Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0260
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Roessler, Arthur: Arbeiten von Rudof Lorenz, Wien
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INNEN-DEKORATION
237
ARCHITEKT RUDOLF LORENZ-WIEN. »HAUS EINES SCHRIFTSTELLERS«. VORHOF AM HAUS-EINGANG
die altösterreichisch-barocke, das andermal die helle-
nistisch-wienerische Mischung. Entdeckungs- und erober-
ungssüchtige Forscherzüge in das an Formwundern über-
reiche alte Asien oder neue Amerika bestätigen als Aus-
nahmen nur die Regel. Dem Naturalismus in der Kunst
sind die Wiener abhold. Nach wie vor lieben sie das
Stilisierte. Sie sehen, das ist nun mal zu ihrer einge-
fleischten Art geworden, Natur und Leben »stilisierend«.
Darum begegnet man exotischen Formkünstlereien, Din-
gen von geistreich verstiegener, gleichsam leckermaul-
hafter Art, einer Art, die inPerioden vonhochentwickeltem
Luxus immer wieder zum Vorschein kommt, die jedoch
in einer Zeit wie der unsrigen anachronistisch wirkt,
sogar auch in den Arbeiten der sich »radikal« dünken-
den und als radikal geltenden Wiener Architekten und
Kunsthandwerker. Man hat eben in Wien, vielfach un-
bewußt, vor der Nacktheit, der Wahrheit, vor der rück-
sichtslosen Zweckmäßigkeit, strengen Sachlichkeit, der
reinen Konstruktion ein wenig Angst; ist daher emsig be-
flissen, durch schönen Schein, durch unbestimmbar schwe-
bende Stilformen jene sozusagen musikalische Schön-
heit der Gestaltung hervorzuzaubern, deren Wirkung,
oft bewährt, dem landläufigen Geschmack schmeichelt. .
Von solcher Schmeichelei will R. Lorenz nichts wissen,
weil er weiß, was zu den Lebensrequisiten eines zivili-
sierten Gegenwartsmenschen gehört. Drei Fähigkeiten
hat er in sich zur Entwicklung gebracht: die der Logik,
etwas in seiner Wesensart begreifen zu können; die der
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ARCHITEKT RUDOLF LORENZ-WIEN. »HAUS EINES SCHRIFTSTELLERS«. VORHOF AM HAUS-EINGANG
die altösterreichisch-barocke, das andermal die helle-
nistisch-wienerische Mischung. Entdeckungs- und erober-
ungssüchtige Forscherzüge in das an Formwundern über-
reiche alte Asien oder neue Amerika bestätigen als Aus-
nahmen nur die Regel. Dem Naturalismus in der Kunst
sind die Wiener abhold. Nach wie vor lieben sie das
Stilisierte. Sie sehen, das ist nun mal zu ihrer einge-
fleischten Art geworden, Natur und Leben »stilisierend«.
Darum begegnet man exotischen Formkünstlereien, Din-
gen von geistreich verstiegener, gleichsam leckermaul-
hafter Art, einer Art, die inPerioden vonhochentwickeltem
Luxus immer wieder zum Vorschein kommt, die jedoch
in einer Zeit wie der unsrigen anachronistisch wirkt,
sogar auch in den Arbeiten der sich »radikal« dünken-
den und als radikal geltenden Wiener Architekten und
Kunsthandwerker. Man hat eben in Wien, vielfach un-
bewußt, vor der Nacktheit, der Wahrheit, vor der rück-
sichtslosen Zweckmäßigkeit, strengen Sachlichkeit, der
reinen Konstruktion ein wenig Angst; ist daher emsig be-
flissen, durch schönen Schein, durch unbestimmbar schwe-
bende Stilformen jene sozusagen musikalische Schön-
heit der Gestaltung hervorzuzaubern, deren Wirkung,
oft bewährt, dem landläufigen Geschmack schmeichelt. .
Von solcher Schmeichelei will R. Lorenz nichts wissen,
weil er weiß, was zu den Lebensrequisiten eines zivili-
sierten Gegenwartsmenschen gehört. Drei Fähigkeiten
hat er in sich zur Entwicklung gebracht: die der Logik,
etwas in seiner Wesensart begreifen zu können; die der