88
INNEN-DEKO RAT I O N
1
ARCHITEKT HANS HEINZ LQTTOEN KQCHE IN WEISSEM SCHLEIFLACK
BETRACHTUNGEN ÜBER EINE KOMMENDE ORNAMENTIK
VON PROF. ERNST KROPP, STAATL. AKADEMIE FQR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Fortsetzung)
Die von der Bildkunst losgelöste Gestaltung der Freude macht, verschwenderisch mit ihren schmük-
Dinge, die Form des 20. Jahrhunderts, wäre in fol- kenden Gaben sein und berauschende Pracht ent-
gendem Grundsatz zu fassen: Bei allen Dingen, falten; ein Wunderwerk, vor dem der Mensch zu
die du gestaltest, suche dich in ihren Sinn, allen Zeiten voll Ehrfurcht und brennender Lern-
in ihre Wesensbestimmung einzufühlen, um begierde stehen wird.
die Form und ihreSchönheit, gleich der Natur, Nun kommt es darauf an, wie weit der neue Mensch
rein und ohne fremde Zutat von innen heraus diese Pracht zu durchschauen imstande ist und wie
bilden zu lernen. weit er dem schmückenden Trieb in der Natur und
Diesem Grundsatz hätte sich auch der Schmuck, in sich selbst zu folgen vermag,
das Ornamentale, unterzuordnen, wenn diese Form- Die Ornamentik in der Natur wird einem erst
anschauung rein, d. h. als Stil, zum Ausdruck kom- durch einen Vergleich mit der Gestalt erklärlich,
men soll. Der Schmuck einer Form in der Natur ist niemals
Die neue Form, die im Sinn und Charakter der Gestalt. Dies zu unterscheiden ist wichtig, wenn wir
Natur sich bildet, wird auch ihren Schmuck dem der die Bestimmung als Wesensausdruck unserer Form
Natur ähnlich entwickeln. hochhalten wollen. Betrachten wir einen Goldfasan,
Die Natur zeigt gewiß nicht an allen ihren Formen einen Schmetterling und eine Meerschnecke. An den
Schmuck und behandelt manche Wesen sogar sehr Gestalten läßt sich Zweck und Bestimmung erkennen,
stiefmütterlich, aber sie kann auch, wenn es ihr der Schmuck aber, die Farbenpracht und rätselhafte
INNEN-DEKO RAT I O N
1
ARCHITEKT HANS HEINZ LQTTOEN KQCHE IN WEISSEM SCHLEIFLACK
BETRACHTUNGEN ÜBER EINE KOMMENDE ORNAMENTIK
VON PROF. ERNST KROPP, STAATL. AKADEMIE FQR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Fortsetzung)
Die von der Bildkunst losgelöste Gestaltung der Freude macht, verschwenderisch mit ihren schmük-
Dinge, die Form des 20. Jahrhunderts, wäre in fol- kenden Gaben sein und berauschende Pracht ent-
gendem Grundsatz zu fassen: Bei allen Dingen, falten; ein Wunderwerk, vor dem der Mensch zu
die du gestaltest, suche dich in ihren Sinn, allen Zeiten voll Ehrfurcht und brennender Lern-
in ihre Wesensbestimmung einzufühlen, um begierde stehen wird.
die Form und ihreSchönheit, gleich der Natur, Nun kommt es darauf an, wie weit der neue Mensch
rein und ohne fremde Zutat von innen heraus diese Pracht zu durchschauen imstande ist und wie
bilden zu lernen. weit er dem schmückenden Trieb in der Natur und
Diesem Grundsatz hätte sich auch der Schmuck, in sich selbst zu folgen vermag,
das Ornamentale, unterzuordnen, wenn diese Form- Die Ornamentik in der Natur wird einem erst
anschauung rein, d. h. als Stil, zum Ausdruck kom- durch einen Vergleich mit der Gestalt erklärlich,
men soll. Der Schmuck einer Form in der Natur ist niemals
Die neue Form, die im Sinn und Charakter der Gestalt. Dies zu unterscheiden ist wichtig, wenn wir
Natur sich bildet, wird auch ihren Schmuck dem der die Bestimmung als Wesensausdruck unserer Form
Natur ähnlich entwickeln. hochhalten wollen. Betrachten wir einen Goldfasan,
Die Natur zeigt gewiß nicht an allen ihren Formen einen Schmetterling und eine Meerschnecke. An den
Schmuck und behandelt manche Wesen sogar sehr Gestalten läßt sich Zweck und Bestimmung erkennen,
stiefmütterlich, aber sie kann auch, wenn es ihr der Schmuck aber, die Farbenpracht und rätselhafte