Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0408
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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Gedanken über Kissen
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388 INNEN-DEKORATION
AUSF: WERKSTATTEN LÜHDEMANN—HAMBURG BESTICKTES POLSTER. ENTWURF: F. KÜHNER
GEDANKEN ÜBER KISSEN.
Mir schenkte einst eine ernste Dame ein feldgraues die Kultur des Kissens. Die »Kultur des Kissens« ist
Kissen mit einem Adler, zwei Bannern und einem etwas, auf das wir mit Recht stolz sein dürfen. . . Und
gesalbten Wort darauf. Ich habe ihr das nie verziehen .. doch gibt es Bedenken, Fragen: Sind wir mit unserer
Die Biedermeier-Zeit konstruierte Kissen aus Glasperlen Kissenkultur liebenswürdiger geworden, schmiegsamere,
und Roßhaargewebe: Sie waren hart wie Mauersteine, erfindungsreichere und angenehmere Wesen, oder sind
Wäre man auf die Idee gekommen, sie als Schleuderwaffe die vielen, schönen Daunengebilde, die wie Blüten aus
bei den damals so beliebten Kaffeeschlachten zu ver- Klingsors Zaubergarten auf uns wirken, vielleicht Symp-
wenden, ihre Wirkung wäre tötlich gewesen. Gott sei tome der Verweichlichung?.. Ich meine, in Kissen-Fragen
Dank war man damals friedlich und ließ als Waffe nur sollte man nicht gleich »spenglern«, das mögen graue
die Zungen spielen. Auch ehrte man die korrekte Form. Moralisten tun, echte Lebensfreunde dürfen unbedenk-
Noch war die Frau nicht befreit, noch kannte man nicht lieh sich freuen über die geschickten Finger, die aus Atlas,
die Anmut der Bequemlichkeit, noch war der Diwan Taft und Tüll all diese Wunder fertigen können, sich und
nicht erfunden, der goldne Freund aus dem Orient. Erst andere damit zu verwöhnen — sich und andere reizend
als er seinen Siegeszug in die Boudoirs antrat, begann damit zu umbildenI .... kuno;graf von Hardenberg
WERKSTATTEN LÜHDEMANN-HAMBURG. SCHWARZES SEIDENKISSEN. ENTWURF: F. KÜHNER
AUSF: WERKSTATTEN LÜHDEMANN—HAMBURG BESTICKTES POLSTER. ENTWURF: F. KÜHNER
GEDANKEN ÜBER KISSEN.
Mir schenkte einst eine ernste Dame ein feldgraues die Kultur des Kissens. Die »Kultur des Kissens« ist
Kissen mit einem Adler, zwei Bannern und einem etwas, auf das wir mit Recht stolz sein dürfen. . . Und
gesalbten Wort darauf. Ich habe ihr das nie verziehen .. doch gibt es Bedenken, Fragen: Sind wir mit unserer
Die Biedermeier-Zeit konstruierte Kissen aus Glasperlen Kissenkultur liebenswürdiger geworden, schmiegsamere,
und Roßhaargewebe: Sie waren hart wie Mauersteine, erfindungsreichere und angenehmere Wesen, oder sind
Wäre man auf die Idee gekommen, sie als Schleuderwaffe die vielen, schönen Daunengebilde, die wie Blüten aus
bei den damals so beliebten Kaffeeschlachten zu ver- Klingsors Zaubergarten auf uns wirken, vielleicht Symp-
wenden, ihre Wirkung wäre tötlich gewesen. Gott sei tome der Verweichlichung?.. Ich meine, in Kissen-Fragen
Dank war man damals friedlich und ließ als Waffe nur sollte man nicht gleich »spenglern«, das mögen graue
die Zungen spielen. Auch ehrte man die korrekte Form. Moralisten tun, echte Lebensfreunde dürfen unbedenk-
Noch war die Frau nicht befreit, noch kannte man nicht lieh sich freuen über die geschickten Finger, die aus Atlas,
die Anmut der Bequemlichkeit, noch war der Diwan Taft und Tüll all diese Wunder fertigen können, sich und
nicht erfunden, der goldne Freund aus dem Orient. Erst andere damit zu verwöhnen — sich und andere reizend
als er seinen Siegeszug in die Boudoirs antrat, begann damit zu umbildenI .... kuno;graf von Hardenberg
WERKSTATTEN LÜHDEMANN-HAMBURG. SCHWARZES SEIDENKISSEN. ENTWURF: F. KÜHNER