Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0068
DOI Artikel:
Hardenberg, Kuno Ferdinand von: "Vom Wohnen"
DOI Artikel:Lang, Hugo: "Der Lehnsessel"
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INNEN-DEKORATION
BUDAPESTER WERKSTÄTTE. SESSEL U. LAMPE
haben soll. Wenn einer von diesen Be-
standteilen fehlt, so liegt eine Unzuläng-
lichkeit vor, und die Proportion ist gestört.
Kinderställe, Werkstätten für Scheuer-
und Wasch-Arbeiten, graue Sorgenhöhlen
zerfahrener und unfroher Seelen, schmud-
delige Burgen pfuschender Narren, Kaser-
nenstuben herrschsüchtiger Tyrannen sind
durchaus keine Wohnungen, kein Heim.
*
Hausherr: gib jedem seinen Raum, je-
dem Gerät seine Rechte und Pflichten,
seinen Zweck und seine Aufgabe, gib
jedem die Ehrfurcht und die Liebe, die
ihm zukommt, schwinge als weiser Herr-
scher dein Szepter über deinen Gesetzen.
*
Vor allem sorge, daß dieses Gesetz
gerne eingehalten wird, so hast du das
eiserne Gerüst für dein Leben und das
der Deinen gegründet. Des weiteren
stelle Heiligtümer auf, Heiligtümer der
Kunst, des Glaubens und der Liebe, diene
ihnen selbst und achte darauf, daß sie von
den Deinen geachtet werden, so wirst du
ein Erzieher sein zur Schönheit echter
Wohn-Kunst, kuno graf v. Hardenberg.
»DER LEHNSESSEL«
Was ist ein »guter« Stuhl?
Das Gefühl dafür ist
nicht so selten, als man
glaubt, und echtes Empfinden
für Wohnbehagen trifft man
häufig überraschend dort, wo
man es garnicht erwartete.
Im üppig und sehr kostspielig
eingerichteten neuen Heim
schnell reich - gewordener,
einfacher Leute war ich
kürzlich zu Gast. Merkwür-
dig wohnlich waren die
Räume des Hauses. . . War
das ausschließlich die Arbeit
der Einrichtungsfirma, oder
vielleicht doch auch Ver-
ständnis, Empfindung und
Mitarbeit der Bewohner? . .
Nachdenklich, liebevoll be-
trachtete ich unter den zwölf
mächtigen, geschnitzten, an-
tiken Lehnsesseln einen,
weil er so freundlich breite,
so besonders bequeme
Armstützen hatte. . . . »Ja«,
sagte da unvermittelt das
weißhaarige Mütterchen:
»diesen Sessel haben wir
auch alle am liebsten: er ist
der aller-beste« ! . . h.lang.
INNEN-DEKORATION
BUDAPESTER WERKSTÄTTE. SESSEL U. LAMPE
haben soll. Wenn einer von diesen Be-
standteilen fehlt, so liegt eine Unzuläng-
lichkeit vor, und die Proportion ist gestört.
Kinderställe, Werkstätten für Scheuer-
und Wasch-Arbeiten, graue Sorgenhöhlen
zerfahrener und unfroher Seelen, schmud-
delige Burgen pfuschender Narren, Kaser-
nenstuben herrschsüchtiger Tyrannen sind
durchaus keine Wohnungen, kein Heim.
*
Hausherr: gib jedem seinen Raum, je-
dem Gerät seine Rechte und Pflichten,
seinen Zweck und seine Aufgabe, gib
jedem die Ehrfurcht und die Liebe, die
ihm zukommt, schwinge als weiser Herr-
scher dein Szepter über deinen Gesetzen.
*
Vor allem sorge, daß dieses Gesetz
gerne eingehalten wird, so hast du das
eiserne Gerüst für dein Leben und das
der Deinen gegründet. Des weiteren
stelle Heiligtümer auf, Heiligtümer der
Kunst, des Glaubens und der Liebe, diene
ihnen selbst und achte darauf, daß sie von
den Deinen geachtet werden, so wirst du
ein Erzieher sein zur Schönheit echter
Wohn-Kunst, kuno graf v. Hardenberg.
»DER LEHNSESSEL«
Was ist ein »guter« Stuhl?
Das Gefühl dafür ist
nicht so selten, als man
glaubt, und echtes Empfinden
für Wohnbehagen trifft man
häufig überraschend dort, wo
man es garnicht erwartete.
Im üppig und sehr kostspielig
eingerichteten neuen Heim
schnell reich - gewordener,
einfacher Leute war ich
kürzlich zu Gast. Merkwür-
dig wohnlich waren die
Räume des Hauses. . . War
das ausschließlich die Arbeit
der Einrichtungsfirma, oder
vielleicht doch auch Ver-
ständnis, Empfindung und
Mitarbeit der Bewohner? . .
Nachdenklich, liebevoll be-
trachtete ich unter den zwölf
mächtigen, geschnitzten, an-
tiken Lehnsesseln einen,
weil er so freundlich breite,
so besonders bequeme
Armstützen hatte. . . . »Ja«,
sagte da unvermittelt das
weißhaarige Mütterchen:
»diesen Sessel haben wir
auch alle am liebsten: er ist
der aller-beste« ! . . h.lang.