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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Gildemeister, Walter: Kunst und Natur im Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0370

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INNEN-DEKORATION

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gartenarchitekt fr. gildemeister-bremen wasserbecken. villengarten. m. in kassel

KUNST UND NATUR IM GARTEN

In Stilfragen der Gartenkunst gültige Formulie-
rungen zu gewinnen, ist schwierig, weil der
Baustoff, mit dem sie arbeitet, lebend und unend-
lich vielgestaltig ist. Gartenkunst muß in Rück-
sicht auf die Eigenschaften ihres Baustoffes die
Form mit anderen Maßstäben messen als die Bau-
kunst. Faßt sie die Form zu eng, wird diese durch
den lebenden Baustoff durchbrochen. Geht sie in
der Lockerung des Formalen zu weit, läuft sie Ge-
fahr, die Form überhaupt aufzulösen.........

*

Wo die Zusammenhänge zwischen Kunst-
schönheit und Naturschönheit, — aus deren
Zusammenwirken künstlerische Gartenschön-
heit entsteht, — nicht klar erkannt und die Grenzen
nicht reinlich gezogen werden, droht die Gefahr,
daß eine ins Kleine gehende Naturschwärmerei
sich in einseitige Pflanzen- und Blumenliebhaberei
verliert, daß die Kunstform des Gartens über der
»Material-Schönheit« seines Baustoffes vernach-
lässigt wird und infolgedessen in Verfall gerät.

Kunst wie Natur folgen in der Bildung ihrer
Formen ihren eigenen Gesetzen. Man soll ihre
Grenzlinien im Garten nicht verwischen wollen,
sondern sie in deutlichem Kontrast zu einander
zur Wirkung bringen. . Man schafft nicht Kunst,
wenn man die Natur der freien Landschaft nach dem
Ideal der Landschaftsgärtnerei »korrigiert«. Wir
müssen die gärtnerische Anlage mit Linien, Flächen,
Räumen und Massen raumkünstlerisch in architek-
tonischer Gesetzmäßigkeit wirklich bauen. Da
dimensionale Unterschiede gartenarchitektonischer
Aufgaben nicht prinzipielle, sondern nur graduelle
Verschiedenheit der Lösung bedingen kann, gilt der
Grundsatz der Regelmäßigkeit für die Kunstform
des Parkes ebensowohl wie für die des Gartens.
Die Regelung der der Pflanze in der Kunstform des
Gartens gezogenen »Grenzen« soll ihren Formen-
und Farbenreichtum zusammenhalten und seinen äs-
thetischen Reiz erhöhen, — etwa wie der richtig ge-
wählte Rahmen die Farbigkeit und Vielgestaltigkeit
eines Blumenstillebens hervorhebt. . w. gildemeister
 
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