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Dienstag, den 13. Oktober 1931.
1. Iahrg. / Nr. 139
Fragen des öffentlichen Lebens, und der Mille
zum eigenen Handeln sind das Entscheidende.
Möglich und bedauerlich, daß auch -in der deut-
schen Wirtschaft Kreise vorhanden sind, die
selbst aus dem heutigen System Honig zu saugen
verstehen. Zn jeder Wirtschaft gibt es Schaf-
fende und Raffende. Und es wird dafür zu
sorgen sein, daß die nur Raffenden in ihre
Schranken verwiesen werden. Dem Schaffen-
den aber kommt es nicht auf das Erraffen an,
sondern darauf, daß ein volkswirtschaftlicher
Aeberschuß erzielt wird, der die Gesamtheit des
Volkes vorwärts und aufwärts zu kragen in der
Lage ist. Ich überlasse es Ihnen, zu urteilen,
wohin ein marxistisches Gewerkschaftssystem zu
klassifizieren ist, welches ohne Rücksicht auf den
Erfolg der Wirtschaft seine Ansprüche mit poli-
tischen Mitteln durchzusehe-n sucht.
Es bedarf einer grundsätzlichen Umstellung in
unserem Volke dahingehend, daß jeder Einzelne,
wo immer im Produktionsprozeß er steht, ver-
antwortlich ist für den Erfolg des Ganzen. Menn
bas Wort Demokratie überhaupt noch einen
Sinn haben soll, so bedeutet es die Einordnung
des Einzelnen, Unternehmers wie Arbeiters, un-
ter die große Forderung des Gemeinnutzes.
Uns hilft kein Zauberkunststück, kein Geld-
drucken und kein Auslandskredil. Das Pro-
gramm, das eine nationale Regierung durchzu-
führen haben wird, beruht auf einigen ganz we-
nigen Grundgedanken. . Es ist das Programm
Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen
Kriege: sich fest auf die heimische Wirtschaft
stellen und aus dem heimischen Boden herauszu-
holen, was nur herauszuholen ist; und im übri-
gen sich für eine Generation bescheiden, sparen
und arbeiten. Dazu gehört nichts als Charakter,
als Selbstvertrauen und Goktvertrauen. Wer
für den Dag lebt, wird das nie begreifen. Es
gehört dazu der Glaube an die Ewigkeitswerte
unseres Volkes. Mit Borgen und Betteln ist
noch kein Volk groß geworden. Borgen ukd
Betteln macht verächtlich, macht verhandlungs-
unfähig und macht bündnisunfähig. — Und da-
rum erkennt die deutsche Wirtschaft heute, daß
es sich in der politischen Leitung unserer Ge-
schicke nicht mehr um noch ein Paar Dutzend
Verlegenheiksnotverordnungen handeln kann,
sondern daß der nationale Erziehungsprozeh, der
in diesen letzten Jahren dank entschlossener Füh-
rer einen so gewaltigen Aufschwung genommen
hak, zum Siege geführt werden muß, wenn die
deutsche Wirtschaft wieder gedeihen soll. Ich
habe es am eigenen Leibe spüren müssen, was
es heißt, gegen das Ausland am Verhandlungs-
tisch Kämpfen, wenn zu Hause eine Regierung
sitzt, der es am nationalen Rückhalt fehlt. Nur
durch geschlossenen nationalen Rückhalt können
Freiheit und Arbeit zurückgewonnen werden.
Darum wünsche ich aus heißem Herzen, daß die-
ser nationale Sturmwind, der durch Deutschland
fegt, nicht ermatten möge, bis die Wege zur
Selbstbehauptung und zum Mirkschaflserfolg
wieder freigemacht sind.
An der Spitze des Kampfes zur Lleberwindung des
herrschenden Systems marschiert die NSDAP.
Seit wir vor 12 Jahren die Gründung unse-
rer Nationalsozialistischen Partei erlebten, stehen
wir in einem ununterbrochenen Kampf gegen die
Novemberrevolke und das aus ihr erwachsene
System. Zwölf Jahre lang haben wir damit vor
einer Entwicklung gewarnt, die heute als allen
sichtbare Katastrophe ihren grauenerregenden
Ausdruck findet.
Außen-, innen- und wirtschaftspolitisch sind
unsere Prophezeiungen restlos in Erfüllung
gegangen.
Mik unheimlicher Sicherheit vollzieht sich der
!poiMsch-'ge!sellschaftliche Zerfall unseres Volkes
und damit sinkt die Kraft, die Interessen unseres
Reiches nach außen zu wahren von Monat M
Monat. Im harten Kampf um das Dasein der
Völker und Nationen bleibt Deutschland mehr
und mehr zurück. Eine vernichtete Wirtschaft,
Millionen an Arbeitslosen, ein zerbrochener
Mittelstand, von Haus und Hof vertriebene
Bauern sind die Zeugen dieses Verfahrens und
die Opfer jener unheilvollen Illusionen, deren sich
in erster Linie die heutige Reichsregierung seit
bald zwei Jahren unentwegt hingegeben hat.
Die Politik der Selbstenlwürdigung, der Un-
terwerfung und die daraus folgende Politik der
Erfüllung drohen alles zu vernichten, was jahr-
hundertelanger Fleiß geschaffen hak und durch
ungeheure Opfer an Gut und Blut beschützt
worden ist.
