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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 50.1939

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Alexander Koch
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https://doi.org/10.11588/diglit.10971#0052

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Möbelarbeiten auf der letzten Pariser Weltausstel-
lung immer gerne mit kostbaren Werkstoffen, In-
tarsien usw. arbeiten sahen. Die Linie, welche solche
Leistungen vom unfruchtbaren Luxus trennt, ver-
läuft so, daß bei volksnaher Qualitätsform die Haupt-
sache immer die klare schöne Grundidee des Möbel-
aufbaus bleibt. So hat in alten Zeiten das begüterte
deutsche Patrizierhaus seine reich profilierten, mit
kostbarer Handwerksarbeit geschmückten Schränke
und Truhen gehabt; aber der Schrank in der Diele
des Bauernhauses war, wenn auch schlichter in den
Mitteln, doch genau so gut in der Form und im
raumbildenden Wert, weil er geist- und blutsver-
wandt mit jenen anderen Dingen war. Auf dieser
Linie hat auch die »Innen-Dekoration« stets ihre
Werbung für die gute deutsche Wohnform voran-
getragen. Auch hier lag in Alexander Kochs Vor-
gehen eine Vorwegnahme von Strebensrichtungen,
die später erst allgemeine Anerkennung finden soll-
ten. Vor allem aber wurde die »Innen-Dekoration« in
der Verfolgung ihrer Ziele für die deutsche Raum-
gestaltung ein erzieherischer, ein werbender und ein
propagandistischer Faktor ersten Ranges. Sie leistete
in großem Maßstab Arbeitsbeschaffung, sie brachte
Künstler, Kunsthandwerker, Fabrikanten und Volk
tausendfach in zusätzliche Beziehungen, und oft ge-
langten, namentlich auch aus dem Auslande, über
ihre Schriftleitung namhafte Aufträge an deutsche
Firmen und Werkstätten. Ihre Bedeutung für die
Weltgeltung deutschen Schaffens erreicht gewiß das
Höchstmaß dessen, was in dieser Hinsicht von einer
privaten Zeitschrift erwartet werden kann; und dies
um so mehr, als das Blatt schon an sich, in seiner
Haltung und Ausstattung, als ein hochwertiger deut-
scher Kulturexport wirksam wurde.

Von der Kunst im Dienste der schönen Wohnung
hinüber zur Kunst überhaupt als der Spenderin reiner
Freuden und der Erhöherin des gesamten Lebens -
diesen Schritt vollzog die nächstfolgende Gründung
Alexander Kochs, die Monatschrift »Deutsche Kunst
und Dekoration« (1896). Was die »Innen-Dekoration«
für die Raumgestaltung bedeutete, das bedeutete die
neue Zeitschrift für das Schaffen der Maler, Bildhauer,
Architekten und Kunsthandwerker. In Bildberichten
über alle größeren Ausstellungen und über das
Schaffen einzelner Meister breitete die »Deutsche
Kunst und Dekoration«, stets nach den charakteristi-
schen Zügen tastend, die Kunstbewegungen der Zeit
aus; sie trug den Namen deutscher Künstler und
Architekten in alle Kulturländer und vermittelte im
Austausch eine förderliche Kenntnis ausländischen
Kunstschaffens.

An der Gründung der Darmstädter Künstler-
kolonie, an ihren Bestrebungen und Leistungen
(denen man nie vergessen sollte, daß sie, mit Darm-
stadt als Vorort, einen Welterfolg deutscher Form-
erneuerung eingeleitet haben) nahmen Alexander
Kochs Zeitschriften einen sehr wesentlichen Anteil.
Ein wichtiges Spezialgebiet, das für die alltägliche Be-

ziehung zwischen Heim und Kunst von größter Bedeu-
tung ist, ersah sich die nächste Gründung Alexander
Kochs zum Tätigkeitsfeld: die seit 1899 erscheinende
»Stickerei- und Spitzen-Zeitung«, jetzt »Handarbeiten
aller Art«, begann in der ernsten Haltung einer wirk-
lichen Kunstzeitschrift die Nadelkünste zu behandeln,
brachte den deutschen Frauen unschätzbare An-
regungen und half an vornehmster Stelle die Ge-
schmacksverwilderung, die törichte, unernste Spie-
lerei aus einem Arbeitsfelde verdrängen, das heute
wie je zugänglich ist für hochrangige künstlerische
Form- und Ausdruckswerte.

Neben den Zeitschriften entwickelte sich ein un-
gemein lebensvoller Buchverlag, welcher Sonderver-
öffentlichungen über Siedlungsbau (Margarethenhöhe
bei Essen), ferner über alle einzelnen Wohnraum-
typen herausbrachte; in den letzten Jahren hat sich
daran eine aussichtsreiche Fachbuchreihe ange-
schlossen. Als eine Einzelheit, die wir heute vielleicht
erst nach ihrer vollen Bedeutung würdigen, sei her-
vorgehoben, daß die Zeitschriften und Buchwerke
des Verlages von Anfang an das Schaffen der öster-
reichischen und sudetendeutschen Künstler mit ge-
nau dem gleichen Eifer gefördert haben wie das der
Künstler im Altreich. In der Ostmark ist dies dem
nun Heimgegangenen immer wieder, und oft auf er-
greifende Art, gedankt worden.

Am Beginn des 50. Jahrgangs seiner »Innen-Deko-
ration« hat Alexander Koch sein Werk, das ihm im
ernstesten Sinne des Wortes Lebensinhalt war, ver-
lassen. Aber wenn je davon gesprochen werden
konnte, daß ein mutiger und schöpferisch begabter
Arbeitsmensch dem Werk, das er errichtete, seinen
Geist, seine Antriebe bis zur echten Einverleibung
eingeflößt habe, so ist dies hier der Fall. Was meint
man, wenn man sagt, daß ein Werk »Tradition« habe ?
Man meint, daß aus »Gründungen« Werkgemein-
schaften, selbständige Wesen werden, Charaktere
gleichsam von eignem Willen, getragen von Liebe
und Vertrauen, innerlich befestigt durch ein be-
stimmtes Pflichtgefühl, objektiv eingereiht in das
schöne große Gesamtgefüge der werteschaffenden
nationalen Arbeit. Diese Festigkeit und Eigenständig-
keit ist dem Werke Alexander Kochs in vielen Jahr-
zehnten, die an Wechselfällen wahrlich nicht arm
waren, erwachsen. Es stand von Anfang an auf ge-
diegener Lebensbasis, und seine Fortsetzer wie die
ganze Mitarbeiter-Gemeinde finden sie nicht nur un-
geschmälert, sondern tragfähiger und ausbaufähiger
vor als jemals. Sie gehen an die Arbeit im Gedenken
an jene Pflichttreue, die den Dahingeschiedenen be-
seelte und die an die eigne Person stets die ersten
und die strengsten Anforderungen stellte. Sie hat
den Heimgegangenen durch ein Leben geleitet, das
von Erfolgen reich gesegnet, von Mühen und Sorgen
keineswegs verschont, von den Freuden häuslichen
Glückes durchwärmt und auf alle Weise von den
freundlichen Kräften der Kunst, der edlen Form
erhöht war. - die schriftleitung
 
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