Vorjahres um 35 000 zurück.

Immer neue Entlastungen!

Ruhrbergbau im Zeichen der Pfund-Krise.
Essen, 2. Oktober. Die Verwaltung des zum
Stinnes-Konzern gehörende Mühlheimer Berg-
werkverein hat sich -wegen der namentlich durch
den Pfundrückg-aug weiter verschlechterten Ab-
sahverhä-ltnisse im Ruhrbsrgb-a-u gezwungen ge-
sehen, vorsorgliche Stillegungs-ankräge für die
Schachkanl-age Vereinigte Wehlheim in Bottrop
zu stellen. 3nwiewest die Skillegun-gs-ankündi-
gung zur Durchführung kommt, hängt von der
wirtschaftlichen Entwicklung a-b. Von der Maß-
nahme werden 1 200 Arbeiter und Angestellte
betroffen, denen -die Kündigungen bereits vor-
sorglich z-u-geskellt worden sind.
klW MtslWs-AWNil.
Reichsbahnwagengestelluug.
Berlin. 3n der Woche -vom 13. Sepke-m-ber
bis 19. September wurden von der Reichsbahn
insgesamt 707 049 Wagen bei einem Feh-lpro-
zentsatz von 0,1 rechtzeitig gestellt. 3m arbeits-
täglichen Durchschnitt ergibt sich eine Sk-ellziffer

von 117 842 Wagen gegenüber 134128 In der
entsprechenden Vorjahrswoch-e.

Die badischen Tabakverkäufe in Karlsruhe.
Auf der kürzlich abgehaltenen ersten Ver-
kaufssth-un-g in Karlsruhe wurden folgende Preise
für Grumpen der T-abakbauverein-e erzielt: All-
mannsweiler 25 (zur.), Altlußheim 1. 45,10, 2.
45,10, Blankenloch 1. 41,75, 2, 40.65, 3. 43,50,
4. 43,50, Büchenau 39, B-üchig 30, Eckartsweier
20 (zur.), Gdingen 1. Und 2. 6,10, -E-ggenskein 1.,
2., 3. 39,50, Fried richs-sel-d 39,15, Graben 1. 42,95,
2. 43.35, 3. 43,10, 4. 43,35, 5. 43,50, 6. 42,15, 7.
42,25, 8. 40,75, 9. 42,25, 10-, 11. 43,75, Grenzhof
41,50, Großs-achfen 37,50, He-d-deshe-im 41,50 bis
41,60, Zelmlingen 1., 2. 26,25, Hesselhurst 1., 2.,,
3. 26,75 (zur.), Hochstetten 42,60, Hockenheim
40,55, Karlsdorf 1., 2., 3. 36,80, Ketsch 37,50,
Heidelberg- -Kirchheim 1.-^1. 38,30, Kirr-lach 28,
Kürzell 25 (zur.), Lan-genbrücken 26,75, Leopolds-
Hafen 40,25, Leutershausen 1., 2. 36,30, 3., 4., 5.
36,85, Liebo-lsheim 42,60, Li-nkenhei-m 1-, 2. 39,50,
Marlen 20 (zur.), Mauer, Meckesheim 17 (zur.),

würde. Wenn nicht Wunder geschehen, wird
-also die Land-vo-lkparkei -auch weiterhin zur Ge-
folgschaft Brünings gerechnet werden -müssen.
Wie wir wissen, nimmt man in der Wi-l-
helmstraße tatsächlich die Eingabe der „La-nd-
volkpartei" und der „Deutschen Volksparkei"
nicht ernst. Man kennt seine Pappenheimer.
Die Volkskonservakiven, die Christlich-So-
zi-a-len und -die fast humoristisch wirkende Wirt-
schafkspartei und was es -sonst noch für Splitter
gibt, -sie alle gehen -mit Brüning durch dick -und
dünn.
Die einzige Partei von Bedeutung, deren der
Reichskanzler be-dingungs-los sicher ist, ist -das
Zentrum!
Die Parteien des Reichstags nehmen vorläu-
fig, -bis auf die Nationalsozialisten, Deutschnakio-
n-al-en, K-omm-unisten, noch eine abwartende Hal-
tung ein. Dazu sind die Verhältnisse in ihren