Das letzte Ergebnis dieser Pblitik des Ver-
zichts auf die nationale Kraft und ihrer bewuß-
ten Regierung muß der Bolschewismus fein.
Vor der ganzen Welk erheben wir gegen
die bisherigen deutschen Regierungen und be-
sonders gegen die derzeitige Reichsregierung
die feierliche Anklage, daß sie durch das Ver-
säumen einer pflichtgemäßen, wahrheitsge-
treuen Aufklärung über die furchtbare innere
Lage Deutschlands in erster Linie mitschuldig
sind an einer Katastrophe, die heute in ihrer
zwangsläufigen Auswirkung alle Kultur-
nationen bedroht. Die Verschleierung der tat-
sächlichen Lage der deutschen Wirtschaft aus
Gründen innerpolikischer Zweckmäßigkeit ge-
genüber der anderen Welk, der Versuch,
Möglichkeiten einer Erfüllungspolilik vorzu-
täuschen, während in Wahrheit die gesamte
Wirtschaft vor dem Zusammebruch steht, ist
verantwortungslos.
Die Gewinne, die uns als Gegenleistung
für diese Politik der Illusionen aufgezeiat wer-
den, sind demgegenüber gänzlich belanglos.
Während die Rot in unserem Volke, Staat und
Wirtschaft zu vernichten droht, erhebt sich die
militärische Macht einer europäischen Nation zu
einer den Frieden auf das Ernstlichste gefährden-
den Hegemonie. Der „Friedensverkrag" von
Versailles, einst als Grundlage für eine Befrie-
digung der Welt versprochen, dient ihr nur
mehr als Instrument zur Vernichtung ukseres
Volkes, ohne Rücksichten sogar auf die Inter-
essen der übrigen Welk. Milliarden und Mil-
liarden, aus dem Fleiße und dem Schweiße un-
seres Volkes herausgepreßk, verwandeln sich als
Tribute in eine ewig neue Belastung der Welk:
Ein in Waffen starrendes Frankreich zwingt
Volk um Volk zu -immer größeren Rügungen.
Wir werfen der heutigen Regierung demge-
genüber vor, daß sie ohne jedes klare Ziel in
Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik den Zu-
stand einer maßlosen Verwirrung teils selbst un-
gerichtet, teils erhalten und begünstigt hak, und
ersichtlich überhaupt keine klaren Gedanken über
irgend einen rettenden Weg aus unserer Not
besitzt.
Um engstirniger Parkeiinkeressen willen Muß
so eine Nation zu Grunde gehen.
Fest entschlossen, unser Land um jeden Preis
vor dem Chaos des Bolschewismus zu bewahren
und damit nicht nur uns, sondern auch der übri-
gen Welk die Garantien für ein friedliches, kul-
turelles und wirtschaftliches Weiterleben zu ver-
bürgen, erklären wir Nationalsozialisten daher
folgendes:
Wir sind bereit und gewillt, im Reich und
in den Ländern zur Bildung nationaler Regie-
rungen jede und die gesamte Verantwortung zu
übernehmen.
Im Geiste dieser höchsten Verantwortlichkeit
dem deutschen Volke gegenüber reichen wir den
in der nationalen Opposition zusammengefchlosse-
nen Parteien und Verbänden in loyaler Zusam-
menarbeit unsere Hand. Wir halten sie auch
weiterhin für jeden offen, der entschlossen ist, mit
uns das bisherige System zu überwinden, -den
international-marxistischen Geist zu bekämpfen
und ihr die Ehre und die Freiheit unseres Vol-
kes wieder herzustellen.
Wir sehen die Möglichkeit der Rettung der
deutschen Nation nur in einem gigantischen Äppell
an die in uns selbst vorhandenen Kräfte. Wir
erklären jeden Versuch, in unserem Volke die
Hoffnung auf Hilfe von außen zu erwecken, als
bewußten Betrug an der Nation, ebenso wie an
der übrigen Weit. Feierlich erheben wir Pro-
test gegen die weitere Aufrechterhaltung des so-
genannten Friedensvertrages von Versailles, der
nicht nur unser deutsches Volk zerstört, sondern
in zwangsläufiger Folge die ganze Welk in
einen Zustand ewiger Unruhe und Unsicherheit
werfen muß. Die von uns allen gewünschte Zu-
sa-mmen-arbeik der zivilisiertem Nationen zur Be-
hebung der schweren internationalen Schäden ist
solange undenkbar, als die Welt durch diesen
Vertrag in zwei feindselige Hälften zerrissen ist.
Der Kampf gegen die bolschewistische Zertrüm-
merung aller bestehenden menschlichen Gemein-
schaften seht eine aufrichtige Aussöhnung der-
jenigen Nationen voraus, die vor allem im In-
teresse ihrer Hand- und kopfarbeiitenden Men-
schen ein Hinabsinken in den sozial grauenhaften
Zustand des bol-schewisierken Sklavenstaakes ver-
meiden wollen.
