Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

DOI Artikel:
Koch, Alexander: Zum vierzigjährigen Verlags-Jubiläum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0011

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
die »Innen-Dekoration« einen Zeitfchriftentyp, der in der ganzen Welt wohl nicht
häufig vertreten ift. Aber auch nur mit diefer allfeitig weltoffenen Einftellung
konnte die »Innen-Dekoration« die führende und anregende Rolle fpielen, die fie
zwar nicht beanlprucht, wohl aber faktifch durch redlichen Dienft an der Zeit
errungen hat. Es gibt für fie keine Voreingenommenheit, keine einfeitige Partei-
ftellung. Sie hat von jeher keine andere Gefinnung gekannt als die, das Gute zu
Puchen, wo es irgend zu finden war, und ohne Überftürzung, aber mit rüftiger
Gegenwartsfreude, die Entwicklung in gefunden Bahnen voranzu-
treiben. Die »Innen-Dekoration« ift mit Achtfamkeit allen Gefchmackswand-
lungen, die (ich feit den 90 er Jahren bei uns ereignet haben, gefolgt. Sie hat ihnen
Geltung verfchafft, fie hat die Erörterung lebendig erhalten und eben dadurch
den Mut zum Neuen, die Luft zum Wagnis geftärkt. Ich glaube nicht zu
irren, wenn ich die allgemeinen Fortfehritte, die die Sache des gepflegten, wohl-
geformten Heims in den verfloffenen Jahrzehnten gemacht hat, zu einem bemeffe-
nen Teil für ein Verdienft der »Innen-Dekoration« halte. Nachweislich ift die
Künftlerfchaft wie die Möbelinduftrie, wie insbefondere auch das auftraggebende
Publikum vielfach von ihr angeregt und geführt worden. Und wenn es für mich
heute, nach 40 Jahren angeftrengter Arbeit, etwas Erfreuliches gibt, fo ift es dies,
daß das auf dem Gebiet der Wohnungskunft erwachte Leben fich kraftvoller, ja
vielleicht fogar ftürmifcher äußert als je. Nichts beweift beffer als diefe fchöpferifche
Unruhe, daß in der Sache des Wohnens geiftige Kräfte tätig find, nicht bloß Ge-
fichtspunkte des Gefchmacks oder der zeitlofen Form. Die Wohnung will geiftiger
Zeitausdruck fein, fie will Fühlung halten mit den Kräften, die unfer ganzes übriges
Leben und Denken beherrfchen. Ja, die Wohnform reagiert heute fogar rafcher und
beftimmter auf neue Zeitideen als andere Dinge der Kulturwelt. Die Sache der
Wohnung fteht mitten im flutenden Leben, im Brennpunkt vieler lntereffen.
Und wenn ich von hier aus noch einmal zurückgreifen darf auf die Lage zu Beginn
meiner beruflichen Arbeit, fo kann ich fagen, daß die Wichtigkeit und Bedeutung,
die der Sache des Wohnens heute allgemein zuerkannt wird, die fchönfte Erfüllung
unferer vielleicht nicht klar erkannten, aber unbewußt angelegten und gehegten
Grundgedanken darftellt. Gerade in der Problemfreude, in dem Wagemut, mit
dem heute Fragen des Wohnens bearbeitet werden, find Früchte unferer Arbeit
gereift. Denn diefe Bearbeitungsweife fe^t vieles als felbftverftändlich voraus, was
es vor 40 Jahren für die Wohnungsprobleme noch nicht gab: die geiftige Frage-
ftellung, die Anerkennung des Ausdrucks wertes der Wohnung, den
neuen Kulturbegriff, den ganzen großen Gedankenkreis des fchöpferifchen
Verhaltens, das auf die Beziehung zwifchen Kunft und Volk und auf zu-
längliche Vorftellungen vom Geftalten überhaupt begründet ift.

An diefer Arbeit mit meinen beften Kräften teilgenommen und fie gefördert
zu haben, ift der Stolz meines beruflichen Lebens, zugleich auch die fiebere
Grundlage, auf der mit feftem Glauben an die Zukunft und im Vertrauen auf

die zahlreichen treuen Freunde meiner Arbeit weitergebaut werden foll.

ALEXANDE R KOCH
 
Annotationen