eigenen Reihen noch zu unklar. Doch bis zum
13. Oktober heißt es -für alle, endgültig Farbe
zu b-ekennnen. -Die wenigen Tage bis dahin wird
es in der Reichskanzlei keine ruhige Minute
geben. Ein Reichskabinekt, dessen Politik ein
einziger Versager war -und an dessen Ende acht
Millionen Arbeitslose und namen-loses Elend
eines 65-Millionen-Volkes stehen, ringt um feine
-Existenz und wird keinen -auch wie ge-arkeken
Versuch unversucht lassen, sich weiter -an der
Macht zu halten, wozu auch die Absicht zählt,
nach wenigen Beratungen be-d-e-utungs-loser Vor-
lagen den 'Reichstag erneut bis -etwa 12. April
zu vertagen.
Wir aber fordern am 13. Oktober Rücktritt
des gesamten Kabinetts und eine nationale
Reichsregierung, oder Auflösung des Reichstags,
der schon -längst nicht mehr -die Meinung des
deutschen Volkes wisdergibk, und Neuwahlen
Ende November.

Muckenschopf 26,50, Neckar-Hausen 38.70, Neu-
dorf 41,75, Ne-u-lutzhe-i-m 40,80, Neumühl ohne Ge-
bot, Neuthard 1. 40,75, 2. 39,10, 3. 39,95, 4.
37,55, Ronnenweier 25,75 -(zur.), Od-elshofen 24
(zur.), Oftersheim 39,50, Philippsburg 35,10,
Plankstadt 1. 42,10, 2. 41,50, Reilingen 1. 40,15,
2. 40,15, 3. 41,25, 4. 40,15, AuhkeiM 1-, 2. 41,50,
Sandhaufen 41,10, Mann-Heim-SandHofen 1., 2.
37,70 (zur.), 3., 4. 40,05, Schwetzingen 36,25, Sek-
kenheim 1. Gruppe 1—4 42,15, 5—9 43,80, Spöck
1.-3. 38,25, 4., 5. 37„ St. Leon 36,50, Teuksch-
neur-auk 32,25, Walldorf 26,25, WeiHer-Büh-l 20
(zur.), Wieb-l-ing-en 1., 2. ohne Gebot, Zuzenhau-
sen 17 (zur.),'Boderswe-ier, Diershe-im, Auen-
heim 25,75 (zur.).
Mannheimer Produktenbörfe vom .. Oktober.
-Amtlich notierten: Weizen inl. 24—24,50,
Roggen 21,50—22, Hafer inl. 16,25—18,25, Som-
mergerste inl. 17—19, Fuktergerste 16,50—17,
Soyaschrok 12-1-2,25, Biertreber 10,75—11,50,
Trockenschnihsl 5,75, Weizenmehl f-üdd. Okt./Nov.
34,50, mit Ausla-ndsweizen 37, Roggen-me-hl 0/60
30—31,50, Weizen-Kleie sein 8,50—8,75, Erdnuß-
kuchen 1-2,25 RM-, -alles per 100 Kilogramm.
Tendenz: stetig.
Mannheimer Schlachkviehmarkt vom , Oktober.
Dem Mannheimer Schlachtviehmarkt vom 1.
Oktober 1931 waren zugetrieben: 140 Kälber, 37
Schafe, 119 -Schweine, 2 Ziegen, 875 Ferkel und
Läufer. Bezahlt wurden für 50 Kilogramm Le-
bendgewicht: Kälber —, 53—54, 45—48, 37—43,
—: Schafe —, —, 30—36, —, —: Schweine: nicht
notiert: Ziegen 12—22; Ferkel, bis 4 Wochen,
7—10, über 4 Wochen, 11—15; Läufer 16—22.
Markt-verl-auf: Kälber mittel geräumt, Ferkel
und Läufer mittel geräumt.
Achtung!
Ortsgruppenleiker, Berkriebssiellenleiter,
Parteigenossen!
Täglich laufen spontane Bestell- und
Dankesschreiben beim Heidelberger Be-
obachter für den als Sonderdruck her-
ausgekommenen
Offenen Brief an den
Freiburger Erzbischof.
selbst von katholischen Geistlichen aus
allen Teilen des Reiches, ja selbst von
Oesterreich ein. Angesichts der frechen
Lüge der Zentrumspresse, der Papst
und die Bischöfe hätten den National-
sozialismus verurteilt, ist es dringend
nötig, gerade in Zentrumsgegenden diese
Sonderdrucke in Massen zu verteilen.
Tut Eure Pflicht!
Bestellt sofort!