Mir sehen in der von uns als Pflicht auf-
gefaßten Aufgabe der lleberwindung unserer in-
neren Klassengegensätze sowie der gerechten Be-
friedigung jener sozialen Ansprüche, die dem
hohen Lebensstandard unseres Volkes entsprechen,
für die Zukunft nicht nur einen Grauten der
inneren Ruhe Deutschlands, sondern einen wich-
tigen weiteren Schritt in der Reihe jener Maß-
nahmen, die zur Sicherung der Stabilität der
menschlichen Gesellschaft international notwendig
sind. Wir sehen ln dieser inneren sozialen und
damit politischen Befriedigung unseres Lebens
aber auch die einzige Voraussetzung zur Er-
füllung jener nichtpolitischen, finanziellen Ver-
pflichtungen, die wir als Kaufmann vom Kauf-
mann ausgenommen haben.
Wir sind überzeugt, daß ein national regier-
tes und damit von der übrigen Welt wieder ge-
achtetes Deutschland Mehr befähigt ist, aufrich-
tige friedliche Beziehungen zu den anderen Na-
tionen anzuknüpfen und zu pflegen, als unser
heutiges, von den Fiebebkrifen des Bolschewis-
mus durchschüttelkes und am Ende gar voll-
kommen zerstörtes Volk.
Unser Kampf gegen den Bolschewismus um
eine neue Zukunft der Ration ist damit zugleich
ein leidenschaftlicher Kampf für die Interessen
der deutschen Arbeiterschaft, die am schwersten
von den Auswirkungen der tribut-politischen Be-
drückung geschlagen ist. Unsere ganze Kraft und
Arbeit gehört dem schaffenden Volke. Unser
Kampf aber gilt jenen marxistischen Verführern,
die dem deutschen Arbeiter Freiheit, Schönheit
und Würde versprachen, ihn aber durch Betrug
der eigenen Nation entfremdeten und durch Ver-
rat dem heutigen Elend überlieferten.
Wir sind daher entschlossen, die Auseinander-
setzungen zwischen Bolschewismus -und Ankibol-
schewismus in Deutschland mit allen Mitteln bis
zur letzten Konsequenz im Sinne der Erhaltung
der deutschen, abendländischen und christlichen
Kultur durchzuführen. Die Sympathie und
Freundschaft verbindet uns daher mit jenen Na-
tionen, die uns in der Durchführung dieses
Kampfes entweder schon vorangsschcktten sind
öder gleiche Ziele mit uns verfolgen.
Aus dieser Ueberzeugung und diesem Willen
heraus, erklären wir somit:
Die Regierung Brüning und jede ihr wesens-
gleiche oder verwandte Regierung in den Län-
dern besitzen heute nicht mehr das Vertrauen
und die Zustimmung jenes Teiles unseres deut-
schen Volkes, der, Ziffern- und wertmäßig allein
der verantwortliche Träger unseres Lebens und
unserer Zukunft sein kann: Sie sind reif zum
Sturz!
Wir fordern, daß Macht und Verantwortung
ln die Hände der nationalen Opposition gelegt
werden. Parteien, die gegen diesen von uns be-
kundeten Willen stehen oder Stellung nehmen,
werden wir bis auf das Aeußerste bekämpfen.
Regierungen, die ohne oder gegen uns gebildet
werden oder zu regieren versuchen, lehnen wir
ab. Ein System aber, das uns verfolgt, darf
auch in der Zeit der Not, ja selbst der Todes-
gefahr, von jetzt ab nicht mehr auf unsere Hilfe
oder unseren Schutz hoffen.
Nationalsozialisten! Parteigenossen und Par-
teigenossinnen! Ihr wißt, wir haben nie Ver-
sprechungen gegeben und tun es auch heute
nicht. Wir versichern nur, daß es unser heiliger
Ernst ist, aus dem Deutschland des politischen,
kulturellen und sozialen Verfalls wieder ein
Reich zu zimmern, das seinen Bürgern in Ehren
Freiheit und Brot zurückgegeben wird. Hunderte
aus unseren Reihen sind für dieses Ziel in den
bittersten Tod gegangen. Zehntausende haben
dafür Wunden und Siechtum davongetragen.
Ihr Geist soll für immer unser Mahner sein!
Kameraden! Wir alle wollen beweisen, daß
wir ihrer Opfer würdig sind.
Es lebe unsere herrliche nationalsozialistische
Bewegung! Es lebe Deutschland!
Bad Harzburg, 11. Oktober 1SS1.
Adolf Hitler.
18. Fortsetzung.
Das war so seine Art, und die Män-
ner waren sie gewohnt. Das bisher flache
Gespräch rann flach dahin. Der Aohl-
öfner gliederte sich ein und plätscherte
mit. Der Fliederstrauß stand mitten auf
dem Tische. Heinrich Korn trank leb-
hafter, als es sonst geschah. Erst löschte
er den Durst, und dann hatte er Appetit.
Er suchte heute keine Zielscheibe lustigen
Spottes. So nahm ihn sein Jugendfreund,
der Wirt, selber zum Ziele, neckte ihn
mit seiner großen Nase, seinem Hedrich
im Hafer, seinem Gras in den Kartoffeln.
Heinrich Korn blieb keine Antwort schul-
dig und ging, warm gemacht, selber zum
Angriff über.
„Was hast du heute wieder geschafft,
Albert?"
„Mehr wie du."
„Ha, deine Arbeit vom ganzen Jahre
trage ich im Purzelkorbe fort und braucht
nit einmal ein großer zu sein."
