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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 50.1939

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Alexander Koch
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ALEXANDER KOCH +

Am 5. Januar ist in Darmstadt der Begründer und
. Herausgeber unserer Zeitschrift, Hofrat Dr.-Ing.
e. h. Alexander Koch, nach kurzem Krankenlager
aus dem Leben geschieden. Bis zur letzten Stunde
galten seine Sorge und Tätigkeit dem von ihm ge-
schaffenen Werk: der Verlagsanstalt, die seinen
Namen trägt und die im Jahre 1888 mit der Begrün-
dung der »Deutschen Tapeten-Zeitung« ins Dasein trat.

Für die Würdigung seines Lebenswerkes ist es
wichtig, sich klar zu machen, daß es überall das prak-
tische Lebensbedürfnis war, welches diesem Manne
den Ort und die Art seines Arbeitseinsatzes wies.
Alexander Koch hatte nicht vor, Verleger zu werden;
er wurde es aus dem Grunde, weil er als Mann des
praktischen Lebens auf seinem ersten Arbeitsgebiet,
der Tapetenbranche, Mißstände bemerkte, denen er
durch die Gründung seines Fachblattes abzuhelfen
gedachte. Und wie somit seine Verlegertätigkeit aus
durchaus praktischem Anlaß entstand, so zeigt sich
auch jeder Schritt nach vorwärts, den er tat, geführt
von einem klaren Tatsachenblick, von dem Bestreben,
zu helfen und zu bessern, wo Mängel vorlagen,
Arbeit zu schaffen, Kunst und Alltag in fruchtbarer
Wechselwirkung zusammenzubringen und so letzten
Endes der großen Sache zu dienen, die sich in stren-
gem Ernst als seine Sache erwies: d;m Anliegen
einer neuen deutschen Lebensgestaltung. Nicht
das Verlegersein war ihm Beruf, sondern das prak-
tische Wirken, bei welchem eben Zeitschriften und
Bücher als die unentbehrlichen Mittel zu dienen
hatten. So ist es zu erklären, daß Alexander Koch
im Gespräch es häufig, halb im Scherz, halb im Ernst
ablehnte, Verleger zu sein, und in gleicher Weise er-
klärt sich aus dem Gesagten sein Wahlspruch »Factis
non verbis«, den man wohl am besten übersetzt:
»Tun, nicht reden!«

Zu dem, was wir seinen Tatsachenblick genannt
haben, gesellte sich ein lebenstüchtiger Optimis-
mus, der kein Kapitulieren, kein träges Sich-Ab-
finden mit Schwierigkeiten oder Übelständen kannte,
und weiterhin eine hervorragende organisatori-
sche Begabung, die überall das brauchbare Mittel
zu wählen wußte. Klar und folgerichtig entfaltet sich
von diesen Gegebenheiten aus sein Werk.

Am 9. November 1860 in Köln geboren als Sohn
des Gesangprofessors und späteren württembergischen
Kammersängers Ernst Koch, macht er Real- und
Handelsschule, dann eine Lehrzeit als Kaufmann
und als Buchdrucker durch; die letztere Tatsache mag
zur Erklärung dienen dafür, daß seine Verlagswerke
stets auch typographische und buchtechnische Qua-
litätsleistungen gewesen sind. Er kommt als kauf-
männischer Angestellter nach Darmstadt in die
damals blühende Tapetenfabrik Carl Hochstätter
& Söhne und lernt nun durch die Praxis die erwähn-
ten Schwierigkeiten in der Tapetenbranche kennen.

Wir sagten schon, daß hieraus sein Gedanke ent-
stand, ein Fachblatt zu gründen; aber wesentlich ist,
daß die Branchepolitik, die er zu verfolgen gedachte,
lehensfähig und zukunftsträchtig war. Denn sie
wollte vor allem die verfeindeten Interessen auf einen
gemeinsamen Nenner bringen und vom Standpunkt
des Ganzen aus für die Sache der Tapete werben.

Folgerichtig schloß er daher schon ein Jahr darauf
seinem Tapetenfachblatt eine weitere Gründung an,
welche das Gesamtgebiet der Wohnkultur be-
traf. Dies war die Monatsschrift »Innen-Deko-
ration«, deren erstes Heft im Januar 1889 erschien
und die somit jetzt in ihren 50. Jahrgang eingetreten
ist. Er plante damit nicht nur eine Förderung der
Wohnkultur im geschmacklichen Sinne, sondern er
verfolgte auch ein vaterländisches Ziel, indem er
durch dieses Fachblatt dem damals schwer ringenden
deutschen Möbelhandwerk eine Stütze zu geben ge-
dachte gegenüber den mächtigen Möbelindustrien
des Auslandes. Schon damals wurde ihm das Wort
»Die Kunst im Dienste des Lebens!« zur bewußten
Parole seiner Arbeit. In diesem Wort war ein Glau-
bensbekenntnis, ein Grundgedanke seines Lebens
ausgesprochen: Heraus mit der Kunst aus der Welt
der Staffeleien, aus der Enge der Ateliers, und hinein
in den Dienst am praktischen Leben! Es war für Alex-
ander Koch von vornherein selbstverständlich, daß
es für die Kunst keine Abtrennung vom Alltag, vom
Volk geben könne, auch kein Vornehmtun gegenüber
den Gestaltungsaufgaben, wie sie sich im gewerk-
lichen Bereich, in Architektur usw. zu stellen pflegen.
Und so kannte er auch, indem er sich zum Anwalt
einer guten deutschen und zeitgemäßen Wohnform
machte, keinen Vorbehalt etwa in dem Sinne, daß das
Gute nur für die Besitzenden da sei. Es ist vielmehr
der Grundgedanke seiner erzieherischen und pro-
pagandistischen Tätigkeit, daß nur in der vollen Teil-
habe des Gesamtvolkes an veredelter Lebensform
der Wert »Kultur« sich erfülle und vollende. So wurde
von Anfang an die »Innen-Dekoration« zur gewissen-
haften Betreuerin des Siedlungsbaues, so faßte die
Zeitschrift die Bedürfnisse der Kleinwohnung, der
Einraumwohnung, des praktikablen Hausrats, des
»wachsenden Haushalts« sorgsam ins Auge; vor
allem trieb sie den Begriff der guten Wohnform
immer nur in der Richtung voran, in der stets die Mög-
lichkeit gegeben war, die vollen Werte der neuen
Form auch bei einfachster Ausführung gegenwärtig
zu machen. Diese frische lebensvolle Einstellung hat
die Zeitschrift durch alle Wandlungen des Tages-
geschmackes tapfer hindurch getragen. Sie blieb sich
zwar stets bewußt, daß gerade ein deutsches Möbel-
handwerk mit seiner großen Tradition sich immer
den Weg freihalten müsse zu höchsten und erlesenen
Leistungen, wie wir ja auch den »Baumeister des
D.itten Reiches«, Paul Ludwig Troost, noch in seinen
 
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