Hauptschrlftleiker: B. Seeger-Kelbe. — Verant-
wortlich für Reichspolitik, Wirtschaft, Beilagen,
Feuilleton und Romankeil: B. Seeger-Kelbe. —
Für badische Politik, Kommunalpolitik und Be-
wegungskeil: Fritz Kaiser. — Für Lokales, Nah
und Fern, Sport: Ileberle. — Für Anzeigen:
Hammer. — Sämtliche in Heidelberg. —
Druckerei: Winter, Heidelberg.

Achtung! Samstag, 10. Okt. Versammlung. Redner: Pg. Prof. Suchenwirth, Wien


Copcrighk by Hanseatische Verlagsanstalt
Hamburg 36.

8. Fortsetzung.
„Schade, daß das Mädel ausgerechnet
aus einem der ärmsten Häuser stammen
muß."
„Sie meinen Fräulein Berteles?"
„Ach was, Fräulein! Auf dem Dorfe
gibts keine Fräuleins. Das Mariele
mein ich."
Da gingen dem „kleinen Lehrer" die
Lippen über. Er verriet, was er sich sel-
ber nur in der stillen Kammer gestand.
Die allein wußte um eine schmerzvolle
Liebe, hinter der die ganz große Stille
drohend aufragte. Er hielt eine schwär-
merische Lobrede. Edle Gestalt, verkör-
perte Schönheit, die ihre eigenen Gesetze
habe, goldenes Gemüt, ungemünzter
Reichtum, bis ihm Kantor Ritter, halb
lächelnd, halb ernst, die Hand auf den
Arm legte: „Langsam, Herr Kollege.
Es stimmt Wort für Wort, was Sie sa-
gen, aber gehen Sie mal den Gedanken
lieber nicht weiter nach. Es könnte ge-
fährlich werden. Das Mariele paßt nur

aufs Dorf, paßt nur nach Schönbach
und paßt zu dem, der sie sich ausgesucht."
Er seufzte leise. „Aber leicht wird es
nicht werden, ein solcher Prachtmensch
der Alte auch sonst ist."
„Sie meinen . . ."
„Gar nix meine ich. Abwarten. Aber
das weiß ich: Wenn's so weit ist, bauen
wir ihnen eine doppelte Ehrenpforte. Und
nun scheren Sie sich mal unter das Jung-
volk, zu dem Sie gehören. Wir müssen
mitmachen, aber Sie sollen sich nicht ge-
mein machen. Za nicht etwa nachts um
zwölf Brüderschaft trinken. Ich bin fünf-
unddreißig Jahre hier, die meisten Män-
ner find mir gut Freund, und ich achte
sie alle, aber . . . Biel Vergnügen, Herr
Kollege!" Er sah dem Davongehenden
traurig nach. Armer Mensch! Hast ein
bös Erbteil von deinen Eltern und nun
auch noch die Herzensnot!
Eben ging draußen der Hohlöfner
vorüber, sich in den Hüften wiegend, den
dichten Schnurrbart hoch gewirbelt, der
ganze Mann verkörperte Kraft und
Freude.
„Tag, Korn," grüßte Kantor Ritter.
„Auch mitschießen?"
„Wär doch das erstemal, daß ich nit
dabei wäre. Zch will sogar den Hammel
gewinnen."
„Kann ich mir denken. Nehmen Sie
doch mal den jungen Kollegen mit."
„Gern."
Die beiden gingen das Dorf hinab,
und der Hohlöfner unterrichtete unter-