Die Neckereien gingen hin und her,
wurden allgemeiner, wurden derber. Sie
beteiligten sich alle daran, wärmten alte
Geschichten auf, und einzig Philipp Engel
und Lehrer Siebert saßen schweigsam in
der Runde. Dazu ward lebhafter ge-
trunken als sonst. Keiner aber brachte
die Nede auf Mariele und Rudolf, ja, es
hatte niemand gefragt, woher der Hohl-
öfner den Fliederstrauß gebracht, der nun
prangend in der Mitte der Tafel stand.
Sie fühlten alle, daß hier ein Rührmich-
nichtan war und halten den Hohlöfner
und die beiden jungen Menschen viel zu
gern, um mit tolpatschigen Fingern über
eine Sache zu fahren, die war wie ein
zartes Pflänzlein, von dem sie wußten,
daß ihm harte Stürme und Wetterwucht
drohten. Zu harmlosem Plaudern zusam-
mengekommen, war es ihnen doppelt
lieb, wenn daraus ein paar lustige, viel-
leicht sogar übermütige Stunden wurden.
Als die Lust am höchsten war, die
Köpfe heißer waren, das Lachen gegen
die Decke krachte, trat Fritz Ender ein.
Für einen Augenblick schien es, als wehe
ein kalter Luftzug. Ender aber setzte sich
still in die Runde, hörte zu und verzog
ab und zu den Mund zu einem kleinen
Lächeln.
Albert Rösner hatte eben erzählt,
wie ihn Heinrich Korn einst im Manöver
ausgesucht und, nach dem Lagerplatz sei-
ner Kompagnie zurückkehrend, über die
Zeltpfähle des Hauptmannszeltes gestol-
pert war und das ganze Zelt niedergeris-
sen hakte. Bevor sich aber der Haupt-
mann fluchend aus den Planen gearbeitet,
war der Uebeltäter verschwunden gewesen.
„Stimmt," bestätigte Korn lachend.
„War mir dazumal nit so wohl dabei wie
heute, wo ich davon rede. Aber was will
die Purzelei bedeuten? Bin wenigstens
immer ein ehrlicher Kerl gewesen, habe
nit gemaust wie der Wirt."
„Gemaust? Wen hat er bemaust?"
Albert Rösner wußte, was nun kam,
lehnte sich an den Schanktisch und wischte
sich bereits im voraus eine Lachträne aus
den Augen.
Korn berichtete, lebhaft Arme und
Hände bewegend, wie der Wirt, mit ihm
gleichzeitig bei der Garde dienend, mit
anderen zur Hilfeleistung anläßlich eines
großen Festmahls in das Berliner Rat-
haus kommandiert worden war. Es war
ein heißer Sommertag, die Mannschaf-
ten hatten blitzsauberes Drillichzeug an,
trugen die schweren Platten hinauf an
die Tür des Festsaales und empfingen sie
da, halb oder ganz geleert, aus den Hän-
den der Diener zurück. Albert Rösner
ward eine Platte mit Eis, das ein an-
derer vor ihm, wohlgeformt, hinaufgetra-
gen hatte, zur Rückgabe überantwortet.
Was wußte der Schönbacher Bursche von
Fruchteis? Die Kälte der Platte fiel ihm
auf, er leckte am Rande, das Zeug
schmeckte wunderschön, und Albert be-
schloß, sich damit zu „betun". An einer
Ecke rasche, prüfende Blicke treppauf und
-ab, ein paar flinke Griffe, Hosen- und
Zackentaschen voller Eis gestopft. Und
dann die Bescherung! Wie das Eis zer-
lief, wie es in langen Straßen an den
Hosenbeinen herabsickerte, wie die Zacken-
tasche tropften! „So ging er," der Hohl-
öfner sprang auf und lief wie ein waten-
der Storch durch die Gaststube, „so
schlang er," er langte mit beiden Händen
in die Taschen und stopfte sie in den
Mund. Und alles wußte er so urkomisch,
so voller harmloser Neckerei darzustellen,
daß die Decke förmlich zu niedrig war für
das aufstürmende Lachen.
Er setzte sich, schwang sein Glas:
„Prost, Nachbarn! — Zch habe ihm Kin-
derwindeln angeboten, aber da wurde er
falsch."
Die Heiterkeit staute ab, lebhafter
aber kreisten die Gläser.
Der Nationalsozialist kauft nur bei
unseren Inserenten. Er hilft dadurch
seiner Zeitung, dem
„Heidelberger Beobach le r".
Du hast Freunde und Bekannte ge-
nug. Ueberlege dir, wer zu uns gehört
und wirb bei ihnen für den
„Heidelberger Beobachte r".
Da begann Fritz Ender: „Mo ich
noch diente . . ."
„Du hast gedient? Mo denn? fiel
Eduard Langer spottend ein.
„Ach, wie er Knecht war auf dem
Schmurer Gute," bemerkte ebenso harm-
los spottend der Hohlöfner.
Fritz Ender aber ward falsch. „Konn-
ten nit alle solche Freßkisten Kriegen
wie du."
„Freilich, bin bloß durch die Freß-
kisten Unteroffizier geworden."
„Wird nit viel anders gewesen sein."
„Nein. Akkurat so war's."
(Fortsetzung folgt).
