Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928
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Wenzel, Alfred: Alte Möbel im neuen Raum
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INNEN-DEKORATION
257
ALTE MÖBEL IM NEUEN RAUM
VON ARCHITEKT Dr. ALFRED WENZEL—WIEN
Die Neigung, sich mit alten Dingen zu umgeben, hat In dieser Zeit begann man dann, sich »historische
zu allen Zeiten bestanden und erklärt sich aus ästhe- Wohnräume« zu schaffen, — nicht mehr aus einem Ge-
tisch betrachtendem oder sammelndem und sentimen- fühl innerer Beziehungen zu vergangenen Epochen, son-
talem Verhalten. — Die darüber hinausgehende Vor- dem in der Hauptsache mehr aus Bequemlichkeit, da man
liebe, sich »im alten Stile einzurichten«, geht bis an den im übrigen vollauf beschäftigt in einer neuangebrochenen
Anfang des vorigen Jahrhunderts zurück, da Griechen- Zeit stand: die Arbeit an äußerer Zivilisation schien
tum Erlebnis ward und der »Klassizismus« in Bau und alle verfügbaren Kräfte in Anspruch zu nehmen.....
Innenraum Ubernahmen veranlaßte, — zum Unterschiede *
von der ersten »Renaissance«, in der sich mehr eine An- Die heutzutage »historisch« eingerichtete Wohnung
passung neuentdeckter Formen an bis dahin Gepflogenes wird sich von der aus den Gründerjahren, wenn nicht
ergab. . . Doch läßt die Tatsache, daß in den Jahren »um schon durch Echtheit des Mobiliars, so doch wohl durch
1800« aus reinem inneren Erleben eine gewisse Verwand- Wahl und Erlesenheit im Einzelnen und in der Aufstellung
schaft mit der vorbildlichen Antike erstand, auch die unterscheiden. Sie birgt aber die gleichen Gefahren;
Werke jener Zeit als fast stilrein erscheinen, — trotzdem und sie werden heute deutlicher empfunden als früher:
sie blaß und aus zweiter Hand sind. Sie zeigen auf lange es ist die Festlegung auf einen Gesamtton, der sich zu
hinaus letztmalig wirkliche »Gesinnung«; deshalb wird seiner Zeit als Ausdruck einer Forderung an den Wohn-
in historischer Betrachtungsweise hier das Ende eines räum einstellte: der aus Momenten, die in der gesamten
traditionsmäßigen Entwicklungs-Verlaufes gesehen, und Geisteshaltung einer Zeit begründet liegen, für diese
deshalb wird auch von Seiten, wo man sich noch nicht Zeit, und nur für sie, die Wohnform schuf. . Solche
in der Lage fühlt, unserer Zeit das ihr Gemäße neu, aus Räume können daher für den modernen Menschen, auch
seinen besonderen Voraussetzungen heraus, zu schaffen, wenn er in seiner Konstitution rückwärtsgewandt in un-
der Vorschlag gemacht, auf die Formen dieser Zeit, als seren Tagen steht, nur eine Situation bedeuten, »um die
längst erprobte Kompositionsmittel, zurückzugreifen, herum« sozusagen er wohnt, in der er sich bestenfalles
und somit an dem anzuknüpfen, was in der darauffolgen- »aufhält«; die historische Wohnung besteht für sich,
den Zeit, der Zeit der Stil-Repetitionen, verlorenging, voll Eigenwertes und verpflichtet den in ihr Auftretenden,
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ALTE MÖBEL IM NEUEN RAUM
VON ARCHITEKT Dr. ALFRED WENZEL—WIEN
Die Neigung, sich mit alten Dingen zu umgeben, hat In dieser Zeit begann man dann, sich »historische
zu allen Zeiten bestanden und erklärt sich aus ästhe- Wohnräume« zu schaffen, — nicht mehr aus einem Ge-
tisch betrachtendem oder sammelndem und sentimen- fühl innerer Beziehungen zu vergangenen Epochen, son-
talem Verhalten. — Die darüber hinausgehende Vor- dem in der Hauptsache mehr aus Bequemlichkeit, da man
liebe, sich »im alten Stile einzurichten«, geht bis an den im übrigen vollauf beschäftigt in einer neuangebrochenen
Anfang des vorigen Jahrhunderts zurück, da Griechen- Zeit stand: die Arbeit an äußerer Zivilisation schien
tum Erlebnis ward und der »Klassizismus« in Bau und alle verfügbaren Kräfte in Anspruch zu nehmen.....
Innenraum Ubernahmen veranlaßte, — zum Unterschiede *
von der ersten »Renaissance«, in der sich mehr eine An- Die heutzutage »historisch« eingerichtete Wohnung
passung neuentdeckter Formen an bis dahin Gepflogenes wird sich von der aus den Gründerjahren, wenn nicht
ergab. . . Doch läßt die Tatsache, daß in den Jahren »um schon durch Echtheit des Mobiliars, so doch wohl durch
1800« aus reinem inneren Erleben eine gewisse Verwand- Wahl und Erlesenheit im Einzelnen und in der Aufstellung
schaft mit der vorbildlichen Antike erstand, auch die unterscheiden. Sie birgt aber die gleichen Gefahren;
Werke jener Zeit als fast stilrein erscheinen, — trotzdem und sie werden heute deutlicher empfunden als früher:
sie blaß und aus zweiter Hand sind. Sie zeigen auf lange es ist die Festlegung auf einen Gesamtton, der sich zu
hinaus letztmalig wirkliche »Gesinnung«; deshalb wird seiner Zeit als Ausdruck einer Forderung an den Wohn-
in historischer Betrachtungsweise hier das Ende eines räum einstellte: der aus Momenten, die in der gesamten
traditionsmäßigen Entwicklungs-Verlaufes gesehen, und Geisteshaltung einer Zeit begründet liegen, für diese
deshalb wird auch von Seiten, wo man sich noch nicht Zeit, und nur für sie, die Wohnform schuf. . Solche
in der Lage fühlt, unserer Zeit das ihr Gemäße neu, aus Räume können daher für den modernen Menschen, auch
seinen besonderen Voraussetzungen heraus, zu schaffen, wenn er in seiner Konstitution rückwärtsgewandt in un-
der Vorschlag gemacht, auf die Formen dieser Zeit, als seren Tagen steht, nur eine Situation bedeuten, »um die
längst erprobte Kompositionsmittel, zurückzugreifen, herum« sozusagen er wohnt, in der er sich bestenfalles
und somit an dem anzuknüpfen, was in der darauffolgen- »aufhält«; die historische Wohnung besteht für sich,
den Zeit, der Zeit der Stil-Repetitionen, verlorenging, voll Eigenwertes und verpflichtet den in ihr Auftretenden,