wegs den jungen Lehrer, wie er die Ku-
gel werfen müsse. Die Kugel fest in der
Hand halten, das Gelenk drehen, acht
Schritte zurückgehen, drei vorspringen,
im Bogen werfen. Zm Bogen müssen
die Kugeln kommen.
And lustig neckend: „Wer den Ham-
mel gewinnt, hat drei Tänze mit dem
Berteles Mariele. Wäre das nix?"
„Za, das wäre schon etwas."
„Gelt? Za, das Mariele! Aber die
lassen wir nit aus dem Dorfe."
„Das kommt doch schließlich auf sie
selber an."
„Freilich. Also bleiben Sie da."
„Zch? — Zch denke . .
„Was denn? Sie werden sich doch
nit vor einem andern fürchten?"
„Sehe ich denn so furchtsam aus?"
„Das nit, aber . . ." And ernster:
„Sie kennen doch dem Mariele seine
Mutter?"
„Zch frage nicht nach dem, was das
Mädchen hat."
„Zst recht, das gefällt mir. — So, da
sind wir. — Tag, Gikgak!"
Gänseaugust, den Hohlöfner erken-
nend, belferte: „Selber Gikgak! Zch nit!"
Heinrich Korn lachte. „August, ich
will den Hammel gewinnen!"
„Du? Möchte mancher gern. Auf
mich kommks an!" And der harmlose
Mensch warf sich in die Brust. Ununter-
brochen aber kamen die Kugeln die
Straße heraufgeflogen. Es war kein Kol-
lern, es war ein Werfen. Manch einer
der kräftigen Burschen schleuderte die

Kugel, daß sie fast den ganzen, etwa fünf-
zig Schritt langen Raum, durchflog und
erst kurz vor dem Kegel zu rollen begann.
Die Entfernung aber war so groß, das Ziel
so klein, daß unter dreißig Würfen kaum
ein einziger den Kegel traf. Die Kugeln
knallten hüben und drüben an die Bal-
ken, donnerten gegen die Querlage, tru-
delten zurück.
Gänseaugust hüpfte wie ein Böckchen,
sprang hoch und lieh die Kugel unter sei-
nen stloßen Füßen durchrollen, sprang
rechts, sauste links, setzte hinaus über die
Balken, wenn die Sache allzu gefährlich
ward, hatte seine Militärmühe auf eines
der Balkenende gelegt und fand dazwi-
schen Zeit, einem vorlauten Zungen, der
ihn mit „Gikgak!" neckte, den Hut vom
Kopfe zu schlagen.
And alles war wie immer, und alles
gehörte zum Festprogramm. Seit zwan-
zig Zähren schrie die Schuljugend ihr
„Gikgak", schlug August den Zungen die
Hüte vom Kopfe, hüpfte er wie ein ge-
wandter Seiltänzer zwischen den sausen-
den Kugeln hin und her, übte er strenge
Polizei, denn die Sache war zuweilen
nicht ganz ungefährlich. Aeber dem Tale
drüben, in Goßberg, das auf der Höhe
lag, war erst im vorigen Zahre die Kugel
einem Zungen an den Kopf geflogen, daß
der wie ein Stück Holz hinschlug, und sie
ihn für tot vom Platze trugen. Der Schä-
del war glücklicherweise dick genug gewe-
sen, es war in der Hauptsache bei dem
Schreck geblieben, aber der war schon
groß genug gewesen.
(Fortsetzung folgt).
 
Annotationen