Dienstag, den 13. Oktober 1931.
1. Iahrg. / Nr. 139
Fragen des öffentlichen Lebens, und der Mille
zum eigenen Handeln sind das Entscheidende.
Möglich und bedauerlich, daß auch -in der deut-
schen Wirtschaft Kreise vorhanden sind, die
selbst aus dem heutigen System Honig zu saugen
verstehen. Zn jeder Wirtschaft gibt es Schaf-
fende und Raffende. Und es wird dafür zu
sorgen sein, daß die nur Raffenden in ihre
Schranken verwiesen werden. Dem Schaffen-
den aber kommt es nicht auf das Erraffen an,
sondern darauf, daß ein volkswirtschaftlicher
Aeberschuß erzielt wird, der die Gesamtheit des
Volkes vorwärts und aufwärts zu kragen in der
Lage ist. Ich überlasse es Ihnen, zu urteilen,
wohin ein marxistisches Gewerkschaftssystem zu
klassifizieren ist, welches ohne Rücksicht auf den
Erfolg der Wirtschaft seine Ansprüche mit poli-
tischen Mitteln durchzusehe-n sucht.
Es bedarf einer grundsätzlichen Umstellung in
unserem Volke dahingehend, daß jeder Einzelne,
wo immer im Produktionsprozeß er steht, ver-
antwortlich ist für den Erfolg des Ganzen. Menn
bas Wort Demokratie überhaupt noch einen
Sinn haben soll, so bedeutet es die Einordnung
des Einzelnen, Unternehmers wie Arbeiters, un-
ter die große Forderung des Gemeinnutzes.
Uns hilft kein Zauberkunststück, kein Geld-
drucken und kein Auslandskredil. Das Pro-
gramm, das eine nationale Regierung durchzu-
führen haben wird, beruht auf einigen ganz we-
nigen Grundgedanken. . Es ist das Programm
Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen
Kriege: sich fest auf die heimische Wirtschaft
stellen und aus dem heimischen Boden herauszu-
holen, was nur herauszuholen ist; und im übri-
gen sich für eine Generation bescheiden, sparen
und arbeiten. Dazu gehört nichts als Charakter,
als Selbstvertrauen und Goktvertrauen. Wer
für den Dag lebt, wird das nie begreifen. Es
gehört dazu der Glaube an die Ewigkeitswerte
unseres Volkes. Mit Borgen und Betteln ist
noch kein Volk groß geworden. Borgen ukd
Betteln macht verächtlich, macht verhandlungs-
unfähig und macht bündnisunfähig. — Und da-
rum erkennt die deutsche Wirtschaft heute, daß
es sich in der politischen Leitung unserer Ge-
schicke nicht mehr um noch ein Paar Dutzend
Verlegenheiksnotverordnungen handeln kann,
sondern daß der nationale Erziehungsprozeh, der
in diesen letzten Jahren dank entschlossener Füh-
rer einen so gewaltigen Aufschwung genommen
hak, zum Siege geführt werden muß, wenn die
deutsche Wirtschaft wieder gedeihen soll. Ich
habe es am eigenen Leibe spüren müssen, was
es heißt, gegen das Ausland am Verhandlungs-
tisch Kämpfen, wenn zu Hause eine Regierung
sitzt, der es am nationalen Rückhalt fehlt. Nur
durch geschlossenen nationalen Rückhalt können
Freiheit und Arbeit zurückgewonnen werden.
Darum wünsche ich aus heißem Herzen, daß die-
ser nationale Sturmwind, der durch Deutschland
fegt, nicht ermatten möge, bis die Wege zur
Selbstbehauptung und zum Mirkschaflserfolg
wieder freigemacht sind.
An der Spitze des Kampfes zur Lleberwindung des
herrschenden Systems marschiert die NSDAP.
Seit wir vor 12 Jahren die Gründung unse-
rer Nationalsozialistischen Partei erlebten, stehen
wir in einem ununterbrochenen Kampf gegen die
Novemberrevolke und das aus ihr erwachsene
System. Zwölf Jahre lang haben wir damit vor
einer Entwicklung gewarnt, die heute als allen
sichtbare Katastrophe ihren grauenerregenden
Ausdruck findet.
Außen-, innen- und wirtschaftspolitisch sind
unsere Prophezeiungen restlos in Erfüllung
gegangen.
Mik unheimlicher Sicherheit vollzieht sich der
!poiMsch-'ge!sellschaftliche Zerfall unseres Volkes
und damit sinkt die Kraft, die Interessen unseres
Reiches nach außen zu wahren von Monat M
Monat. Im harten Kampf um das Dasein der
Völker und Nationen bleibt Deutschland mehr
und mehr zurück. Eine vernichtete Wirtschaft,
Millionen an Arbeitslosen, ein zerbrochener
Mittelstand, von Haus und Hof vertriebene
Bauern sind die Zeugen dieses Verfahrens und
die Opfer jener unheilvollen Illusionen, deren sich
in erster Linie die heutige Reichsregierung seit
bald zwei Jahren unentwegt hingegeben hat.
Die Politik der Selbstenlwürdigung, der Un-
terwerfung und die daraus folgende Politik der
Erfüllung drohen alles zu vernichten, was jahr-
hundertelanger Fleiß geschaffen hak und durch
ungeheure Opfer an Gut und Blut beschützt
worden ist.
