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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Jaumann, Anton: Ueber Bau- und Wohnkultur: zu Arbeiten von Professor Heinrich Straumer
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0142

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INNEN-DEKO RATION

119

Darf ich noch auf einige »Sünden« im einzelnen auf-
merksam machen? Fast alle Offnungen sind »gerahmt«,
eine Art zeremonieller Begrüßung zwischen Wand und
Türe oder Fenster. — Vollkommen überflussig! Dadurch
leidet nur die Reinheit der Flächen. Wo Ubergänge vor-
kommen, sind sie gestaltet. So etwa, wie ein Musiker
früher von einer Tonart zur andern hinüber modulierte.
Das ist ja heute auch verpönt. Fenster und Türen sind
gerahmt, sogar die Wände. Überall die Bemühung, das
Notwendige zu sagen, aber in durchaus höflicher, ge-
pflegter Ausdrucksweise. Die verschiedenen Formen
der Fenster (in den Zeiten der Normung!) wird der auf-
merksame Leser schon bemerkt haben. Dazu die ver-
schiedene Charakterisierung der Fenster, wie auch der
Türen. Wozu brauchen Bauglieder einen Charakter,
wozu die Stühle und Tische, die Lampen? Straumer
scheint noch von der Vorstellung beherrscht, daß wie
das Haus selbst auch die einzelnen Räume des Hauses
Charakter und Stimmung haben sollen und daß
diese Eigenschaften ihrem Wesen entsprechen sollen.

Neue Formen für neue Menschen und neue
Zwecke! Können wir uns nicht auf diese Plattform
einigen? Neuartige Zwecke gibt es genug, z. B. Fabriken
und andere Ingenieurbauten. Den »neuen Menschen«
habe ich noch nicht entdeckt. Äußerlich sehen die Inhaber
der neuen Baugesinnung genau so aus wie ihre hart
befeindeten Kollegen; ob ihr Inneres schon den »Men-
schen der Zukunft« ankündet, sei dahin gestellt. Sollte
der Amerikaner den gepriesenen Zukunftstyp darstellen,
so sei nur gesagt, er ist ein Mensch wie wir, trotz aller
technischen Errungenschaften sichtlich bemüht, in die
von uns so verlästerte Kultur Alt-Europas hineinzu-
wachsen. Arbeiten wir also an der Erneuerung des
Menschen, sie tut not. Die Formel für ihn wird sich
dann finden; sie ist immer das spätere. . . a. jaumann.

*

DASS MENSCHEN in ihrem Streben immer von
neuem irren, — was ist selbstverständlicher als das?
Es fragt sich nur, ob ihr Tun außer dem Irrtum noch
Fruchtbares und Weitertreibendes enthält. . w. michel.
 
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