Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0271
DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Das vielnamige Ziel
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0271
INNEN-DEKORATION
251
I
ARCHITEKT ADOLF G. SCHNECK — STUTTGART OBERGESCHOSS IM HAUS ST. IN REUTLINGEN
DAS VIELNAMIGE ZIEL
n allen Zeiten, die durch inneren oder äußeren Anstoß können, daß er selbst einen Sinn hat, und daß die Stelle,
in funkelnde, schütternde Bewegung geraten sind, er- an der er im Ganzen steht, sinnvoll und werthaft ist.
leben wir dasselbe, was uns heute wieder in Auge und Der Mensch, den wirtschaftliche Unsicherheit drückt,
Ohr fällt: Gruppen, Schichten, Parteien rufen ihre Ziele neigt zu toller Wirtschaft. Warum? Weil er sich durch
aus, und jedes davon nennt sich mit einem andern Namen, gelegentliche Vergeudung jenes Gefühl der Freiheit ver-
Hier heißt das Ziel: stürmische Weiter-Entwicklung, schaffen will, das ihm jene Unsicherheit sonst verkürzt,
dort: Ruhe und Dämpfung; hier: materielle Besser-Stel- Der Mensch, der seiner Welt und seiner Würde in ihr
lung, dort: Heraufführung einer neuen Religion..... nicht gewiß ist, neigt dazu, sich in Gier nach dem Neben-
Wir glauben, die Streitpunkte, um die heute noch sächlichen zu erhitzen, weil er sich die Hoch- und Selbst-
Getöse ist, liegen mehr im Namen als in der Sache, gefühle verschaffen will, die ihm durch jene Ungewißheit
mehr im Mittel als im Ziel. Wir glauben, daß alle verwehrt sind. Er rafft Genuß und meint Lebensgefühl;
diese Namen, die gegen einander so unversöhnlich er- er ruft nach Geld und meint Menschenwürde; er drängt
bittert zu sein scheinen, das gleiche Ziel umrätseln... nach Macht, er stemmt sich gegen Neues, — und meint
* doch nur seine sinnvolle Einreihung in einen großen,
So gut man sagen konnte, daß alle Erneuerungen, so schönen Zusammenhang. Solange er diese nicht be-
laut sie auch nach Freiheit rufen, nur Wille zu einem sitzt, bleibt er unruhig, zornig, schwankend und gierig,
neuen Zwang sind, so gut kann man sagen, daß alle die Sobald aber diese seine tiefste Sehnsucht gestillt ist,
vielen Namen, von denen wir sprechen, das eine dem wird der Mensch kraftvoll und schöpferisch, fähig und
Menschen Notwendige umschreiben: Festigung, Siehe- aufgelegt zu allem Guten......wilhelm michel.
rung seiner Menschenwürde, neue starke Bindung ¥■
in ein sinnvolles Weltgefüge, Welt-Heimatgefühl. DER KERNPUNKT. Alles kommt zuletzt darauf an, wo
Der Mensch braucht nur Eines: Er muß sich sagen der eigentliche Ernst des Menschen liegt. Schopenhauer.
251
I
ARCHITEKT ADOLF G. SCHNECK — STUTTGART OBERGESCHOSS IM HAUS ST. IN REUTLINGEN
DAS VIELNAMIGE ZIEL
n allen Zeiten, die durch inneren oder äußeren Anstoß können, daß er selbst einen Sinn hat, und daß die Stelle,
in funkelnde, schütternde Bewegung geraten sind, er- an der er im Ganzen steht, sinnvoll und werthaft ist.
leben wir dasselbe, was uns heute wieder in Auge und Der Mensch, den wirtschaftliche Unsicherheit drückt,
Ohr fällt: Gruppen, Schichten, Parteien rufen ihre Ziele neigt zu toller Wirtschaft. Warum? Weil er sich durch
aus, und jedes davon nennt sich mit einem andern Namen, gelegentliche Vergeudung jenes Gefühl der Freiheit ver-
Hier heißt das Ziel: stürmische Weiter-Entwicklung, schaffen will, das ihm jene Unsicherheit sonst verkürzt,
dort: Ruhe und Dämpfung; hier: materielle Besser-Stel- Der Mensch, der seiner Welt und seiner Würde in ihr
lung, dort: Heraufführung einer neuen Religion..... nicht gewiß ist, neigt dazu, sich in Gier nach dem Neben-
Wir glauben, die Streitpunkte, um die heute noch sächlichen zu erhitzen, weil er sich die Hoch- und Selbst-
Getöse ist, liegen mehr im Namen als in der Sache, gefühle verschaffen will, die ihm durch jene Ungewißheit
mehr im Mittel als im Ziel. Wir glauben, daß alle verwehrt sind. Er rafft Genuß und meint Lebensgefühl;
diese Namen, die gegen einander so unversöhnlich er- er ruft nach Geld und meint Menschenwürde; er drängt
bittert zu sein scheinen, das gleiche Ziel umrätseln... nach Macht, er stemmt sich gegen Neues, — und meint
* doch nur seine sinnvolle Einreihung in einen großen,
So gut man sagen konnte, daß alle Erneuerungen, so schönen Zusammenhang. Solange er diese nicht be-
laut sie auch nach Freiheit rufen, nur Wille zu einem sitzt, bleibt er unruhig, zornig, schwankend und gierig,
neuen Zwang sind, so gut kann man sagen, daß alle die Sobald aber diese seine tiefste Sehnsucht gestillt ist,
vielen Namen, von denen wir sprechen, das eine dem wird der Mensch kraftvoll und schöpferisch, fähig und
Menschen Notwendige umschreiben: Festigung, Siehe- aufgelegt zu allem Guten......wilhelm michel.
rung seiner Menschenwürde, neue starke Bindung ¥■
in ein sinnvolles Weltgefüge, Welt-Heimatgefühl. DER KERNPUNKT. Alles kommt zuletzt darauf an, wo
Der Mensch braucht nur Eines: Er muß sich sagen der eigentliche Ernst des Menschen liegt. Schopenhauer.