Das letzte Ergebnis dieser Pblitik des Ver-
zichts auf die nationale Kraft und ihrer bewuß-
ten Regierung muß der Bolschewismus fein.
Vor der ganzen Welk erheben wir gegen
die bisherigen deutschen Regierungen und be-
sonders gegen die derzeitige Reichsregierung
die feierliche Anklage, daß sie durch das Ver-
säumen einer pflichtgemäßen, wahrheitsge-
treuen Aufklärung über die furchtbare innere
Lage Deutschlands in erster Linie mitschuldig
sind an einer Katastrophe, die heute in ihrer
zwangsläufigen Auswirkung alle Kultur-
nationen bedroht. Die Verschleierung der tat-
sächlichen Lage der deutschen Wirtschaft aus
Gründen innerpolikischer Zweckmäßigkeit ge-
genüber der anderen Welk, der Versuch,
Möglichkeiten einer Erfüllungspolilik vorzu-
täuschen, während in Wahrheit die gesamte
Wirtschaft vor dem Zusammebruch steht, ist
verantwortungslos.
Die Gewinne, die uns als Gegenleistung
für diese Politik der Illusionen aufgezeiat wer-
den, sind demgegenüber gänzlich belanglos.
Während die Rot in unserem Volke, Staat und
Wirtschaft zu vernichten droht, erhebt sich die
militärische Macht einer europäischen Nation zu
einer den Frieden auf das Ernstlichste gefährden-
den Hegemonie. Der „Friedensverkrag" von
Versailles, einst als Grundlage für eine Befrie-
digung der Welt versprochen, dient ihr nur
mehr als Instrument zur Vernichtung ukseres
Volkes, ohne Rücksichten sogar auf die Inter-
essen der übrigen Welk. Milliarden und Mil-
liarden, aus dem Fleiße und dem Schweiße un-
seres Volkes herausgepreßk, verwandeln sich als
Tribute in eine ewig neue Belastung der Welk:
Ein in Waffen starrendes Frankreich zwingt
Volk um Volk zu -immer größeren Rügungen.
Wir werfen der heutigen Regierung demge-
genüber vor, daß sie ohne jedes klare Ziel in
Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik den Zu-
stand einer maßlosen Verwirrung teils selbst un-
gerichtet, teils erhalten und begünstigt hak, und
ersichtlich überhaupt keine klaren Gedanken über
irgend einen rettenden Weg aus unserer Not
besitzt.
Um engstirniger Parkeiinkeressen willen Muß
so eine Nation zu Grunde gehen.
Fest entschlossen, unser Land um jeden Preis
vor dem Chaos des Bolschewismus zu bewahren
und damit nicht nur uns, sondern auch der übri-
gen Welk die Garantien für ein friedliches, kul-
turelles und wirtschaftliches Weiterleben zu ver-
bürgen, erklären wir Nationalsozialisten daher
folgendes:
Wir sind bereit und gewillt, im Reich und
in den Ländern zur Bildung nationaler Regie-
rungen jede und die gesamte Verantwortung zu
übernehmen.
Im Geiste dieser höchsten Verantwortlichkeit
dem deutschen Volke gegenüber reichen wir den
in der nationalen Opposition zusammengefchlosse-
nen Parteien und Verbänden in loyaler Zusam-
menarbeit unsere Hand. Wir halten sie auch
weiterhin für jeden offen, der entschlossen ist, mit
uns das bisherige System zu überwinden, -den
international-marxistischen Geist zu bekämpfen
und ihr die Ehre und die Freiheit unseres Vol-
kes wieder herzustellen.
Wir sehen die Möglichkeit der Rettung der
deutschen Nation nur in einem gigantischen Äppell
an die in uns selbst vorhandenen Kräfte. Wir
erklären jeden Versuch, in unserem Volke die
Hoffnung auf Hilfe von außen zu erwecken, als
bewußten Betrug an der Nation, ebenso wie an
der übrigen Weit. Feierlich erheben wir Pro-
test gegen die weitere Aufrechterhaltung des so-
genannten Friedensvertrages von Versailles, der
nicht nur unser deutsches Volk zerstört, sondern
in zwangsläufiger Folge die ganze Welk in
einen Zustand ewiger Unruhe und Unsicherheit
werfen muß. Die von uns allen gewünschte Zu-
sa-mmen-arbeik der zivilisiertem Nationen zur Be-
hebung der schweren internationalen Schäden ist
solange undenkbar, als die Welt durch diesen
Vertrag in zwei feindselige Hälften zerrissen ist.
Der Kampf gegen die bolschewistische Zertrüm-
merung aller bestehenden menschlichen Gemein-
schaften seht eine aufrichtige Aussöhnung der-
jenigen Nationen voraus, die vor allem im In-
teresse ihrer Hand- und kopfarbeiitenden Men-
schen ein Hinabsinken in den sozial grauenhaften
Zustand des bol-schewisierken Sklavenstaakes ver-
meiden wollen.
