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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0137

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Jahren der Reproduktion wert hielt, findet man in dem
Führer ganze acht wieder und von den neun Skulpturen
keine, wiewohl jetzt ein volles Zehntel des erlesenen
Illustrationsmaterials (in dem man nur die Grundrisse
vermisst) der Plastik zugute kommt. Das Wesen der Läu-
terung (oder, wie man früher sagte, Revolution), deren
Wortführer SchefFler ist, lässt sich auch durch die fol-
gende Statistikkennzeichnen. Unter den hundertelf Ab-
bildungenjordans sind nur neun Porträts (darunter 2 von
Plockhorst), also nicht der zwölfte Teil. Unter den 200
Abbildungen Schefflers sind über fünfzig Portrats (wor-
unter allerdings noch keines von Liebermann, da nicht
abgebildet werden kann, was nicht vorhanden ist) also
mehr als der vierte Teil. Dazu muss bemerkt werden,
dass dies Verhältnis unbeabsichtigt scheint, es hat
sich wohl ganz unbewusst eingestellt. Um so genauer
bezeichnen die Zahlen das specifische Gewicht des Prüf-
steins der Ehrlichkeit, als den man die Gattung des
Porträts als solche betrachten kann. Oder wenn man
die Plastik allein nimmt, so findet man unter den neun
Skulpturenabbildungen des Katalogs von 1891 gerade ein
Porträt (und das ist Hähneis Rafaelstatue), also allenfalls
den neunten Teil, während unter den zwanzig Skulp-
turenabbildungen des Führers von 1912 zehn Porträts
sind, also die Hälfte. Auch hier liegt die Sache offenbar
nicht so, dass möglichst viele Porträts abgebildet werden
sollten. Die Zahl ist nur als ein Symbol jenes Prinzips
der Sachlichkeit zu verstehen, das die Reorganisation
der Galerie beherrscht und in der Rekonstruktion der
Casa Bartholdy jetzt am deutlichsten zum Ausdruck
kommt. W. Stengel.

HS-
Leo Balet, Ludwigsburger Porzellan (Figu-
renplastik). Band I der Kataloge der Kgl. Altertümer-
sammlung in Stuttgart. Stuttgart und Leipzig 1911.
Deutsche Verlags-Anstalt.

Seit der Stuttgarter Ausstellung im Jahre 1905 war
die Forschung über das Ludwigsburger Porzellan kaum
einen Schritt vorwärts gelangt. Hinsichtlich der Zu-
schreibung der figürlichen Modelle an die einzelnen
Meister bewegte man sich bisher auf ganz unsicherem
Boden. Die berühmtesten Ludwigsburger Figuren, die
Musiksoli und verwandte Stücke, galten z. B. bald als
Arbeiten von Wilhelm Beyer, bald als Werke von Wein-
müller. Leo Balet ist der Beweis gelungen, dass weder
der eine noch der andere, sondern der Niederländer
Pierre Francjois Lejeune der Schöpfer dieser Meister-
werke der Porzellanplastik sein kann. Auch die Zu-
weisung der übrigen Arbeiten an die verschiedenen
Modelleure (Pustelli, Ferretti, Weinmüller, Beyer u. a.)
wirkt durchaus überzeugend. Die Einteilung des Buches
in eine kunstgeschichtliche Einführung nebst Biographie
der einzelnen Künstler und in den Katalog der Ludwigs-
burger Figuren in der Staatssammlung vaterländischer
Altertümer in Stuttgart kann schlechthin als mustergültig
bezeichnet werden. Der Preis ist trotz der trefflichen

Ausstattung ein so massiger (40 M., für Subskribenten
betrug er sogar nur 30 M.), dass dem Werk die weiteste
Verbreitung sicher sein dürfte.

Ludwig Schnorr von Carolsfeld.

HS-
Rudolf Alt. Sein Leben und sein Werk. Heraus-
gegeben vom k. k. Ministerium für Kultur und Unter-
richt. Text von Ludwig Hevesi. Nach dem hinterlassenen
Manuskripte für den Druck vorbereitet von Karl M.
Kuzmany. Mit 61 Tafeln und 100 Textbildern. Wien
1911. Verlag von Artaria und Co.

Diese der Ausstattung nach mustergültige Publika-
tion des österreichischen Kultusministeriums lässt uns
„Reichsdeutsche" nicht ohne das Gefühl des Neides
nach Österreich blicken, das auch „behördlicherseits"
seine Künstler ehrt. Die offizielle Monographie über
Segantini, die erste in der Reihe, durfte bei ihrem Er-
scheinen vor zehn Jahren auf den Ehrentitel Anspruch
machen, das bestausgestattete Buch der neuen Kunstge-
schichte zu sein. Das Werk über Alt muss sich damit
bescheiden, wenn wir es zu den vorzüglichsten Büchern
stellen, die dank den Fortschritten von Buchtechnik und
Buchschmückung unterdessen geschaffen wurden. Dies
Lob gilt vornehmlich den Tafeln, welche die minutiöse
Malerei des Wiener Kleinmeisters in ihrer Lebendigkeit,
Eigenart und Gleichmässigkeit wiedergeben. Alt er-
scheint da als ein sicherer Miniator im gleichen Sinne
des Jan van Eyck der Madonna Rollin, ja oftmals nicht
mehr als ein besonders geschickter Nachfolger der
feinen Pinselkünste jener österreichischen Miniaturpor-
trätisten, die im Winter in der Hauptstadt und in der
Saison in den böhmischen Bädern ihrem Beruf nach-
gingen. Ursprünglich that Alt nichts anderes als dass er
sein Metier als Städtemaler, für dessen Arbeitsweise
man das Wort Vedutist erfinden könnte, der Tradition
getreu ausübte und die Zacken am Stephansdom ebenso
peinlich wiederholte wie seine Lehrmeister die Ringe
der Ordenskreuze. Erst später kam er, mehr mecha-
nisch als instinktiv (hier der grosse Gegensatz zwischen
ihm und Menzel), zu einer persönlicheren Art des Ma-
lens, die er vor allem bei seinen Aquarellen ausbildete,
indem er sich von dem Verallgemeinenden der Stadt-
vedute zum Charakterisierenden des Einzelausschnittes
hinüberwandte. In einer durch die Lupe, nicht durch
das Auge bestimmten Kunst stellt Alt sich zu Meisso-
nier, dem Napoleon mit seinen Generalen das gewesen
ist was für Alt der Stephansdom mit seiner Umgebung
bedeutete. Ein vorzüglicher Handwerker im edelsten
Sinn dieses leider herabsetzend gebrauchten Wortes,
ein getreuer Diener der Kunst, der da auf ebenem
Wege dem Tempel der Göttin zuwandelt, um seine
Gaben dankbar im Vorhof niederzulegen.

DerText von Hevesi atmet die ganze Lebendigkeit,
welche die Sprache dieses TrefFlichen auszeichnete. In
gelegentlichen impulsiven Übertreibungen, die aus pa-
triotischen Gründen notwendig erschienen, bleibt sein

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