Mir sehen in der von uns als Pflicht auf-
gefaßten Aufgabe der lleberwindung unserer in-
neren Klassengegensätze sowie der gerechten Be-
friedigung jener sozialen Ansprüche, die dem
hohen Lebensstandard unseres Volkes entsprechen,
für die Zukunft nicht nur einen Grauten der
inneren Ruhe Deutschlands, sondern einen wich-
tigen weiteren Schritt in der Reihe jener Maß-
nahmen, die zur Sicherung der Stabilität der
menschlichen Gesellschaft international notwendig
sind. Wir sehen ln dieser inneren sozialen und
damit politischen Befriedigung unseres Lebens
aber auch die einzige Voraussetzung zur Er-
füllung jener nichtpolitischen, finanziellen Ver-
pflichtungen, die wir als Kaufmann vom Kauf-
mann ausgenommen haben.
Wir sind überzeugt, daß ein national regier-
tes und damit von der übrigen Welt wieder ge-
achtetes Deutschland Mehr befähigt ist, aufrich-
tige friedliche Beziehungen zu den anderen Na-
tionen anzuknüpfen und zu pflegen, als unser
heutiges, von den Fiebebkrifen des Bolschewis-
mus durchschüttelkes und am Ende gar voll-
kommen zerstörtes Volk.
Unser Kampf gegen den Bolschewismus um
eine neue Zukunft der Ration ist damit zugleich
ein leidenschaftlicher Kampf für die Interessen
der deutschen Arbeiterschaft, die am schwersten
von den Auswirkungen der tribut-politischen Be-
drückung geschlagen ist. Unsere ganze Kraft und
Arbeit gehört dem schaffenden Volke. Unser
Kampf aber gilt jenen marxistischen Verführern,
die dem deutschen Arbeiter Freiheit, Schönheit
und Würde versprachen, ihn aber durch Betrug
der eigenen Nation entfremdeten und durch Ver-
rat dem heutigen Elend überlieferten.
Wir sind daher entschlossen, die Auseinander-
setzungen zwischen Bolschewismus -und Ankibol-
schewismus in Deutschland mit allen Mitteln bis
zur letzten Konsequenz im Sinne der Erhaltung
der deutschen, abendländischen und christlichen
Kultur durchzuführen. Die Sympathie und
Freundschaft verbindet uns daher mit jenen Na-
tionen, die uns in der Durchführung dieses
Kampfes entweder schon vorangsschcktten sind
öder gleiche Ziele mit uns verfolgen.
Aus dieser Ueberzeugung und diesem Willen
heraus, erklären wir somit:
Die Regierung Brüning und jede ihr wesens-
gleiche oder verwandte Regierung in den Län-
dern besitzen heute nicht mehr das Vertrauen
und die Zustimmung jenes Teiles unseres deut-
schen Volkes, der, Ziffern- und wertmäßig allein
der verantwortliche Träger unseres Lebens und
unserer Zukunft sein kann: Sie sind reif zum
Sturz!
Wir fordern, daß Macht und Verantwortung
ln die Hände der nationalen Opposition gelegt
werden. Parteien, die gegen diesen von uns be-
kundeten Willen stehen oder Stellung nehmen,
werden wir bis auf das Aeußerste bekämpfen.
Regierungen, die ohne oder gegen uns gebildet
werden oder zu regieren versuchen, lehnen wir
ab. Ein System aber, das uns verfolgt, darf
auch in der Zeit der Not, ja selbst der Todes-
gefahr, von jetzt ab nicht mehr auf unsere Hilfe
oder unseren Schutz hoffen.
Nationalsozialisten! Parteigenossen und Par-
teigenossinnen! Ihr wißt, wir haben nie Ver-
sprechungen gegeben und tun es auch heute
nicht. Wir versichern nur, daß es unser heiliger
Ernst ist, aus dem Deutschland des politischen,
kulturellen und sozialen Verfalls wieder ein
Reich zu zimmern, das seinen Bürgern in Ehren
Freiheit und Brot zurückgegeben wird. Hunderte
aus unseren Reihen sind für dieses Ziel in den
bittersten Tod gegangen. Zehntausende haben
dafür Wunden und Siechtum davongetragen.
Ihr Geist soll für immer unser Mahner sein!
Kameraden! Wir alle wollen beweisen, daß
wir ihrer Opfer würdig sind.
Es lebe unsere herrliche nationalsozialistische
Bewegung! Es lebe Deutschland!
Bad Harzburg, 11. Oktober 1SS1.
Adolf Hitler.
18. Fortsetzung.
Das war so seine Art, und die Män-
ner waren sie gewohnt. Das bisher flache
Gespräch rann flach dahin. Der Aohl-
öfner gliederte sich ein und plätscherte
mit. Der Fliederstrauß stand mitten auf
dem Tische. Heinrich Korn trank leb-
hafter, als es sonst geschah. Erst löschte
er den Durst, und dann hatte er Appetit.
Er suchte heute keine Zielscheibe lustigen
Spottes. So nahm ihn sein Jugendfreund,
der Wirt, selber zum Ziele, neckte ihn
mit seiner großen Nase, seinem Hedrich
im Hafer, seinem Gras in den Kartoffeln.
Heinrich Korn blieb keine Antwort schul-
dig und ging, warm gemacht, selber zum
Angriff über.
„Was hast du heute wieder geschafft,
Albert?"
„Mehr wie du."
„Ha, deine Arbeit vom ganzen Jahre
trage ich im Purzelkorbe fort und braucht
nit einmal ein großer zu sein."
Die Neckereien gingen hin und her,
wurden allgemeiner, wurden derber. Sie
beteiligten sich alle daran, wärmten alte
Geschichten auf, und einzig Philipp Engel
und Lehrer Siebert saßen schweigsam in
der Runde. Dazu ward lebhafter ge-
trunken als sonst. Keiner aber brachte
die Nede auf Mariele und Rudolf, ja, es
hatte niemand gefragt, woher der Hohl-
öfner den Fliederstrauß gebracht, der nun
prangend in der Mitte der Tafel stand.
Sie fühlten alle, daß hier ein Rührmich-
nichtan war und halten den Hohlöfner
und die beiden jungen Menschen viel zu
gern, um mit tolpatschigen Fingern über
eine Sache zu fahren, die war wie ein
zartes Pflänzlein, von dem sie wußten,
daß ihm harte Stürme und Wetterwucht
drohten. Zu harmlosem Plaudern zusam-
mengekommen, war es ihnen doppelt
lieb, wenn daraus ein paar lustige, viel-
leicht sogar übermütige Stunden wurden.
Als die Lust am höchsten war, die
Köpfe heißer waren, das Lachen gegen
die Decke krachte, trat Fritz Ender ein.
Für einen Augenblick schien es, als wehe
ein kalter Luftzug. Ender aber setzte sich
still in die Runde, hörte zu und verzog
ab und zu den Mund zu einem kleinen
Lächeln.
Albert Rösner hatte eben erzählt,
wie ihn Heinrich Korn einst im Manöver
ausgesucht und, nach dem Lagerplatz sei-
ner Kompagnie zurückkehrend, über die
Zeltpfähle des Hauptmannszeltes gestol-
pert war und das ganze Zelt niedergeris-
sen hakte. Bevor sich aber der Haupt-
mann fluchend aus den Planen gearbeitet,
war der Uebeltäter verschwunden gewesen.
„Stimmt," bestätigte Korn lachend.
„War mir dazumal nit so wohl dabei wie
heute, wo ich davon rede. Aber was will
die Purzelei bedeuten? Bin wenigstens
immer ein ehrlicher Kerl gewesen, habe
nit gemaust wie der Wirt."
„Gemaust? Wen hat er bemaust?"
Albert Rösner wußte, was nun kam,
lehnte sich an den Schanktisch und wischte
sich bereits im voraus eine Lachträne aus
den Augen.
Korn berichtete, lebhaft Arme und
Hände bewegend, wie der Wirt, mit ihm
gleichzeitig bei der Garde dienend, mit
anderen zur Hilfeleistung anläßlich eines
großen Festmahls in das Berliner Rat-
haus kommandiert worden war. Es war
ein heißer Sommertag, die Mannschaf-
ten hatten blitzsauberes Drillichzeug an,
trugen die schweren Platten hinauf an
die Tür des Festsaales und empfingen sie
da, halb oder ganz geleert, aus den Hän-
den der Diener zurück. Albert Rösner
ward eine Platte mit Eis, das ein an-
derer vor ihm, wohlgeformt, hinaufgetra-
gen hatte, zur Rückgabe überantwortet.
Was wußte der Schönbacher Bursche von
Fruchteis? Die Kälte der Platte fiel ihm
auf, er leckte am Rande, das Zeug
schmeckte wunderschön, und Albert be-
schloß, sich damit zu „betun". An einer
Ecke rasche, prüfende Blicke treppauf und
-ab, ein paar flinke Griffe, Hosen- und
Zackentaschen voller Eis gestopft. Und
dann die Bescherung! Wie das Eis zer-
lief, wie es in langen Straßen an den
Hosenbeinen herabsickerte, wie die Zacken-
tasche tropften! „So ging er," der Hohl-
öfner sprang auf und lief wie ein waten-
der Storch durch die Gaststube, „so
schlang er," er langte mit beiden Händen
in die Taschen und stopfte sie in den
Mund. Und alles wußte er so urkomisch,
so voller harmloser Neckerei darzustellen,
daß die Decke förmlich zu niedrig war für
das aufstürmende Lachen.
Er setzte sich, schwang sein Glas:
„Prost, Nachbarn! — Zch habe ihm Kin-
derwindeln angeboten, aber da wurde er
falsch."
Die Heiterkeit staute ab, lebhafter
aber kreisten die Gläser.
Der Nationalsozialist kauft nur bei
unseren Inserenten. Er hilft dadurch
seiner Zeitung, dem
„Heidelberger Beobach le r".
Du hast Freunde und Bekannte ge-
nug. Ueberlege dir, wer zu uns gehört
und wirb bei ihnen für den
„Heidelberger Beobachte r".
Da begann Fritz Ender: „Mo ich
noch diente . . ."
„Du hast gedient? Mo denn? fiel
Eduard Langer spottend ein.
„Ach, wie er Knecht war auf dem
Schmurer Gute," bemerkte ebenso harm-
los spottend der Hohlöfner.
Fritz Ender aber ward falsch. „Konn-
ten nit alle solche Freßkisten Kriegen
wie du."
„Freilich, bin bloß durch die Freß-
kisten Unteroffizier geworden."
„Wird nit viel anders gewesen sein."
„Nein. Akkurat so war's."
(Fortsetzung folgt).